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10-jähriges Jubiläum: EU-Literaturpreis Verleihung in Wien

Daniel Kehlmann hielt die Festrede bei der Vergabe des "EU-Literaturpreises" in Wien.
Daniel Kehlmann hielt die Festrede bei der Vergabe des "EU-Literaturpreises" in Wien. ©APA/BKA/ANDY WENZEL
Dienstagabend wurde in Wien der EU-Literaturpreis zum 10. Mal vergeben. Festredner Daniel Kehlmann nutzte die Gelegenheit für starke Kritik an der FPÖ und an Orban.
Bilder der Verleihung

Am Vortag des Beginns der Messe “Buch Wien” sind am Dienstagabend im Wiener Schloss Belvedere die EU-Literaturpreise (EUPL) verliehen worden, mit denen unbekannte Autoren gefördert werden. Die vier Preisträger stammen aus Serbien, Luxemburg und Rumänien. EU- und Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) trat als Gastgeber auf, Hauptredner war der Schriftsteller Daniel Kehlmann.

10-jähriges Jubiläum des EU-Literaturpreises

Unter dem Motto “Eine europäische Geschichte: EUPL-Preisträger schreiben Europa” reichten 36 frühere Preisträger aus 26 Ländern Kurzgeschichten ein, die im mehrsprachigen Band “European Stories” zusammengefasst sind. Mit der Verleihung beschließt der EUPL die Feierlichkeiten zu seinem zehnjährigen Jubiläum, die in vielen EU-Ländern begangen wurden. “Diese Preisverleihung findet zum ersten Mal in Wien, nicht in Brüssel statt”, erklärte der Journalist und Sozialwissenschafter Michael Freund, der durch den Abend führte.

“Literatur ist in Bezug auf die EU eine Kunstform, die ich sehr schätze”, sagte Blümel als Vertreter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. “Es gibt unterschiedliche Ansichten innerhalb der EU, nicht jedoch in Bezug auf Kunst und Kultur”, fuhr er fort. Besonders in Österreich dürfe man Kultur nicht als national begrenzt ansehen, sondern müsse die internationalen Aspekte unterstreichen.

Der ungarische EU-Kommissar für Kultur und Bildung, Tibor Navracsics (Fidesz), betonte, dass man in Europa nicht genug auf die Standpunkte der anderen eingehe, was besonders durch die Sprachbarrieren offenbar werde. Trotz des Brexit glaubt er aber daran, dass die englische Sprache weiterhin die Verständigung in der EU gewährleisten werde.

Kehlmann übt Kritik bei EU-Literaturpreis Verleihung

Daniel Kehlmann berichtete in seiner sehr persönlichen Rede von seiner letzten Begegnung mit dem ungarischen Schriftsteller, Literaturnobelpreisträger und Auschwitzüberlebenden Imre Kretesz, der 2016 verstarb. “Seitdem haben die von Viktor Orban kontrollierten Medien nicht aufgehört, ihn als unpatriotischen Internationalisten darzustellen, der für alles steht, was sie verabscheuen: Offenheit, Toleranz, Intellektualität”, kritisierte er. Nun sei es an “uns allen”, dem entgegenzutreten. “In der EU geht es nicht um die Krümmung von Gurken oder Bananen, sie ist keine Idee von Bürokraten, sondern geht auf Denker, Schriftsteller und Künstler zurück”, mahnte er. Kehlmann hofft, dass die “dunkle Wolke des Abscheus, der Dummheit und des Nationalismus”, die sich auch in Österreich, wo eine “rechtsextreme Partei unverantwortlicherweise Teil der Regierung wurde”, wieder verschwinde.

Auszeichnung durch Online-Abstimmung

Die Auszeichnung der öffentlichen Jury, die durch eine frei zugängliche online-Abstimmung ermittelt wurde, erhielt die serbische Autorin Jelena Jengold für ihre Kurzgeschichte “Jasmin und Tod”, die Vorurteile thematisiert. Der Preis der Mitglieder des EU-Parlaments ging aufgrund von Stimmengleichheit an zwei Autoren, die beide aus Luxemburg stammen: Jean Back hinterfragt in “Europäische Wolken” die Bereitschaft, innerhalb der EU für Waren die Grenzen zu öffnen, weniger jedoch für Menschen. Gast Groeber hingegen thematisiert mit “Aktuelle Wetterwarnung: überwiegend dichter Nebel” die “furchtbare” Situation, dass sich Menschen, die Flüchtlingen helfen wollen, strafbar machen.

Den Preis der professionellen Jury, die aus mehrfach ausgezeichneten Journalisten, Buchhändlern und Autoren besteht, erhielt die rumänische Schriftstellerin Ioana Parvulescu für “A voice”. Sie behandelt darin die emotionale Bedeutung der Medien für die Menschen. “Eine Stimme oder ein Buch kann nicht die Geschichte ändern, aber sie können Menschen ändern, die dann die Geschichte ändern können”, sagte sie. Die mazedonische Autorin Lidija Dimakovska wurde mit “When I left ‘Karl Liebknecht'” zudem für ihre Dienste am Kulturerbe geehrt, da sie in der Geschichte besonders auf die verbindenden und trennenden Aspekte der europäischen Kulturen einging.

(APA/Red)

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