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22-Jähriger nahm Opfer als "falscher Polizist" aus: Prozess

Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig. ©APA/HANS PUNZ
Am heutigen Dienstag stand ein 22-Jähriger vor Gericht, der als "falscher Polizist" unterwegs war und ältere Opfer ausnahm. Er wurde zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt.

Ein "falscher Polizist", der am 28. September 2020 der Mutter eines prominenten Wiener Ex-Politikers Schmuck im Wert von 100.000 Euro abgenommen hatte, ist am Dienstag am Landesgericht für Strafsachen rechtskräftig zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der bis dahin unbescholtene 22-Jährige hatte sich im Urlaub in der Türkei als Krimineller engagieren lassen - "aufgrund seiner Schulden", wie Verteidiger Philipp Winkler im Grauen Haus ausführte.

Falsche Polizisten bringen ältere Opfer um Geld und Schmuck

Seit 2018 treibt eine von der Türkei aus operierende Bande in der Bundeshauptstadt und andernorts ihr Unwesen, die betagte Leute mit der Masche hinters Licht führt, sie wären potenzielle Opfer von Einbrechern und die Polizei müsse daher ihre Wertsachen erfassen und in Sicherheit bringen. Mehrere Millionen Euro haben die Kriminellen damit bereits erbeutet. Der Haupttäter - ein Türke, der lange Zeit in Vorarlberg gelebt hat - soll vom Raum Istanbul aus das kriminelle Geschehen steuern. Mittels computertechnisch veränderten Rufnummern werden gezielt Senioren angerufen. Ihnen wird am Telefon erzählt, ihre Adresse befände sich auf einer von der Polizei aufgefunden Liste, die gerade von Einbrechern "abgearbeitet" wird. Um ihr Geld und ihren Schmuck zu retten, komme in Kürze ein Kollege von der Polizei vorbei.

Opfer übergab falschem Beamten Schmuck im Wert von 100.000 Euro

In Dutzenden Fällen haben Betroffene den falschen Polizisten, die wenige Minuten nach derartigen Telefonaten bei ihnen anklopfen, ihren Schmuck und ihre finanziellen Reserven auf Nimmerwiedersehen übergeben. Eines der Opfer war die 86 Jahre alte Mutter eines ehemaligen Grün-Politikers. Ihr wurde am Telefon weisgemacht, ihr Schmuck müsse zunächst abfotografiert werden. Weil die rüstige Frau sich zunächst skeptisch zeigte, erhöhte der Anrufer den Druck, indem er ihr mit der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft drohte, sollte sie nicht kooperieren.

Darauf hin ließ die 86-Jährige einen Mann in ihre Wohnung, als es an ihrer Tür läutete. Dieser gab sich als Beamter vom Bundeskriminalamt aus und ließ sich Schmuck und Goldmünzen vorlegen, die er abfotografierte, während die Frau weiter laufend mit dem Mittäter telefonierte. Der Anrufer brachte die 86-Jährige schließlich dazu, dass sie ihre Wertsachen in eine Umhängetasche gab und diese dem vermeintlichen Polizisten übergab, der die Beute im Wert von 100.000 Euro wiederum an eine Adresse brachte, die ihm seine Hintermänner genannt hatten.

22-jähriger Angeklagter zeigte sich umfassend geständig

Bei dem falschen Polizisten handelte es sich um einen 22-jährigen Angestellten türkischer Abstammung, der sich nun vor einem Schöffensenat umfassend geständig zeigte. Nachdem sein Foto in Zeitungen veröffentlicht worden war, hatte er sich Anfang November auf einer Polizeiinspektion gestellt. Denn in einem zweiten, ganz ähnlich gelagerten Fall hatte er einem 87-Jährigen 400 Golddukaten im Wert von 76.000 Euro abgenommen. Dieses Opfer überwies den Kriminellen sogar noch weitere 6.800 Euro und wollte einen Kredit in Höhe von 75.000 Euro aufnehmen, als ihm telefonisch plötzlich Geldforderungen gestellt wurden.

Wie der Angeklagte nun dem Gericht erzählte, sei er im Urlaub in Izmir von einem Mann namens Murat angesprochen worden, ob er "leichtes Geld" verdienen wolle. Dieser habe ihm die kriminelle Masche erklärt und dargetan, dass er zurück in Wien nur zur Verfügung stehen müsse, wenn Geld abzuholen sei. Er müsse sich als Polizist ausgeben, möglichst wenig sprechen und das Geld bzw. den Schmuck an einen bestimmten Ort bringen. Pro Einsatz habe er 2.000 Euro bekommen.

22-Jähriger wollte an "schnelles Geld" kommen

Richterin Claudia Zöllner nannte das Vorgehen des 22-Jährigen "niederträchtig". Der junge Mann führte Schulden in Höhe von 8.000 Euro ins Treffen, die auf seine Spielsucht zurückzuführen seien. Er habe sich daher auf das Ganze eingelassen: "Schnelles Geld, hab' ich mir gedacht. Es ist mir leicht gefallen."

Von dem Mann namens Murat fehlt bisher jede Spur. Der "Strippenzieher", der viele Jahre in Vorarlberg gelebt hat, ist für die heimische Justiz nicht greifbar, da er es tunlichst vermeidet, türkischen Boden zu verlassen. Mit der Türkei hat Österreich kein rechtsverbindliches Übereinkommen hinsichtlich der Strafverfolgung türkischer Staatsbürger abgeschlossen.

(APA/Red)

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