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„Rasterfahndung“ im Finanzministerium

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Datenbank-Abfragen der Mitarbeiter werden angeblich überprüft - Gewerkschaft prüft die Anzeige - SPÖ: „Rechtswidrig“ - Finanzministerium: „Keine Bespitzelung“.

Schwere Vorwürfe gegen Finanzminister Karl-Heinz Grasser kommen von der Personalvertretung im Finanzministerium und von der SPÖ. Wie der Chef der Finanzgewerkschaft, Klaus Platzer, der APA bestätigt, werden Finanzbeamte, etwa vor Beförderungen, seit einem dreiviertel Jahr einer Art „Rasterfahndung“ unterzogen. SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier spricht von einem „skandalösen Gesetzesbruch“. Die Beamtengewerkschaft prüft die Möglichkeit einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück.

Platzer zufolge werden Bedienstete, die sich für Führungspositionen bewerben oder Auszeichnungen erhalten sollen, „einem Screening unterzogen“. Überprüft werden – ohne Vorliegen konkreter Verdachtsmomente – die Finanzdatenbank-Abfragen der Mitarbeiter. Wenn bei der so genannten „Logfile-Analyse“ Auffälligkeiten zu Tage treten (etwa Abfragen für Verwandte oder Bekannte), würden die Beamten ohne rechtsstaatliches Verfahren von Beförderungen ausgeschlossen, wie Platzer kritisiert. Geschehen sei dies etwa beim ehemaligen Leiter des Finanzamtes Amstetten, der nun klagen wolle.

Die politische Verantwortung liegt beim Minister

Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) prüft im Zusammenhang mit den Logfile-Analysen die Möglichkeit einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Hintergrund: Laut Personalvertretungsgesetz sind Systeme zur automationsgestützten Datenerfassung über Mitarbeiter nur nach Einbindung der Personalvertretung zulässig – das sei im Finanzministerium verabsäumt worden. Ob es tatsächlich eine Anzeige geben werde, sei aber noch nicht entschieden, betont man in der GÖD auf APA-Anfrage.

Platzer betont dazu, er wisse nicht, in wie weit Grasser selbst die ganze Aktion willentlich decke. „Die politische Verantwortung liegt beim Minister, die rechtliche liegt beim Minister und seinem Stab“, sagt der oberste Finanzgewerkschafter. Erst nach Protesten der Personalvertreter habe man dem Zentralausschuss einen Verordnungsentwurf vorgelegt, um die Überwachungspraxis im Nachhinein zu legalisieren, so Platzer – der Entwurf wurde abgelehnt. Platzer:
„Hier soll de jure ein System geschaffen werden, das de facto schon läuft.“

“Eindeutig rechtswidrig”

Platzer fordert nun als „erste vertrauensbildende Maßnahme“ die Abschaffung des „Antikorruptionsbeauftragten“ im Ministerium. Außerdem müsse jede rasterfahrungsartige Ermittlungsmethode ersatzlos gestrichen werden. Seinen Angaben zufolge wurden nur bei etwa drei Prozent der Überprüften oder etwa 40 bis 50 Personen Unregelmäßigkeiten entdeckt. Für SP-Konsumentenschutzsprecher Maier ist die Vorgangsweise des Finanzministeriums „eindeutig rechtswidrig“. Offenbar wolle Grasser unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung alle Mitarbeiter standardmäßig überwachen.

Das Finanzministerium weist die Vorwürfe in einer Aussendung zurück. Es gebe „keine Bespitzelung“, vielmehr sei jeder Minister ermächtigt, innerhalb seines Ressorts Einrichtungen zur inneren Revision und zur Sicherstellung der gesetzmäßigen Vollziehung zu schaffen. Im Abgabeninformationssystem seien die Daten aller Steuerpflichtigen gespeichert. Die vom Antikorruptionsbeauftragten durchgeführte Analyse der Datenbank-Zugriffe solle gewährleisten, dass sämtliche Daten ausschließlich für dienstliche Zwecke abgefragt werden.

Jeder Zugriff auf das Abgabeninformationssystem werde seit mehr als zehn Jahren automatisch protokolliert, heißt es in der Aussendung weiter. Die Logdaten würden routinemäßig bzw. auch in bestimmten Anlassfällen untersucht, die Bediensteten würden über die Kontrollabfragen informiert. „Nur so kann das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine unbefangene, auf der Basis der Rechtstaatlichkeit agierenden Beamtenschaft, erhalten bleiben“, argumentiert das Finanzministerium.

Redaktion: Christian Wata

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