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Tirol-Wahl: Die Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien

Sieben Parteien stehen bei der Tirol-Wahl landesweit auf dem Stimmzettel.
Sieben Parteien stehen bei der Tirol-Wahl landesweit auf dem Stimmzettel. ©APA (Sujet)
Sieben Parteien kandidieren bei der Tiroler Landtagswahl landesweit. Neben den im Landtag Vertretenen, also ÖVP, SPÖ, Grüne, FPÖ und Liste Fritz, versuchen sich auch die NEOS und "Family - Die Tiroler Familienpartei" zum ersten Mal. "Impuls Tirol" tritt nur in acht der neun Wahlkreisen an, obwohl sie aktuell mit drei Mandataren im Landtag sitzt.

Für ÖVP und SPÖ geht es in erster Linie darum, das historisch schlechteste Ergebnis hinter sich zu lassen. Dies dürfte Umfragen zufolge auch in Reichweite sein. Während die FPÖ laut einer Umfrage der “Tiroler Tageszeitung” (Ende Dezember) auf die größten Zugewinne hoffen darf, stagnieren die Grünen gegenüber dem Ergebnis der Landtagswahl im Jahr 2013 – für den Landtagseinzug sollte es aber jedenfalls reichen. Für die NEOS und die Liste Fritz könnte das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde hingegen zur Zitterpartie werden. Eher äußerst geringe Chancen darauf haben wohl Impuls und Family.

Die historischen Tiefstände der Großparteien – bald vergessen?

Die ÖVP tritt nach 2013 zum zweiten Mal mit Landeshauptmann Günther Platter an der Spitze an (Platter hatte nach der Landtagswahl 2008 den damaligen VP-Landeschef Herwig van Staa beerbt) und hofft darauf, das historisch schlechteste Ergebnis von 39,35 Prozent vergessen zu machen. Mit dem Erreichen der 40-Prozent-Marke legte sich Platter die Latte betont tief. Weil sich diesmal nur sieben statt wie 2013 zehn Konkurrenten in die Wahlschlacht werfen, sollte das Ziel schon deshalb in erreichbarer Nähe sein. Zudem hieß es beim letzten Mal “alle gegen die Platter-ÖVP”. Diesmal buhlen die Konkurrenten mehr oder weniger ungeniert um eine Zusammenarbeit mit der Volkspartei. Am Ende könnte Platter daher sogar in die komfortable Position kommen, aus vier Koalitionspartnern wählen zu können. Neben dem derzeitigen Regierungspartner, den Grünen, könnten das FPÖ, SPÖ aber auch die NEOS sein. Letztere freilich nur dann, wenn sie nach Wien, Vorarlberg und Niederösterreich auch den Einzug in den Tiroler Landtag schaffen.

Die SPÖ ereilte 2013 mit dem Absturz auf den bisherigen Tiefstand dasselbe Schicksal wie die Volkspartei. Für den kommenden Urnengang sind die Ziele ambitionierter gesteckt. Spitzenkandidatin Elisabeth Blanik gab als Devise aus, “stärkste Oppositionspartei” zu werden. Ihr Listenzweiter, der Sellrainer Bürgermeister Georg Dornauer will sich damit nicht zufriedengeben: Platz zwei sollte es dann schon werden. Zudem sieht Dornauer das Potenzial der Roten in Tirol bei 25 Prozent. Über eine Regierungsbeteiligung reden möchte man – jedenfalls wenn es nach der Spitzenkandidatin geht – nur bei einem “satten Votum”. Die SPÖ hatte bereits 2008 mit einem Minus von 10,39 Prozentpunkten einen äußerst herben Rückschlag hinnehmen müssen. Das bis dato schlechteste Ergebnis von 15,46 Prozent unterboten die Roten 2013 abermals und landeten bei 13,72 Prozent.

Grüne und FPÖ hoffen auf Einzug in Landtag

Dass die Grünen den Landtags-Einzug schaffen werden, ist den Umfragen zufolge fix. Für sie wird es darum gehen, stark genug zu werden, um sich erneut für eine Koalition mit der Volkspartei ins Spiel zu bringen. Das Halten der 2013 erreichten 12,59 Prozent wäre dafür jedenfalls kein Nachteil. Die Parteispitze selbst gab sich im Formulieren des Ziels bedeckt und wollte sich nicht auf eine Zahl festlegen. Besonders groß dürfte der Druck für Spitzenkandidatin Ingrid Felipe sein, zumal es unter ihrer Ägide als Bundessprecherin im Herbst mit dem Ausscheiden aus dem Nationalrat zum politischen Supergau für die Ökopartei gekommen ist. In Niederösterreich haben sich die Grünen trotz Minus zumindest einmal den Verbleib im Landtag gesichert. Für ihre bundespolitische Relevanz wäre es aber von Vorteil, in Tirol in der Regierung zu bleiben.

Genau dorthin wollen die Freiheitlichen mit Spitzenkandidat Markus Abwerzger. Dafür wäre ein großer Stimmenzuwachs ein gutes Argument. Aber ob sich die in den Umfragen prognostizierten Zugewinne auch realisieren lassen, muss sich bei der Landtagswahl erst zeigen. Von “Vorteil” ist, dass die FPÖ mit 9,34 Prozent von einem niedrigen Niveau aus startet. Eine Verdoppelung sollte – wenn man den Umfragen glauben schenkt – allemal drinnen sein. Die Freiheitlichen hoffen jedenfalls darauf, dass Schwarz-Blau im Bund für Rückenwind sorgen wird. Während Abwerzger selbst schon ein deutliches Plus und den zweiten Platz (das wäre das erste Mal in Tirol) als Wahlziele ausgab, legte ihm Bundesparteichef Heinz-Christian Strache die Latte noch etwas höher: “Eine Verdoppelung ist drinnen, vielleicht sogar mehr.”

Die Hoffnungen der kleinen Parteien

Für die NEOS geht es auf den ersten Blick um den Einzug in den vierten Landtag – auf den zweiten liebäugelt Spitzenkandidat Dominik Oberhofer offenbar mit mehr und bringt durchaus selbstbewusst eine schwarz-pinke Koalition ins Spiel. Eine derartige Konstellation, die erste in Österreich, würde Tirol “guttun”, so Oberhofer. Dafür müssten die Pinken zumindest das Tirol-Ergebnis der Nationalratswahl erreichen. Mit den 5,72 Prozent vom 15. Oktober wäre die Fünf-Prozent-Hürde nämlich genommen. Der Einzug in den niederösterreichischen Landtag vor Kurzem kann dabei durchaus hilfreich sein.

Um ihr politisches Überleben kämpft hingegen der Überflieger der Landtagswahl 2008, die Liste Fritz. Damals hatte die Liste des ehemaligen Arbeiterkammerpräsidenten Fritz Dinkhauser noch 18,35 Prozent der Wähler hinter sich versammeln können. Im Jahr 2013 wurde sie auf 5,61 Prozent dezimiert. Daher wirft die Gruppierung mit einem 500.000 Euro umfassenden Wahlkampfbudget einiges an Mitteln in die Wahlschlacht. Und auch Dinkhauser selbst, obwohl nicht mehr für den Landtag kandidierend, mischt wieder ordentlich mit und unterstützt Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider. Als Wahlziel formulierte die Liste Fritz die Verdoppelung der derzeit zwei Mandate.

Wohl unter “ferner liefen” werden die beiden Kleinparteien “Family” und “Impuls” über die Ziellinie kommen. “Impuls”-Spitzenkandidat, LAbg. Josef Schett hofft zwar auf den Einzug in das Landesparlament, baute zuletzt aber für den Fall des Scheiterns schon ein wenig vor: “Wenn es sich vielleicht doch knapp nicht ausgeht, dann bricht für uns keine Welt zusammen.” Deutlich optimistischer gab sich hingegen “Family”-Frontfrau, LAbg. Andrea Krumschnabel. Zehn Prozent der Stimmen wolle sie erreichen. Der Einzug in den Landtag sei nur ein “kleines Ziel”.

Tirol: ÖVP seit 1945 unangefochten Nummer 1

Tirol ist zweifelsohne ÖVP-dominiert. Was sich zum einen daran ablesen lässt, dass seit 1945 nur VP-Landeshauptleute in den Geschichtsbüchern zu finden sind. Zum andern daran, dass die Schwarzen bei bisher 16 Urnengängen lediglich sechs Mal unter 50 Prozent, aber stets auf Platz eins landeten. Lange Zeit fanden sich daneben nur SPÖ, Grüne und FPÖ im Landtag, womit es neuerdings aber vorüber ist.

Denn bei den beiden vergangenen Urnengängen (2008 und 2013) ist es gewissermaßen in Mode gekommen, dass neue Parteien – bevorzugt VP-Dissidenten – antreten, um eine Wende im Land herbeizuführen. War das 2008 die Liste Fritz, folgte im Jahr 2013 Vorwärts Tirol. Beim kommenden Urnengang versuchen sich erstmals die NEOS, “Impuls Tirol” und “Family – Die Tiroler Familienpartei”. Nicht zuletzt deswegen ist es in der jüngeren Vergangenheit für die Volkspartei auch zunehmend schwieriger geworden.

Dem war aber lange Zeit nicht so: Die ausnahmslos schwarzen Landeshauptleute im Landtag konnten sich vor 1999 stets auf eine absolute Mehrheit stützen. Während des Hochs der FPÖ unter Jörg Haider war es damit erstmals vorbei. Zwischenzeitlich – während der Periode von 2003 bis 2008 – hätte man zwar wieder über genügend Mandate verfügt, um alleine zu regieren, setzte aber die Koalition mit der SPÖ fort. Endgültig Schluss mit den glorreichen Zeiten war 2008: Die Volkspartei musste ein Minus von 9,39 Prozentpunkten hinnehmen und kam nur noch knapp über dem 40er zu liegen. Der wurde schließlich 2013 mit 39,35 Prozent unterboten. Über 30 Prozentpunkte trennen die Schwarzen heute von ihrem besten Ergebnis der Zweiten Republik, den 69,83 Prozent aus dem Jahr 1945.

Schwieriges Terrain für SPÖ, Grüne, FPÖ und Kleinparteien

Für die SPÖ ist Tirol neben Vorarlberg traditionell schwieriges Terrain. Besonders sichtbar wurde das in den letzten 15 Jahren, in denen die Roten von 25,85 im Jahr 2003 auf ihr historisches Tief von 13,72 Prozent im Jahr 2013 dezimiert wurden. Davor waren immerhin bei den meisten Wahlen zwischen 20 und 30 Prozent drinnen. Das beste Ergebnis der Zweiten Republik waren 33,47 Prozent im Jahr 1970. 1994 reichte es dann zum ersten Mal nicht mehr für den Zweier vorne (19,84 Prozent). Von 1999 bis 2003 konnte der Abwärtstrend zwischenzeitlich gestoppt werden, ehe 2008 der große Einbruch folgte.

Die Grünen sitzen seit 1989 im Landtag und können auf zum Teil vergleichsweise schöne Landesergebnisse verweisen. 1994 reichte es zum ersten Mal mit 10,68 Prozent für die Zweistelligkeit. Nach einem Zwischentief 1999 gelang den Tirolern bei der Landtagswahl 2003 mit 15,59 Prozent das bis dato beste Grün-Ergebnis seit Bestehen. 2008 folgte ein Rückschlag mit einem Minus von 4,86 Prozentpunkten. Der folgende Urnengang 2013 brachte dafür nicht nur wieder ein kleines Plus, sondern auch die erste grüne Regierungsbeteiligung im Land.

Die FPÖ verzeichnete ihren größten Erfolg im Land im Jahr 1999 (19,61 Prozent). Umso schmerzhafter war der massive Absturz 2003 – um 11,64 Prozentpunkte auf 7,97 Prozent. Damit wurden die Blauen erstmals seit Bestehen in Tirol auf den vierten Platz verwiesen. Zweistellige Ergebnisse erreichte die FPÖ bzw. ihre Vorgängerpartei WDU bei ihren ersten beiden Wahlen 1949 und 1953 und dann bei den drei Wahlen der Ära Haider 1989, 1994 und 1999 sowie im Jahr 2008. 2013 war es damit aber wieder vorbei und die Freiheitlichen landeten auf 9,34 Prozent.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen die VP-Dissidenten Liste Fritz und Vorwärts Tirol. Erstere legte 2008 einen fulminanten Start hin und heimste 18,35 Prozent ein. 2013 folgte allerdings ein schmerzhafter Einbruch auf 5,61 Prozent. Vorwärts Tirol konnte mit 9,54 2013 mehr als einen achtbaren Erfolg verbuchen, rieb sich danach aber in internen Streitereien auf. Knapp nicht gereicht für den Einzug hat es 2013 für Fritz Gurgiser. Mit 4,84 Prozent scheiterte seine Gruppierung denkbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde.

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(APA/Red)

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