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24 ECTS in 2 Jahren: Mindestleistung für Studienanfänger beschlossen

Zwei Jahre in der Uni vor sich hin dösen ist ab nächsten Jahr nicht mehr möglich.
Zwei Jahre in der Uni vor sich hin dösen ist ab nächsten Jahr nicht mehr möglich. ©APA
Wer in Österreich mit dem Wintersemester 2021/22 zu studieren beginnt, muss in den ersten vier Semestern insgesamt mindestens 24 ECTS sammeln. Ansonsten wird die Zulassung für das Studium entzogen.

Die lange erwartete Novelle zum Universitätsgesetz (UG) schreibt erstmals eine Mindeststudienleistung für Studienanfänger vor: Wer ab dem Wintersemester 2021/22 ein Bachelor- oder Diplomstudium beginnt, muss in den ersten beiden Jahren mindestens 24 ECTS-Punkte in diesem Studium schaffen. Ansonsten erlischt die Zulassung an dieser Hochschule für zehn Jahre - an anderen Einrichtungen kann das Fach dann aber weiter belegt werden.

"Keiner will Studierende sekkieren"

"Universitäten sollen sich um ihre Studierenden kümmern und ihnen einen guten Einstieg in ihr Studium ermöglichen", so Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Dienstag. "Studierende sollen aber auch klar deklarieren, dass sie ein Fach ernsthaft studieren." Im Gespräch seien auch viel strengere Regeln gewesen. "Andere Stakeholder wollten deutlich mehr." Universitäten müssten wissen, für wie viele Studenten sie eine bestimmte Infrastruktur vorhalten müssen. "Keiner von uns will Studierende sekkieren."

Umgekehrt gebe es auch Erleichterungen für Studierende, so die Grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger. So kommt etwa eine Beweislastumkehr bei der Anrechnung von ECTS-Punkten. Die Hochschulen müssen nun nachweisen, dass an anderen Einrichtungen erbrachte Leistungen nicht anerkannt werden können. Bis zu einem Ausmaß von 90 ECTS können außerdem wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeiten/Praktika, berufliche Qualifikationen oder Vorqualifikationen einer berufsbildenden höheren Schule (z.B. HTL oder HAK) angerechnet werden.

"ECTS-Gerechtigkeit" im Studium

Darüber hinaus wolle man eine "ECTS-Gerechtigkeit" schaffen. Derzeit würden vielfach aufwendige Lehrveranstaltungen nur mit wenigen ECTS-Punkten bewertet, um alles in ein Studium "hineinpacken" zu können, so Blimlinger.

Auch für Studenten in einer fortgeschrittenen Studienphase gibt es Neuerungen: Nach Absolvierung von 100 ECTS können Unis mit ihnen "Learning Agreements" schließen. Diese umfassen konkrete Unterstützungen im Austausch gegen Studienleistungen - beispielsweise die bevorzugte Aufnahme in Lehrveranstaltungen mit beschränkter Teilnehmerzahl, ein Anspruch auf die Absolvierung bestimmter Prüfungen oder auch die Rückerstattung von Studiengebühren.

Für Beurlaubungen von Studenten ist weiter ein Grund nötig - also etwa Krankheit oder eine Pflegeverpflichtung. Allerdings kann diese künftig auch unter dem Semester erfolgen und nicht nur zu Beginn.

Ghostwriting: Strafen bis zu 25.000 Euro

Weitere Änderungen: Ghostwriter können nun mit bis zu 25.000 Euro bestraft werden - bisher hatten nur Studenten, die sich Arbeiten von anderen verfassen ließen, mit Konsequenzen zu rechnen. Außerdem wird eine Verjährungsfrist von 30 Jahren für Plagiate eingeführt - keine Verjährung gebe es im Rechtssystem ansonsten nur für Mord, so Blimlinger.

Neu geregelt werden auch die Kettenarbeitsverträge an Unis, mit denen befristete Arbeitsverhältnisse aneinandergereiht werden können. Künftig soll es dafür ein Limit von höchstens acht Jahren für die ganze Zeit an einer Uni geben. Ein kurzfristiger Wechsel mit anschließender Rückkehr an die Uni, um so der Entfristung zu entgehen, soll nicht mehr möglich sein, so Blimlinger. Allerdings werde es Ausnahmen für bestimmte Drittmittelprojekte geben.

Schließlich werden offiziell geschlechtsspezifische Titel möglich: Auch auf Urkunden kann damit eine" Dr.a", "Mag.a" oder ein "Dipl.Ing.x" (hochgestellt) für das dritte Geschlecht geführt werden.

Stichwort: ECTS

Mit dem European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS) sollen europaweit Studienleistungen transparent und vergleichbar gemacht werden. Für Österreich ist im Universitätsgesetz (UG) festgelegt, dass Bachelorstudien 180 ECTS-Punkte (in Ausnahmefällen bis 240) und Masterstudien mindestens 120 ECTS umfassen. Diplomstudien wie Jus kommen im Regelfall auf 240 ECTS, die Humanmedizin auf 360 ECTS.

Das Arbeitspensum eines Studienjahres ist im UG mit 1.500 Stunden bzw. 60 ECTS-Punkten definiert. Das bedeutet also, dass ein ECTS-Punkt einen Aufwand von 25 Stunden umfassen sollte - soweit in der Theorie. Studentenvertreter monierten immer wieder die vollkommen unterschiedliche Bewertung bestimmter Lehrveranstaltungen bzw. Prüfungen. Diese würden den tatsächlichen Aufwand nicht widerspiegeln, manche Lehrveranstaltungen/Prüfungen seien über-, andere unterbewertet. Dementsprechend sind in der nun geplanten Novelle auch Überprüfungen dieses Workloads geplant.

Ein ECTS-Punkt pro Monat

Die nun geplante Mindeststudienleistung von 24 ECTS-Punkten in den ersten zwei Studienjahren bedeutet umgerechnet auf ein Bachelorstudium mit 180 ECTS, dass dieses bei Beibehaltung des am Anfang verpflichtend vorgeschriebenen Mindesttempos erst in 15 Jahren absolviert wäre (Mindestdauer: drei Jahre). Wenn man in zwei Jahren (also 24 Monaten) mindestens 24 ECTS sammeln will, braucht man im Schnitt pro Monat einen ECTS-Punkt, das bedeutet einen durchschnittlichen Arbeitsaufwand von 25 Stunden pro Monat - mit den obigen Einschränkungen bezüglich der derzeitigen Vergleichbarkeit.

Rektoren und Studenten hadern mit Mindeststudiendauer

Auf wenig Begeisterung ist die in der Novelle des Universitätsgesetzes (UG) geplante Mindeststudienleistung von 24 ECTS-Punkten in den ersten zwei Studienjahren gestoßen. Ursprünglich wurde eine Mindeststudienleistung von 16 ECTS-Punkten pro Studienjahr diskutiert. Durch die Herabsetzung wurde aus Sicht der Universitätenkonferenz (uniko) die Idee, für mehr Verbindlichkeit der Studenten zu sorgen, "verwässert". Studentenvertretern geht indes auch die neue Regelung zu weit.

Die Vorgabe von 24 ECTS ermögliche noch immer eine fast unbegrenzte Dauer der Studienzeit, was international einmalig sei, kritisierte uniko-Chefin Sabine Seidler am Dienstag in einer Aussendung. "Das gibt den Universitäten kein Instrument in die Hand, um höhere Prüfungsaktivität und damit die Zielvorgaben der Studienplatzfinanzierung erreichen zu können."

Für die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) bringt dieselbe Regelung eine "grobe Verschlechterung" und eine massive Erhöhung des Leistungsdrucks. Der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) wirft der Regierung vor, dass sie Studierende wie ungezogene Kinder behandle, die man bestrafen müsse. Die HochschülerInnenschaft der Uni Wien sieht Studenten dadurch "auf ihr humanes Wissenskapital reduziert". Für die NEOS-Studentenfraktion JUNOS hilft die Regelung höchstens dabei, Karteileichen auszusortieren; gleichzeitig geht ihr die Exmatrikulation als Konsequenz zu weit. Für mehr Verbindlichkeit im Studium brauche es nachgelagerte Studiengebühren. Die Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH), Sabine Hanger von der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG), betonte indes, dass die ÖH immerhin eine Verringerung der zum Weiterstudium notwendigen Mindestpunkteanzahl erreicht habe.

(APA/Red)

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