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„Tenne“ in Mellau ist Vergangenheit

©Annemarie Kaufmann
Das Traditionsgasthaus „Sonne“ und mit ihm die legendäre „Tenne“ in Mellau fielen der Spitzhacke zum Opfer. Ein Wellnesshotel soll entstehen. Am vergangenen Sonntag schloss das Bregenzerwälder Kultlokal „Tenne“ seine Pforten für immer.

Das seit Generationen beliebte Nachtlokal im Bregenzerwald hat eine bewegte Vergangenheit. Als die Mellauer Gastronomen-Familie Bischofberger im Herbst 1971 die Tenne eröffnete, war dies ein derartiges Ereignis, dass es die Bregenzerwälder Bevölkerung kaum fassen konnte. Ein Nachtlokal dieser Art gab es im Wald noch nie. „Wir kamen uns vor wie in New York“, erzählt ein Zeitzeuge, „es war einfach überwältigend“. Und in der Tat war der Run auf die Tenne groß. So groß, dass man es sich leisten konnte täglich Profibands wie die „Travelinmen“, die „Golden Fellows“ und wie sie alle hießen, zu engagieren. Da schlugen Herzen höher, wenn Heinz Bischof hinter der Bar stand und die „Silver-Arrows“ auf der Bühne „Baby Blue“ spielten.
Tourismus lebte auf
„Die Tenne war ein reines Tanzlokal und wurde sowohl von Jugendlichen als auch von älteren Generationen regelrecht gestürmt“, sagt Norbert Zünd, der das Lokal gemeinsam mit seinem Bruder Werni in den vergangenen zehn Jahren gepachtet hatte. „Die Tenne wurde eröffnet, kurz bevor die Bergbahnen Mellau ihren Betrieb aufnahmen“, so Zünd. Zu dieser Zeit war Mellau in voller Blüte. Der Tourismus in vollem Gange. Viel dazu beigetragen hat Sonnenwirtin Margreth Bischofberger. „Margreth war unheimlich beliebt bei Jung und Alt“, erklärt Norbert Zünd, „wenn oben geschlossen wurde, nahm sie ihre Hausgäste kurzerhand mit in die Tenne. Auf diese Art regte sich kein Gast auf, wenn die laute Musik den Schlaf gefährdete.
Disco
Im Jahr 1991 wurde auf Disco umgestellt und die Gäste wurden immer jünger. Als die Brüder Zünd das Lokal übernahmen wurden die Sitzecken entfernt und zwei weitere Bars installiert. Die Tanzfläche nahm somit den größten Teil des Raumes ein. Mit der Zeit wurde es auch in der Tenne genau wie in anderen Nachtbetrieben zunehmend unruhiger. Securitys mussten für Sicherheit sorgen. „Natürlich gab es manchmal Schlägereien, aber meistens waren das die unter 16-Jährigen, die nicht herein durften und draußen vor dem Eingang ihre Stärke demonstrieren wollten. Die Tenne fasste ca. 800 Leute, mindestens 300 davon waren Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren. Ich frage mich, wo die jetzt am Wochenende hingehen werden“, resümiert Norbert Zünd.
Aufschrei
Als bekannt wurde, dass die Tenne geschlossen werden sollte, ging ein Aufschrei durch den Bregenzerwald. „Was wird aus uns?“, lautete die berechtigte Frage der jungen Leute. Sämtliche Internet-Plattforms sind voll mit Vorwürfen und Klagen. „Der Abbruch des gesamten Gebäudes war längst vorgesehen“, erklärt der Geschäftsführer der Sonne in Mellau Klaus Riezler. „Natürlich muss etwas Neues für die Jugend entstehen, aber nicht mehr bei uns“, so Riezler, „ein Lokal dieser Art gehört in die Peripherie einer Gemeinde“.
Abbruch
Am Montag trafen sich die Mellauer zum letzten Mal in „ihrer“ Sonne. Bis Mittag wurde laut Geschäftsführer gekocht, um 14 Uhr wurde mit dem Abbruch des gesamten Gebäudes begonnen. Wo einst Discomusik aus den Lautsprechern dröhnte, kreischten nun die Motorsägen. In Mellau gab es kaum ein Durchkommen. Zahlreiche Personen nutzten die Gelegenheit um günstige Einrichtungsgegenstände wie Möbel, Teppiche und Küchengeräte zu ergattern. In der Garage wurde ein Bazar eingerichtet, dort stand Geschirr, Besteck, Tischwäsche und vieles mehr in großer Auswahl zur Verfügung. Viele nahmen aus reiner Nostalgie das eine oder das andere Stück als Andenken mit nach Hause.

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