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Israilov-Prozess: Strenge Kontrollen, reges Medieninteresse

Prozess gegen drei Männer wegen Mordes im Fall Israilov im Grossen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts
Prozess gegen drei Männer wegen Mordes im Fall Israilov im Grossen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Im Wiener Straflandesgericht hat am Dienstag mit 20-minütiger Verspätung der Prozess um den Mord am tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov begonnen, der am 13. Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf auf offener Straße erschossen wurde.
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Die Verzögerung resultierte aus dem enormen Medieninteresse, zahlreiche nationale und internationale Berichterstatter hatten sich im Großen Schwurgerichtssaal eingefunden. Als die Angeklagten in den Gerichtssaal geführt wurden, richteten sich Dutzende Foto- und Filmkameras auf die drei Männer, denen vorgeworfen wird, das Verbrechen organisiert bzw. direkt ausgeführt zu haben.

Die Verhandlung fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Neben den Sicherheitsschleusen im Eingangsbereich des Gerichtsgebäudes waren vor dem Schwurgerichtssaal weitere Schleusen installiert worden, womit sich Prozessberichterstatter und -besucher zwei eingehenden “Checks” zu stellen hatten, ehe sie in den Saal durften.

In diesem hatten sich zahlreiche Beamte des Verfassungsschutzes platziert. Unter den Zusehern befanden sich auch die Witwe und der Vater Israilovs, wobei deren Rechtsvertreterin Najda Lorenz die Journalisten darauf aufmerksam machte, dass die Publikation von Bildern der Hinterbliebenen medienrechtliche Konsequenzen zur Folge hätten: “Die Angehörigen sind mit Fotos nicht einverstanden.”

Staatsanwalt Leopold Bien kündigte einen ausführlichen Anklagevortrag an, wobei er den Geschworenen zur Erholung eine kurze Pause nach der ersten Stunde in Aussicht stellte.

Als Hauptangeklagter gilt Otto K. (42), ein in St. Pölten wohnhafter, aus Tschetschenien stammender Versicherungsmakler. Er soll “die Gesamtverantwortung für die Operation, deren logistische Vorbereitung und Koordinierung” inne gehabt und “Kontakt zur tschetschenischen Führung” gehalten haben, ist der Anklageschrift zu entnehmen.

Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sieht in Tschetscheniens Präsidenten Ramsan Kadyrow den Drahtzieher des Komplotts, wobei die Ermittler in ihrem Abschlussbericht einen “definitiven Tötungsauftrag” vom Juni 2008 erwähnen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Staatschef und geht dabei davon aus, dass die ursprüngliche Intention darauf gerichtet war, den 27 Jahre alten Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu verbringen, nachdem dieser gegen den Präsidenten ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestrengt hatte. Der Anklagebehörde reicht die Beweislage derzeit aber nicht aus, um gegen diesen Anklage zu erheben und einen internationalen Haftbefehl auszustellen.

Otto K. war dem Vernehmen nach ein enger Vertrauter Kadyrows. Er soll Suleyman D. (36), der nun mit ihm als Zweitangeklagter die Anklagebank teilt, und Letscha B. den Auftrag erteilt haben, “Umar Israilov zu überwältigen und zu verbringen oder ihn, falls dieses Vorhaben scheitern sollte, zu töten”, heißt es in der Anklage. Suleyman D. war laut Darstellung der Strafverfolgungsbehörde intensiv in die Planung eingebunden.

Angegriffen wurde Israilov nach Ansicht des Staatsanwalts von Letscha B. und Turpal-Ali Y. (31), dem Bruder des Polizei-Spitzels Kosum Y., der bei der Vorbereitung der Tat und dem anschließenden Bemühen, Spuren zu verwischen, ebenfalls eine Rolle gespielt haben könnte. Während Turpal-Ali Y. als Drittangeklagter bereits jetzt vor Geschworene muss, wird gegen seinen älteren Bruder noch wegen möglicher Beitragstäterschaft ermittelt. Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz zählt Kosum Y. zu einem 30 Köpfe umfassenden terroristischen Netzwerk, das Kadyrow in Österreich unterhalten soll.

Von Letscha B., der die tödlichen Schüsse auf Israilov abgegeben haben soll, fehlt jede Spur. Er hatte sich nach der Tat ins Ausland abgesetzt und dürfte mittlerweile nach Tschetschenien zurückgekehrt sein.

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