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20 Jahre nach Tschernobyl

Die Debatte in der EU über die Zukunft einer gemeinsamen Energiepolitik hat Grenzen aufgezeigt: Beim Entscheid für oder gegen Atomkraft geht jedes Land seinen eigenen Weg.

In DEUTSCHLAND sorgte CSU-Wirtschaftsminister Michael Glos mit Plädoyers für die Kernenergie jüngst mehrmals für Unstimmigkeiten in der Koalition von Union und Sozialdemokraten. Im Koalitionsvertrag wurde am beschlossenen Atomausstieg bis etwa 2021 festgehalten.

In ITALIEN wurde nach einer Volksabstimmung 1987 beschlossen, auf Atomstrom zu verzichten; vier Kernkraftwerke wurden stillgelegt. Fachleute warnen allerdings, das Land sei nicht zuletzt wegen dieses Verzichts zu stark von Stromimporten abhängig. Der Blackout von 2003 heizte Diskussionen über Atomenergie erneut an.

FRANKREICH, das mit 59 Reaktoren an 20 Standorten die meisten AKW in Europa besitzt und 78 Prozent seiner Stromproduktion damit erzeugt, will als „Hochburg“ der Kernkraft seinen Nuklearkurs fortsetzen. In ÖSTERREICH hingegen ist die Nutzung der Atomkraft seit einem Vierteljahrhundert untersagt.

In GROSSBRITANNIEN, wo bereits 22 Reaktoren stillgelegt wurden, aber 23 noch in Betrieb sind, stellte Premier Tony Blair den Bau eines neuen Reaktors zur Debatte, obgleich seine Labour-Partei traditionell gegen die Atomkraft ist. Eine Entscheidung soll im Frühsommer fallen.

In BELGIEN hat die Regierung den Willen zum Ausstieg aus der Kernkraft bekräftigt, einen konkreten Fahrplan, die sieben Reaktoren stillzulegen, gibt es jedoch nicht.

In FINNLAND soll 2009 ein neuer Reaktor ans Netz gehen – als fünfter des Landes. Über den Bau herrscht ein breiter politischer Konsens. Auch in RUMÄNIEN wird derzeit an einem AKW gebaut.

In SCHWEDEN wird weiterhin die Hälfte des Strombedarfs mit Atomenergie gedeckt, obwohl die Bevölkerung 1980 für den langfristigen Ausstieg aus der Kernkraft stimmte. Sollten ursprünglich alle Reaktoren bis 2010 abgeschaltet werden, soll nun deren Leistungsfähigkeit erhöht werden.

In LITAUEN gibt es eine starke Lobby, die für die Errichtung eines Kernkraftwerkes kämpft. Vor allem konservative Kräfte fürchten eine Abhängigkeit von Russlands Energielieferungen. Ende Februar unterzeichnete Litauen mit LETTLAND und ESTLAND eine Absichtserklärung zum gemeinsamen Bau eines neuen AKW in Litauen.

POLEN verfügt bisher über keine Kernkraftwerke. In UNGARN stimmte im vergangenen November eine breite Parlamentsmehrheit für die Verlängerung der Laufzeit des einzigen Kernkraftwerks des Landes. Derzeit wird über den Bau von weiteren Blöcken gesprochen.

TSCHECHIEN bestätigte Anfang Jahres den Kurs der Energiepolitik und damit eine Weiterentwicklung nuklearer Energieformen. Am häufigsten ist in diesem Zusammenhang von einem Ausbau Temelins die Rede.

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