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12-Stunden-Tag: Gewerkschaften protestierten vor Sozialministerium in Wien

Einen tag vor Inkrafttreten der "60-Stunden-Woche" wurde in Wien protestiert.
Einen tag vor Inkrafttreten der "60-Stunden-Woche" wurde in Wien protestiert. ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Ab 1. September gilt das neue Arbeitszeitgesetz, in dem die Hochstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche vorgesehen ist. Am Freitag protestierten die Gewerkschaften vor dem Sozialministrerium in Wien.
Bilder vom Protest

Franz Georg Brandtner, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) Wien nannte den ersten September einen “rabenschwarzen Tag” in der Geschichte der Arbeiterbewegung “Ich bin gespannt, ob die Wirtschaft tatsächlich hält, was sie bisher proklamiert hat und die Regelung zum Nachteil der Arbeitnehmer nicht ausnutzt,” sagte er. Sozialministerin Hartinger-Klein (FPÖ) sei für ihn viel eher “Sozialabbauministerin”. “Unser Widerstand wird weitergehen”, kündigte der Gewerkschafter an.

Nachteile des 12-Stunden-Tages für die Kinderbetreuung

Sandro Beer von der Gewerkschaft der Post und Fernmeldebediensteten (GPF) beklagte vor allem die Nachteile des 12-Stunden-Tages für die Kinderbetreuung. “Für die Profitgier der Bundesregierung wird den Arbeitnehmern die wertvollste Zeit im Leben gestohlen, die Zeit der Kindererziehung”, so Beer. Vor allem die Alleinerziehenden würden hier schwer benachteiligt. Durch die neue Regelung würden Erholphasen nach langen Arbeitstagen noch länger dauern. “Alleinerziehende haben aber nicht die Möglichkeit, wie einige Mitglieder der Regierung, irgendwo Ferien auf den Malediven zu machen. Sie müssen weiter für ihre Kinder da sein.”

Straßenwalze im Einsatz

Mit einer Straßenwalze wurden bei der Protestaktion vor dem Sozialministerium mehrere Kartons niedergewalzt. Sie sollen sinnbildlich für Errungenschaften der Arbeitnehmer stehen, die die Regierung nun “platt” mache.

Kritik auch an SPÖ-Chef Kern

Kritik kam auch von SPÖ-Chef Christian Kern: “Die Beschlüsse der Regierung zum verpflichtenden 12-Stunden-Tag und zur 60-Stunden-Woche sind ein schwerer Fehler, der sinnbildlich für das Drüberfahren der Regierung über die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht. Der verpflichtende 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche kosten die Menschen in unserem Land Einkommen, Gesundheit und Freizeit. Wenn die SPÖ wieder in der Regierung ist, wird sie dieses falsche Gesetz so schnell wie möglich zurücknehmen.”

Auch die Liste Pilz ist gegen die Erhöhung der maximalen Arbeitszeit auf 12-Stunden, dies gehe in die falsche Richtung, stellte Klubchef Bruno Rossmann am Rande einer Pressekonferenz fest. Man werde sich auch genau anschauen, wie die Freiwilligkeit gehandhabt werde: “Ich glaube nicht, dass das funktioniert”, so Rossmann. Er forderte im Gegensatz eine Verkürzung der Arbeitszeit.

Gegenstimmen ließen nicht lange auf sich warten: So versicherte Martin Gleitsmann, Leiter der Sozialpolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer Österreich, man werde rasch sehen, dass die Panikmache rund um flexiblere Arbeitszeiten unbegründet war. Denn: “Das neue Arbeitszeitgesetz bringt mehr Spielräume für Unternehmen und Mitarbeiter und stärkt damit den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich.”

“Am 8-Stunden Tag wird nicht gerüttelt”

Auch Wirtschaftsbund Generalsekretär René Tritscher äußerte sich zu den Protesten: “Es geht nicht darum, mehr zu arbeiten, sondern vielmehr darum, anders zu arbeiten. Am 8-Stunden-Tag und einer 40-Stunden-Woche wird nicht gerüttelt!”

Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer betonte:”Hier eine Branche und ihre Mitarbeiter krank zu reden und Panik zu verbreiten, ist kein guter Stil.”

Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, forderte: “Die jahre-, ja jahrzehntelange Verhinderungstaktik der Gewerkschaften hat dazu geführt, dass die von Beschäftigten und Betrieben gewünschte Flexibilisierung – trotz mehrmaliger Festschreibung in Regierungsprogrammen – durch die Politik nicht umgesetzt wurde. Statt auf beleidigte Fundamentalopposition zu setzen, sollte nun die Arbeitszeitmodernisierung fair gemeinsam gestaltet und zu beiderseitigem Nutzen gelebt werden.”

(APA/Red)

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