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Titelkampf, Ziele, Überraschungen: Die große Trainerumfrage der Bundesliga (Teil 2)

Im zweiten Teil der Trainerumfrage kommen die Coaches der Topteams der Liga zu Wort.
Im zweiten Teil der Trainerumfrage kommen die Coaches der Topteams der Liga zu Wort. ©APA
Wie jedes Jahr sprechen die Trainer der zehn Bundesligisten vor Saisonbeginn über die Ziele ihrer Mannschaften und geben eine Meister-Prognose sowie eine Einschätzung der getätigten Transfers ab. Hier kommt Teil 2 der Umfrage.

Vor dem Start in die neue Saison der tipico-Bundesliga hat die Austria Presse Agentur ihre alljährliche Umfrage mit den Trainern der Oberhausklubs durchgeführt.

VIENNA.at veröffentlich diese in zwei Teilen. In Teil zwei kommen die Coaches von Sturm Graz, Admira, Austria Wien, Rapid und Red Bull Salzburg zu Wort. Die Fragen:

1.) Wer ist in der kommenden Bundesliga-Saison Ihr Titelfavorit und warum?
2.) Welches Team könnte Ihrer Meinung nach überraschen?
3.) Wie lauten die Saisonziele mit Ihrer Mannschaft?
4.) Wie zufrieden sind Sie mit den Transferaktivitäten Ihres Klubs?
5.) Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür, dass das österreichische Nationalteam bei der EM in Frankreich hinter den Erwartungen geblieben ist?
6.) Wie bewerten Sie das spielerische Niveau der EM nach der Aufstockung auf 24 Teams?

Franco Foda (Sturm Graz)

1.) Favorit ist Salzburg, weil sie nach wie vor die besten Voraussetzungen haben, das beste Spielermaterial.

2.) Man hat in den letzten Jahren immer gesehen, dass es eine Überraschungsmannschaft gegeben hat. Die wird es auch in diesem Jahr geben. Aber wer das sein wird, kann ich nicht beurteilen.

3.) Im letzten Jahr hatten wir vor der Saison als Ziel Platz vier. Das haben wir knapp verfehlt. Dafür gab es auch Gründe. Zu diesem Zeitpunkt schon eine Prognose zu stellen, ist verfrüht. Aufgrund der vielen Umstrukturierungen innerhalb des Kaders ist es wichtig, so schnell wie möglich eine Mannschaft zu formen, die miteinander harmoniert. Wir müssen konstantere Leistungen bringen, das war im Vorjahr nicht immer der Fall. Die Chancenverwertung muss besser werden. Wir hatten die zweitmeisten Torchancen, haben aber zu wenige Tore geschossen. Die Defensive war stabil. Eine neue Mannschaft ist auch immer eine Chance. Vielleicht gibt es die eine oder andere Überraschung.

4.) Dieser große Kaderumbruch war nicht so geplant, das hat sich entwickelt. Mit den neuen Spielern bin ich zufrieden. Es waren auch einige Wunschspieler von mir dabei. Insofern sind es gute Spieler, die sehr gut zu uns passen, interessante Spieler. Einige neue Spieler haben schon Erfahrung, einige Entwicklungspotenzial. Ich glaube, die Mischung ist gut. Jetzt ist es die Aufgabe, sie so schnell wie möglich heranzuführen. Das ist auch ein Zeitfaktor. Ich bin aber überzeugt, dass wir das so schnell wie möglich hinbekommen.

5.) Das Problem war einfach, dass die Erwartungshaltung vor der EM extrem hoch war durch die Leistungen in der Qualifikation. Der Schöpf muss aber nur das 2:1 machen gegen Island, dann sind sie eine Runde weiter. Dann würden wir über etwas anderes reden. Ich habe das alles nicht so schlecht gesehen. Klar haben sie nicht so gespielt wie in der Quali. Jeder hatte sicher nicht dieselbe Form. In der Gruppe war aber alles sehr ausgeglichen. Gerade bei so einer EM entscheiden die Kleinigkeiten, die Details.

6.) Das hat nichts mit der Aufstockung zu tun. Bei nur drei Spielen geht es um sehr viel. Wenn man das erste verliert, ist man in der Gruppe schon hinten dran. Das hat man gemerkt. Die Mannschaften waren bedacht, das eigene Tor zu verteidigen. Portugal ist das ganz gut gelungen bis zum Ende des Turniers. In den K.o.-Spielen gab es schon auch das eine oder andere gute Spiel. Die Mannschaften, die viel Ballbesitz hatten, die eigentlich am besten gespielt haben, wie Deutschland oder im Finale Frankreich, sind ausgeschieden. Bei großen Mannschaften waren Spieler nach der langen Saison nicht so frisch, aber das ist ganz normal. Sicher war bei der WM das Niveau höher. Es wurde offensiver gespielt. Bei der EM hat man gesehen, dass alle toporganisiert sind und auch laufstark. Es waren alles enge Spiele.

Oliver Lederer (Admira Wacker Mödling)

1.) Titelfavorit ist naturgemäß Red Bull Salzburg, wobei ich glaube, dass einige Mannschaften imstande sind, näher heranzurücken. Speziell Rapid und Austria sehe ich absolut in einer ernsthaften Verfolgerrolle.

2.) Die Vorbereitung hat mir persönlich einen Geheimfavoriten gezeigt mit der Wiener Austria. Die haben ihren Ballbesitzfußball noch einmal ein Spur dynamischer gestalten können. Mir gefällt die Philosophie vom Thorsten Fink. Mit Felipe Pires haben sie einen Spieler dazubekommen, der zusätzlich für Dynamik und Speed im letzten Drittel sorgt. Wenn sie konstant über eine Saison Leistung bringen, traue ich ihnen zu, dass sie Red Bull Salzburg und Rapid unter Druck setzen.

3.) Wir wollen in erster Linie die in der vergangenen Saison gezeigten Leistungen bestätigen. Das, was wir gut gemacht haben, versuchen, noch einmal einen Schritt besser zu machen. Dann werden wir sehen, was nach 36 Runden herausschaut.

4.) Wir haben mit Schößwendter und Malicsek zwei Leistungsträger abgegeben. Die müssen wir jetzt erst einmal ersetzen. Aber erstens gibt es genug junge Spieler aus den eigenen Reihen, die das können, zweitens den Fabio Strauss, der schon in den Europa-League-Spielen bewiesen hat, dass wir absolut richtig gelegen sind. Mit Ante Roguljic haben wir noch einen Spieler dazubekommen, der in unsere Philosophie gut reinpasst.

5.) Die Erwartungshaltung ist aus dem Grund sehr hoch gewesen, weil wir eine überragende Qualifikation gespielt haben. Aber ich denke, dass es absolut positiv ist, dass wir uns einmal überhaupt sportlich qualifiziert haben. Jetzt gilt es einfach, die Erfahrungen zu sammeln, richtig zu analysieren und beim nächsten Großereignis schon die richtigen Schlüsse zu ziehen und dementsprechend besser abzuschneiden.

6.) Es hat schon offensivere Großereignisse gegeben, das muss man auch sagen. Viele kleinere Mannschaft haben ihr Glück in der Defensive versucht. Vielleicht ist der Modus schuld, das weiß ich nicht. Aber die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass auch kleine Mannschaften ihr Heil in der Offensive suchen können. Es wird auch wieder in die Richtung gehen.

Thorsten Fink (FK Austria Wien)

1.) Red Bull Salzburg ist Favorit, Rapid ist auch als Konkurrent zu sehen. Wir müssen schauen, dass wir ein Stück weit besser werden, dass wir die Großen angreifen können.

2.) Sturm ist keine Überraschung, wenn die oben spielen. Sturm ist ein Konkurrent von uns. Auch bei der Admira wird hervorragende Arbeit gemacht. Sie entwickeln sich ständig weiter, aber man muss schauen, wie sie mit der Doppelbelastung umgehen, die Altach oder dem Wolfsberger AC im letzten Jahr nicht gutgetan hat.

3.) Auch wenn es jeder Austria-Fan gerne hören würde, ich kann jetzt hier nicht von der Meisterschaft reden. Wir können ja nicht zaubern. Ich glaube, dass es einiges zu verbessern gibt in diesem Jahr. Wir wollen in die Europa-League-Gruppenphase kommen. Das kann auch sehr schwierig werden. Und den Cup wollen wir auch holen. Wir wollen schauen, dass wir die Großen ärgern können. Wenn wir Erster werden, dann aber sicherlich als Außenseiter. Das sollte nicht das Muss sein. Für Rapid und Red Bull sollte es das Muss sein.

4.) Grundsätzlich bin ich zufrieden. Als Trainer will man seine Mannschaft immer möglichst früh zusammenhaben. Wir haben aber nicht so viel Geld, dass wir gleich alles zahlen können. Andere Vereine pokern, wir müssen warten. Stand jetzt ist, dass wir zwei Spieler geholt haben, ganz wenig Geld ausgegeben haben und junge Spieler hochgezogen haben. Die beiden Spieler, die wir verpflichtet haben, waren Wunschspieler von mir. Von daher bin ich froh, ich bin zufrieden. Wenn man um die Meisterschaft mitspielen will, sollte man eigentlich noch ein bisschen investieren.

5.) Man ist nicht mehr unbekümmert an die Sache herangegangen. In der Quali war das der Fall. Man hat sich zum ersten Mal selbst für eine EM qualifiziert. Da haben sie befreit aufgespielt. Bei der EM hatte ich das Gefühl, dass alle etwas erwartet haben und sie dadurch die Unbekümmertheit verloren haben. Das ist für mich der Hauptgrund. Dass sie besser spielen können, wissen wir auch.

6.) Für die kleinen Mannschaften ist es sicherlich schön gewesen, dass sie auch mal weitergekommen sind – Island oder Wales. Da rechnet man normalerweise nicht damit, dass sie in die K.o.-Runden kommen. Grundsätzlich ist es qualitativ besser, dass es dabei bleibt, dass immer nur zwei weiterkommen in der Gruppe. Starke Mannschaften sind schon relativ früh aufeinandergetroffen. Das geht besser.

Mike Büskens (SK Rapid Wien)

1.) Red Bull hat die Liga in den letzten Jahren dominiert. Von daher sind sie heuer auch wieder Favorit, weil sie in der Lage sind, Ausfälle zu kompensieren. Sie sind breit aufgestellt, sie sind qualitativ sehr hochwertig aufgestellt.

2.) Wir haben es gesehen: Admira. Die Admira hat in den vergangenen Jahren wahnsinnig viele Spieler herausgebracht, die über den Club den nächsten Schritt gemacht haben. Ihnen traue ich das wieder zu, aber man muss schauen. Altach hatte letztes Jahr eine hohe Belastung durch die internationalen Spiele, St. Pölten hat die Euphorie des Aufstieges, der WAC ist auch immer unangenehm zu spielen, Ried hat in den letzten Jahren auch immer gut performt. Es kann schon immer ein paar Überraschungen geben, wir wollen eine positive sein.

3.) Wir nehmen die Rolle des Salzburg-Verfolgers gerne an. Wir wollen aus dieser Position heraus sehr unangenehm sein.

4.) Wir haben im Bereich unserer Möglichkeiten sehr, sehr gut gearbeitet. Das Scouting bei Rapid ist außerordentlich gut und auch weitsichtig. Was uns natürlich wehtut, ist der Verlust von Flo Kainz, der in der vergangenen Saison wahnsinnig viele Scorerpunkte gesammelt hat, der richtig auch in der Lage war, Ergebnisse zu bringen.

5.) Dazu bin ich richtig, richtig weit weg. Man hat hinterher gelesen, dass es vielleicht im Team nicht richtig gestimmt hat. Österreich hat eine hervorragende Qualifikation gespielt, das hat für eine wahnsinnig hohe Euphorie gesorgt. Und dann hast du so ein Ergebnis wie gegen Ungarn, wo du gegen den Pfosten schießt in der ersten Minute. Das hätte den Knoten lösen können. Im Fußball gibt es halt nicht dieses Mittelmaß. Es gibt nur himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt. Grundsätzlich kann man darauf stolz sein, wie sich diese Mannschaft entwickelt hat. Wenn ich mir anschaue, wo viele dieser Spieler spielen, dann hat sich der österreichische Fußball doch sehr, sehr gut entwickelt.

6.) Rudi Assauer hat einmal gesagt: Form schlägt Klasse. Das hat man auch bei der EURO erlebt. Wenn du vermeintlich gut bist, kannst es aber nicht auf die Wiese bringen, weil du vielleicht nicht den Spirit hast, weil du nicht die Form hast, dann können dich auch Fußball-Nationen schlagen, die vielleicht weniger Qualität haben. Ungarn, Waliser oder Isländer: Wie sie ihr persönliches Ego abgelegt haben, um dem Team zu helfen, das sind Faktoren, die bei der EURO bedeutend waren – aber nicht nur bei der EURO, die sind auch hier in der Bundesliga wichtig.

Oscar García (Red Bull Salzburg)

1.) Neben uns gehören Rapid, Austria und Sturm Graz für mich zu den Favoriten. Rapid hat ein neues, tolles Stadion und zudem, so wie Austria und Sturm, etliche gute neue Spieler im Kader. Und wir sollten auch auf die Admira nicht vergessen, die schon letztes Jahr sehr stark gespielt hat.

2.) Diese Frage kann ich nicht beantworten, ohne dass ich alle Bundesliga-Mannschaften gesehen habe. Wenn die Admira wieder vorne mit dabei wäre, wäre das für mich keine Überraschung. Nur aufgrund der Testspielergebnisse ist da keine Beurteilung möglich.

3.) Wir wollen uns insgesamt als Team verbessern und bis zum Ende um den Titel mitspielen. Und wir wollen auch in einem internationalen Bewerb mit dabei sein.

4.) Wir haben fünf Spieler abgegeben und fünf neue geholt, haben aber dennoch einen größeren Wettbewerb innerhalb der Mannschaft als in der vergangenen Saison. Weil alle Spieler laufend an ihre Leistungsgrenze gehen müssen, ist das gut für die sportliche Entwicklung.

5.) So ein großes Turnier erfolgreich zu spielen, ist nicht einfach. Alle Teams sind zumeist top vorbereitet, die Leistungsdichte ich hoch und alles wird schwieriger. Und natürlich ist es notwendig, Tore zu erzielen. Dem österreichischen Team ist das leider nicht gelungen, deshalb war man letztendlich chancenlos. Was dazu geführt hat, kann ich aus der Entfernung aber nicht beurteilen.

6.) Durch die von der UEFA durchgeführte Aufstockung haben viele kleinere Ländern, die es vielleicht anders nicht schaffen können, die Möglichkeit, bei so einem großen Turnier mit dabei zu sein. Ich persönlich finde es besser, wenn weniger Teams bei einer EM mit dabei sind. Deshalb war die Qualität nicht besonders hoch. So hat etwa sich Europameister Portugal als Gruppendritter für die nächste Runde qualifiziert und erst im Halbfinale des erste Spiel nach regulärer Spielzeit gewonnen.

(APA)

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