AA

ÖVP Wien: Auf der Suche nach dem Glanz der Vergangenheit

Auf die Wiener ÖVP und Manfred Juraczka wartet bis zur Wien-Wahl noch viel Arbeit.
Auf die Wiener ÖVP und Manfred Juraczka wartet bis zur Wien-Wahl noch viel Arbeit. ©APA/Hermann Fohringer
Der Wiener ÖVP droht bei der Gemeinderatswahl am 11. Oktober das nächste Fiasko. Die Zeiten, in denen die Schwarzen auch in der Bundeshauptstadt eine Großpartei waren, sind lange vorbei.
ÖVP: "Kurswechsel, jetzt!"
Juraczka will mehr Gymnasien

Schwarze Machtzentren sehen anders aus: Die ÖVP hat in der Bundeshauptstadt schon seit geraumer Zeit kein leichtes Leben. Die Wiener Landespartei ist in den vergangenen fast 25 Jahren nicht mehr über die 20-Prozent-Marke gekommen. Bei der Wien-Wahl 2010 fuhr die Rathauspartei mit 13,99 Prozent sogar das schlechteste Hauptstadt-Ergebnis aller Zeiten ein.

Mit diesem Resultat ist man auch bundesweit das Schlusslicht. Nur die Kärntner ÖVP kann bei diesen Zahlen mit zuletzt 14,40 Prozent (2013) einigermaßen mit den Wiener Kollegen mithalten. Das südlichste Bundesland ist auch jenes, in dem die Schwarzen – unter Berücksichtigung aller Landtagswahlen seit 1945 – schlechter abgeschnitten haben als die Wiener ÖVP 2010: Die Kärntner Volkspartei kam 2004 gerade einmal auf 11,64 Prozent.

Kontinuierlicher Abstieg

Dabei war die ÖVP selbst in der Bundeshauptstadt durchaus einmal eine Großpartei – wenn auch freilich stets im Schatten der übermächtigen Wiener Roten. Konstant lag man – mit zwei Ausnahmen 1969 und 1973 – über dem 30-Prozent-Wert. Das bisher beste Resultat schafften die Rathaus-Konservativen 1983 unter Obmann Erhard Busek. Der Stimmenanteil kletterte damals auf 34,82 Prozent. Busek – ab 1976 ÖVP-Landeschef – war es auch, der den Schwarzen in Wien mit seinen legendären “bunten Vögeln” einen modernen urbanen Anstrich gab.

Nachdem Busek der Kommunalpolitik Ende der 1980er-Jahre den Rücken gedreht hatte, begann – zeitgleich mit dem Aufstieg der FPÖ und dem erstmaligen Einzug der Grünen in den Landtag – auch der Sturzflug der Wiener Landesgruppe. Beim Urnengang 1991 sackte die ÖVP um mehr als zehn Prozentpunkte auf 18,05 Prozent ab. Seither versucht die schwächelnde schwarze Rathaustruppe, an die alten Erfolge auch nur annähernd anzuschließen – vergeblich, wie der Negativrekord aus 2010 zeigt.

Realpolitisch hat man über die Jahrzehnte hin ebenfalls merkbar an Einfluss verloren. Zwischen 1945 und 1973 trugen die Schwarzen durchgehend Regierungsverantwortung – freilich von SPÖ Gnaden. Denn obwohl die Roten mit einer absoluten Mehrheit auch allein regieren hätten können, überließen sie der ÖVP freiwillig amtsführende Stadtratsposten. Nach dem Auseinanderbrechen dieser Zusammenarbeit gab es noch einmal eine rot-schwarze Koalition, als die SPÖ 1996 die Absolute verloren hatte – die sie 2001 wieder zurückgewinnen und bis 2010 halten konnte. Mit Peter Marboe wirkte fünf Jahre lang ein ÖVP-Mann als Kulturressortchef in Wien.

Droht der nächste Absturz?

Die Vorzeichen für die diesjährige Wahl stehen für die ÖVP wieder nicht automatisch auf Sieg. Einerseits konnte der seit 2012 werkende Obmann Manfred Juraczka das Profil der Landespartei nicht wirklich schärfen und – abgesehen von der zwischenzeitlichen Anti-Parkpickerl-Kampagne – kaum mit oppositioneller Themenführerschaft auffallen. Dazu kommt, dass der Spitzenkandidat immer noch mit niedrigen Bekanntheitswerten zu kämpfen hat. Andererseits werden mit den NEOS heuer erstmals Konkurrenten antreten, die ebenfalls im ÖVP-affinen Klientel von Unternehmern und Wirtschaftsliberalen reüssieren wollen. Umfragen prophezeien den Stadt-Schwarzen regelmäßig einen weiteren Absturz – manche sogar auf ein einstelliges Ergebnis.

Um die junge Wählerschaft anzusprechen, baute Juraczka mit seinem Vorstand das Team für die Zeit nach der Wahl vor kurzem noch deutlich um. Junge, vor allem weibliche Kandidaten wurden anstelle einiger altgedienter Funktionäre, die jetzt mittels Vorzugsstimme um ein Mandat kämpfen müssen, fix gesetzt. Sollte der Erfolg dennoch ausbleiben, wird nach der Wahl wohl bald die Debatte um einen neuen Parteiobmann aufflammen. Ein Ritual, das in der ÖVP allerdings fast schon Tradition hat: Denn seit 1945 hat die Wiener Landesgruppe nicht weniger als 17 Obleute gesehen.

>> Alle Informationen zur Wien-Wahl 2015 finden Sie in unserem Themen-Special

(APA, Red.)

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • ÖVP Wien: Auf der Suche nach dem Glanz der Vergangenheit
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen