AA

30 Jahre Kinderrechte: Kinderarmut in Österreich "unethisch und nicht nötig"

Auch in Österreich gibt es noch Herausforderungen und Probleme diesbezüglich.
Auch in Österreich gibt es noch Herausforderungen und Probleme diesbezüglich. ©pixabay.com (Sujet)
Die UN-Kinderrechtskonvention feiert am heutigen Mittwoch ihr 30-jähriges Jubiläum. Österreich schneidet im weltweiten Vergleich serh gut ab, dennoch gibt es auch hier nach wie vor Probleme.

Am Mittwoch wird die UN-Kinderrechtskonvention 30 Jahre alt. Renate Winter, stellvertretende Leiterin des UN-Ausschusses für Kinderrechte, sagt im APA-Interview, dass die Situation in Österreich im weltweiten Vergleich sehr gut sei. Es sei aber nicht einzusehen, dass es Kinder an oder unter der Armutsgrenze gebe. "Das ist in einem Staat wie Österreich unethisch und nicht nötig."

USA hat Kinderrechtskonvention nicht unterschrieben

Mit 196 Ländern sind der Kinderrechtskonvention mehr Staaten beigetreten als allen anderen UN-Konventionen. Die USA hätten nicht unterzeichnet, "weil sie sagen, dass dies Sache der Bundesstaaten" sei, erzählt Winter. Außerdem werde in vielen US-Staaten vom Recht der Familie und nicht dem des Kindes gesprochen. Das sei zwar international rechtlich falsch, aber "wenn ein Land nicht unterschreiben will, dann soll es nicht unterschreiben. Es ist besser als es unterschreibt und macht dann nicht, was es soll", betont die ehemalige Richterin.

Insgesamt umfasst die UN-Kinderrechtskonvention 54 Artikel, die Einhaltung der Bestimmungen der Konvention überwacht der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes. "Jedes Land muss zwei Jahre nach der Ratifizierung seinen Grundbericht an das Komitee schicken und wird dann eingeladen darüber zu diskutieren", erzählt Winter. Dann gebe das Komitee Empfehlungen ab und alle fünf Jahre werde kontrolliert, wie weit diese Empfehlungen befolgt worden seien. Außerdem gebe es die Möglichkeit, dass die Zivilgesellschaft einen Schattenbericht schicke "und der unterscheidet sich vom Bericht der Regierung sehr oft."

Auch in Österreich gibt es noch Probleme

Die Situation in Österreich sei auf keinen Fall mit jenen in vielen Entwicklungsländern zu vergleichen, wo es keine Sozial-, Pensions- und Krankenversicherung gebe. "Dort brauch ich mindestens sieben Kinder, um im Alter zu überleben und kann dann nicht den Menschen sagen, bitte habt nur zwei Kinder", sagt Winter. Dennoch gebe es auch in Österreich Probleme, hausgemachte und migrationsbedingte. "Wenn ich ein Kind einsperre, weil ich es dann abschieben will, dann habe ich die Kinderrechtskonvention verletzt", erklärt Winter. Das werde in Österreich jetzt meistens akzeptiert, sei aber nicht immer so gewesen.

Außerdem gebe es "in Österreich viel zu wenig Therapieplätze für Kinder, und zwar schon im frühesten Alter". Wenn bemerkt werde, dass ein Kind Entwicklungsrückstände habe oder dass ein Kind behindert sei in irgendeiner Form oder wenn ein Kind psychologische Probleme habe, dann brauche es sofort einen Therapieplatz und nicht in einem Jahr. "In einem Jahr ist schon alles zu spät." Es könne kein Mensch sagen, "dass wir uns das nicht leisten können."

"Ein Kind, dass die Grenzen von Österreich überschritten hat, hat garantiert dieselben Rechte wie jedes österreichische Kind in diesem Land." Das sei eine Vorschrift der Kinderrechtskonvention, niemand habe Österreich gezwungen, die Kinderrechtskonvention zu unterschreiben, so Winter. Österreich habe aber "Gott sei Dank" unterschrieben und habe sich daran zu halten, "ganz egal welche Couleur die Regierung hat".

Kanzlerin Bierlein misst Kinderrechten hohe Bedeutung bei

Vor 30 Jahren, am 20. November 1989, ist die UNO-Kinderrechtskonvention verabschiedet worden. Aus diesem Anlass machte die österreichische Bundesregierung am Mittwoch auf die zentrale Bedeutung der Kinderrechte aufmerksam. Den Rechten von Kindern und Jugendlichen komme "juristisch und moralisch" ein hoher Stellenwert zu, sagte Kanzlerin Brigitte Bierlein.

"Kinder sind unsere Zukunft", betonte die Übergangskanzlerin per Aussendung. Ihr Anspruch auf besonderen Schutz sei nicht ohne Grund mehrfach im österreichischen Recht verankert. Bierlein sieht es als gesamtgesellschaftlichen Auftrag, das Bewusstsein für Kinderrechte weiterhin zu schärfen, sagte sie am Internationalen Tag der Kinderrechte.

Familienministerin Stilling schloss sich Forderungen an

Familienministerin Ines Stilling schloss sich den Forderungen an. Ziel müsse es bleiben, in Richtung einer noch kinderfreundlicheren Gesellschaft zu arbeiten, sagte sie - auch wenn die UNO-Kinderrechtskonvention schon viel geleistet habe, denn: "Die Kinderrechtekonvention gilt statistisch als der erfolgreichste Völkerrechtsvertrag aller Zeiten", so Stilling.

Kinderrechte für alle Kinder forderten am Mittwoch auch die Kinderfreunde Österreich. Bei aller Freude über das Jubiläum sollte nicht vergessen werden, dass noch viel zu tun ist, erinnerte die Organisation. "Über 300.000 Kinder sind in Österreich von Armut betroffen, es gibt viel zu wenige Therapieplätze für chronisch kranke Kinder und beim Gewaltschutz wurde das Rad gerade wieder zurück gedreht", lautete die Kritik. Auch in Österreich gebe es nach wie vor Kinder, deren Rechte auf skandalöse Art und Weise verletzt werden - "diese Kinderrechtsverletzungen zu beseitigen, muss allerhöchste Priorität haben", forderte Christian Oxonitsch (SPÖ), Bundesvorsitzender der Kinderfreunde.

Zentrale Regelungen in der Kinderrechtskonvention

Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen sorgt seit 30 Jahren für die wichtigsten Rechte von Kindern und Jugendlichen. Durch die Anerkennung der Konvention verpflichten sich die einzelnen Staaten, Grundwerte im Umgang mit Kindern einzuhalten und sie als eigenständige Persönlichkeiten anzuerkennen. Zentrale in dem Vertrag festgeschriebene Regeln sind etwa das Recht der Kinder auf Bildung, Gleichheit und Gesundheit, das Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Beteiligung, das Recht auf gewaltfreie Erziehung und elterliche Fürsorge und das Recht auf Spiel und Freizeit.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • 30 Jahre Kinderrechte: Kinderarmut in Österreich "unethisch und nicht nötig"
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen