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„Das Tribunal“ mit Bruce Willis

In einem Kriegsgefangenenlager in Augsburg gegen Ende des Jahres 1944 muss Thomas Hart, ein amerikanischer Lieutenant und Jurastudent, die Verteidigung eines schwarzen Offiziers übernehmen.

Scott wird beschuldigt, einen weißen GI getötet zu haben, der seinerseits durch eine untergeschobene Waffe für die Exekution eines schwarzen Piloten verantwortlich ist. Der Militärfilm „Das Tribunal“ mit Bruce Willis kommt am Freitag (31. 5.) in die österreichischen Kinos.

Der zynische Kommandant des Lagers, SS-Oberst Werner Visser, verspricht sich von dem improvisierten Prozess ergötzliche Unterhaltung und den Beweis dafür, dass auch die ach so demokratischen Amerikaner Schwarze wie „Untermenschen“ behandeln. Und man sieht schon zu Beginn vor seinem inneren Auge das Ende des Films voraus: Zu pathetischer Hintergrundmusik hält der junge Anwalt in spe das Buch der amerikanischen Verfassung wie ein zauberkräftiges Amulett in die Runde, allen deutschen „Herrenmenschen“ quasi ein „vade retro satanas“ zurufend; Scott, selbstredend unschuldig, wird gerettet; die Nazis knirschen mit den Zähnen.

Doch Hart und Scott sind nur zwei Bauernopfer in einem viel raffinierteren Schachspiel. Lügen und Geheimnisse umgeben jene Nacht, in der der weiße Rassist außerhalb seiner Hütte getötet wurde. Die Deutschen dürfen beispielsweise nicht erfahren, dass sich unter der Latrine ein Ausgang aus der Baracke versteckt.

Und es sind nicht nur die rassistischen GIs, die etwas zu verbergen haben: Als Hart weiter herumschnüffelt, merkt er, dass Colonel William McNarmara (Bruce Willis), Wortführer und ranghöchster Offizier der amerikanischen POW (Prisoners of War), ebenfalls mauert. Ist McNamara ein Rassist wie viele Rekruten, oder dient sein Verhalten einem anderen Zweck?

Unmittelbare Spannung gewinnt der Film dadurch, dass der Zuschauer sich stets auf einer Augenhöhe mit Hart befindet, also nie mehr weiß als der Jungspund, der als Angehöriger der Oberklasse zusätzlich mit Ressentiments der einfachen Soldaten kämpfen muss. Actionszenen mit wiederholten Fliegerangriffen der Alliierten, das absehbare Ende des Krieges und die düstere, authentisch nachempfundene Lageratmosphäre im verschneiten Deutschland verleihen dem dialogstarken Kammerspiel Dynamik und Dringlichkeit.

Seinen „Mehrwert“ bekommt dieser Krimi in Zeiten des Krieges, der nebenbei auch der Missionierung der Heimatfront dient und ohne Beschönigung den Rassismus der weißen GIs vorführt, aber durch seine Entwicklung zu einem Charakterdrama. Von fast Shakespeare’schem Zuschnitt sind die hochmoralischen Zwickmühlen – zugespitzt auf die Frage, ob Gerechtigkeit einem höheren Zweck geopfert werden darf. Regisseur Gregory Hoblit, der schon mit „Frequency“ und „Zwielicht“ Thriller mit Tiefgang schuf, hat dabei besonders mit Bruce Willis einen Glücksgriff getan. Willis lässt sein „Die-Hard“-Image des lakonischen, schlitzohrigen Haudegens auf sehr zurückhaltende Art anklingen und gewinnt der Rolle dadurch dramatische Nuancen ab.

Ebenso vielschichtig sind seine Mit- und Gegenspieler, Lt. Hart (Colin Farrell), der unter Folter einst Verrat beging und sich von der Schuld befreien will – und auch der skrupellose SS-Oberst Visser (Marcel Iures), der heimlich BBC und Jazzmusik hört und in Yale studiert hat.

Platt-dumme Nazischergen mit „th“-Problemen und blütenweiße Helden wurden aus diesem Drama jedenfalls verbannt. Und wer es schafft, die patriotische Rhetorik samt melodramatischer Musik, ohne die es wohl nicht geht, zu überhören, erlebt einen spannenden Kriegsfilm, der mehr hält, als er verspricht.

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