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2020: Weniger Kampfpreise für Flugtickets

Carsten Spohr bezeichnete Flugtickets für unter zehn Euro als "ökologischen und ökonomischen Wahnsinn".
Carsten Spohr bezeichnete Flugtickets für unter zehn Euro als "ökologischen und ökonomischen Wahnsinn". ©pixabay.com (Sujet)
Weiter für zehn Euro nach Mallorca? Die Debatte um spottbillige Flugtickets und den Wunsch nach mehr Klimaschutz dürften Europas Fluggesellschaften auch im neuen Jahr begleiten.

Dabei geht es bei den Billigflügen nicht nur um den wachsenden CO2-Ausstoß - sondern auch darum, wie viele Airlines in der Preisschlacht noch die Flüge streichen müssen.

Ironischerweise könnte ausgerechnet das anhaltende Flugverbot für die Boeing 737 Max der Branche und der Umwelt eine Atempause verschaffen.

Flugtickets unter 10 Euro: "ökologischer und ökonomischer Wahnsinn"

Schon 2019 hatte sich das Klima-Thema immer wieder mit der Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Geschäfts verbunden. Der Chef der AUA-Mutter Lufthansa, Carsten Spohr, bezeichnete Flugtickets für unter zehn Euro als "ökologischen und ökonomischen Wahnsinn". Und die österreichische Ryanair-Tochter Laudamotion konterte mit einer Werbeaktion zu Preisen, die "die Konkurrenz nicht sehen" wolle - auch um ihre Maschinen irgendwie mit Passagieren vollzubekommen. Einen weiteren Zuschlag verlangt in jedem Fall der deutsche Staat mit der ab 1. April 2020 deutlich erhöhten Luftverkehrssteuer. Auch in Österreich zeichnet sich durch die türkis-grüne Koalition eine höhere Flugticketabgabe ab.

Was der Kunde spart, bezahlt der Aktionär. Wie Laudamotion flog auch die Lufthansa-Billigtochter Eurowings 2019 tief in den roten Zahlen. Dass die Unternehmen das durchhalten, liegt an ihren finanzstarken Mutterkonzernen. Doch eine Dauerlösung ist das nicht. Allein 2019 mussten etwa der deutsche Ferienflieger Germania, die isländische Wow Air und der britische Reisekonzern Thomas Cook Insolvenz anmelden.

Schon deshalb finden es Branchenexperten gut, dass die Branche beim Ausbau ihres Flugangebots inzwischen etwas Schub rausnehmen muss. "Die Flugpläne für den Winter sind ermutigend", schreibt Luftfahrtexperte Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein. Insgesamt dürfte der Flugverkehr innerhalb der EU im Winterhalbjahr nur noch um zwei Prozent wachsen. Vor allem in Deutschland und Spanien hätten Airlines zu Disziplin gefunden.

Das sieht man auch an den deutschen Airports so. "Ryanair reduziert stark an einzelnen Standorten, Easyjet dünnt das Angebot gezielt aus, und Eurowings nimmt vor allem innerdeutsch viel Kapazität aus dem Markt", berichtete der Flughafenverband ADV. In Wien ist davon nichts zu sehen. Hier liefern sich Laudamotion und der ungarische Billigflieger Wizz Air ein hartes Match und stocken ihre Flotten weiter auf.

Lufthansa will touristische Fernflüge neu organisieren

Die AUA-Mutter Lufthansa hingegen will Eurowings mit dem Rückzug in Richtung Gewinnzone hieven, zudem will sie die touristischen Fernflüge neu organisieren. Das Ziel schwarzer Zahlen bei der Billigtochter musste Lufthansa ohnehin schon auf 2021 verschieben - und wurde dafür an der Börse abgestraft. Der AUA verordnete die Lufthansa ein Sparprogramm.

Europas größtem Billigflieger Ryanair kam bei seinen Wachstumsplänen die schwere Krise des Flugzeugbauers Boeing dazwischen. Die irische Airline hat 135 Exemplare des Mittelstreckenjets Boeing 737 Max bestellt, doch nach zwei Abstürzen mit zusammen 346 Todesopfern bei anderen Fluggesellschaften darf der US-Konzern den Typ seit vergangenem März nicht mehr ausliefern. Und die schon gelieferten Jets dürfen weltweit nicht mehr abheben.

Ryanair-Chef Michael O'Leary wartet sehnlichst auf die neuen, weniger spritdurstigen Maschinen, um seine Flotte von derzeit über 450 Boeing-Jets weiter zu vergrößern. Wann die Behörden eine neue Freigabe erteilen, ist noch offen. Bis es soweit sei, bremse das Startverbot erst mal den Ausbau des branchenweiten Flugangebots auch in Europa, schreibt Experte Roeska. Die Ticketpreise dürften vorerst nicht weiter ins Bodenlose sinken.

Der Weltluftfahrtverband IATA sagt Europas Airlines denn auch steigende Gewinne voraus. Während der Überschuss der Branche 2019 um fast ein Drittel auf 6,2 Mrd. US-Dollar (5,5 Mrd. Euro) gesunken sein dürfte, rechnet IATA-Chefökonom Brian Pearce für 2020 mit einem Anstieg auf 7,9 Mrd. Dollar. Die insgesamt recht gute Entwicklung verdecke aber, dass eine Reihe von Gesellschaften Verluste schreibe oder nur gerade so an der Gewinnschwelle fliege.

Verluste bei großén Luftverkehrskonzernen

Selbst Europas größter Luftverkehrskonzern Lufthansa, der 2018 nach der Air-Berlin-Pleite im Tagesgeschäft mit fast drei Mrd. Euro den höchsten Gewinn seiner Geschichte eingeflogen hatte, musste 2019 womöglich mit fast einem Drittel weniger auskommen. Weiterhin ungelöst ist der Dauerkonflikt mit der Flugbegleitergewerkschaft UFO, die dem Konzern über den Jahreswechsel mit einem Dreitages-Streik bei der Tochter Germanwings zusetzte. Vorstandschef Spohr baut unterdessen die Konzernstruktur um und setzt darauf, dass der italienische Staat mit der maroden Alitalia endlich die Geduld verliert und einer harten Sanierung zustimmt.

Auch der deutsche Ferienflieger Condor, der die Pleite seines Mutterkonzerns Thomas Cook nur dank eines staatlichen Rettungskredits überlebt hat, muss bis Ende März einen neuen Eigentümer zu finden. Denn dann will der Staat seine 380 Mio. Euro mit Zinsen zurück. Condor-Chef Ralf Teckentrup will die kleine, bisher profitable Airline mit knapp 60 Jets aufhübschen, also Kosten senken und Stellen streichen. Es werden wohl mehrere hundert Jobs in der Verwaltung und in den Flugzeugen wegfallen, um die Gewinnaussichten der einstigen Lufthansa-Tochter zu verbessern.

(APA/Red)

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