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1,14 Euro in zweiter Instanz

Die Wiener Linien haben den Rechtsstreit um die Folgen des eineinhalb Jahre zurück liegenden Streiks gegen die Pensionsreform endgültig verloren - müssen 14 Jahreskartenbesitzern je 1,14 Euro plus Zinsen und Verfahrenskosten zahlen.

Am 3. Juni 2003 war österreichweit gegen die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung protestiert worden. In der Bundeshauptstadt blieben unter anderem U-Bahn, Straßenbahnen und Autobusse in den Betriebsgaragen. Die Wiener Linien müssen für diese „Leistungsstörung“ – so das Handelsgericht Wien in seinem am vergangenen Freitag schriftlich zugestellten Urteil – jetzt 14 Jahreskarten-Besitzern den anteiligen Betrag von je 1,14 Euro zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten zurückzahlen.


Die Wiener Linien hatten gegen das bereits gleich lautende Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Rechtsmittel eingelegt und sich auf den Standpunkt gestellt, die erste Instanz habe eine unrichtige rechtliche Beurteilung getroffen. Diese Berufung wurde nun allerdings als nicht berechtigt abgewiesen.

“Ständige Beförderungsbereitschaft”


Die Wiener Linien trifft laut Urteil in Bezug auf Jahreskarten-Besitzer die Pflicht zur ständigen Beförderungsbereitschaft. Dass dieser bei einem Streik nicht nachgekommen werden kann, darf demnach nicht dazu führen, dass die „Preisgefahr“ auf die Kunden abgewälzt wird.


Eine entsprechende Klausel hatten die Wiener Linien in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehen. Laut Handelsgericht unzulässigerweise, so dass diese nicht Vertragsbestandteil der Jahreskarten-Vereinbarung wurde: Den Kunden den Fahrpreis für den streikbedingt ausgefallenen Tag nicht zu retournieren, wäre „zweifellos eine nicht verkehrsübliche und für die Kläger nachteilige Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts, mit der die Kläger nicht rechnen mussten“, heißt es im Urteil.

“Gleichartige Entscheidungen zu erwarten”


Zu den Folgen dieser Entscheidung bemerkte der Wiener Rechtsanwalt Rupert Rausch, der die 14 Kunden erfolgreich vertreten hat: „Das vorliegende Urteil wirkt grundsätzlich nur für die von mir vertretenen Jahreskartenbesitzer. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die Gerichte bei identen Sachverhalten gleich lautende Entscheidungen treffen werden, so dass das Urteil auch für alle anderen betroffenen Zeitkartenbesitzer von Bedeutung ist.“


Rausch rät jedoch den tausenden anderen betroffenen Kunden der Wiener Linien vorerst von der Einbringung weiterer Klagen zum jetzigen Zeitpunkt ab: „Die Wiener Linien haben schon in der Vergangenheit bewiesen, dass sie nach Unterliegen in einem Musterprozess bereit sind, allen ihren Kunden faire Lösungen anzubieten. Ich gehe daher davon aus, dass die Wiener Linien in den nächsten Wochen bekannt geben werden, wie die Angelegenheit für alle Betroffenen außergerichtlich bereinigt werden kann.“


Ob auch andere damals bestreikte Verkehrsunternehmen reagieren werden, bleibt abzuwarten. Für das Einbringen einer Klage besteht jedenfalls keine Eile: Die Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre, gerechnet ab dem Streiktag.

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