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"nackte männer" im Leopold Museum: Eröffnung der Aufreger-Ausstellung

Besucherinnen der Ausstellung "Nackte Männer" im Leopold Museum in Wien
Besucherinnen der Ausstellung "Nackte Männer" im Leopold Museum in Wien ©APA/ROLAND SCHLAGER
Am Donnerstagabend wird in Wien eine Ausstellung eröffnet, die schon im Vorfeld für viel Wirbel sorgte: "nackte männer". Bei der Schau im Leopold Museum werden rund 300 Werke gezeigt, die einen Bogen über 200 Jahre männlicher Akte in der Kunst spannen.
Bei der Eröffnung
"Penis ist nur ein Annex"
Protest gegen Nackt-Sujet
"Mr. Big" vor dem Museum

Wie berichtet, hat sich das Wiener Leopold Museum wegen der zahlreichen Beschwerden zum Sujet der Ausstellung “nackte männer. von 1800 bis heute” wenige Tage nach der Affichierung der Plakate zu einer Überklebung der Genitalien auf dem Werbesujet entschlossen, das ein Werk der französischen Künstler Pierre & Gilles zeigt.

Drei Fußballer als “nackte männer”-Sujet

Am Donnerstagabend eröffnet nun jedoch die Schau, die sich alles andere als aufdringlich mit dem männlichen Akt in der Kunstgeschichte der vergangenen 200 Jahre auseinandersetzt und den kulturellen Wandel des “Mannsbilds” nachzeichnet.

Zugegeben: Das Leopold Museum hätte statt der drei nackten französischen Fußballer (die eigentlich Models sind), auch weniger Anstoß erregende Werke für das Plakatsujet heranziehen können. Ein Blick auf die Ausstellung zeigt aber, dass der Kurator und museologischer Direktor Tobias Natter auch durchaus angriffslustiger hätte sein können. Der Fundus an möglichen Aushängeschildern ist jedenfalls denkbar umfangreich: Rund 300 Exponate umfasst die Schau, die sich sowohl chronologisch wie auch thematisch der bisher kaum explizit in den Mittelpunkt gerückten männlichen Nacktheit in der Kunst widmet.

Über die Ausstellung

Die Entwicklung des nackten Mannes als Thema der Kunst von der rein ästhetischen, eher harmlosen Darstellung, in denen die Penisse auch oft (halb) verdeckt wurden, bis hin zur expliziten Thematisierung sexueller Handlungen (wie Masturbation oder Penetration) zeigt sich im Laufe der Schau nicht immer jugendfrei. Besonders in den Werken nach 1945 tritt die Wirkung von Nacktheit immer stärker in den Vordergrund, was zartbesaitete Besucher (oder Kinder) durchaus verstören könnte.

Als Vorbote empfängt bereits seit zwei Wochen Ilse Haiders überlebensgroße Skulptur “Mr. Big” im Museumsquartier die Besucher. Ab morgen, Freitag, können Interessierte auch im Inneren des Leopold Museums der Nacktheit auf den Grund gehen. Den Anfang macht ein Prolog, der über 5000 Jahre reicht und den Bogen von der ägyptischen Statue des Snofrunefer (um 2400 v. Chr.) über den “Jüngling vom Magdalensberg” (Abguss aus dem 16. Jh.) und Auguste Rodins “Das eherne Zeitalter” (1875/76) bis zu Fritz Wotrubas “Torso” (1930) und schließlich Heimo Zobernigs Schaufensterpuppe (“Ohne Titel”, 2011) spannt.

Namhafte Exponate im Leopold Museum

Diesem opulenten Empfang folgt der Schwerpunkt “Klassizismus und Aufklärung”, der Themen wie den “Aktsaal und die Folgen”, “Das antike Ideal” und “Helden als kulturelles Muster” umfasst. Hier zeigen Natter und Co-Kuratorin Elisabeth Leopold so unterschiedliche Werke wie Koloman Mosers “Männliche Aktstudie” (um 1888), Elmgreen & Dragsets “Sheperd Boy (Tank Top)” (2009) oder eben das Plakatmotiv “Vive la France” (2006) von Pierre & Gilles.

Im Schwerpunkt “Klassische Moderne” widmet man sich Themenblöcken wie “Beisammensein im Bade”, wo etwa Paul Cezannes “Sieben Badende” (um 1900) oder Edvard Munchs “Badende Männer” (1915) gezeigt werden. Egon Schiele, Richard Gerstl und Anton Kolig sind mit mehreren großteils hauseigenen Werken im Block “Wien um 1900” zu sehen. Einen Kontrapunkt setzt der dritte Schwerpunkt mit Kunst nach 1945: “Weibliche Blicke” auf den männlichen Akt liefern etwa Elke Krystufek mit dem großformatigen “You don’t want to be one of those Picabias you say” (2009), Maria Lassnings “Woman Laokoon” (1976) oder die Fotoarbeit “Alone in the Brown Room” (1998) von Annika von Hausswolff.

Künstler von Andy Warhol bis Otto Muehl

Der “männliche Blick” ist durch Positionen von Günter Brus, Andy Warhol oder David Hockney vertreten. Besonders eindrucksvoll ist der Abschluss der Ausstellung, der sich dem “Ich zwischen Norm und Aufbegehren” widmet und etwa eine starke Fotostrecke von Tomislav Gotovac (“Foxy Mister”, 2002), zwei Werke von Robert Mapplethorpe (“Cock and Jeans”, 1978 und “Man in Polyester Suit”, 1980) oder das verstörende Otto Muehl-Werk “Jesus schlägt zurück” (1984) versammelt.

Letzteres kommentierte Elisabeth Leopold, die die Idee zu dieser Ausstellung bereits vor drei Jahren hatte, ausführlicher. Otto Muehl (auch: Otto Mühl) sei zwar als Mensch umstritten, als Maler jedoch habe er Genie bewiesen. Gerade das gezeigte Werk versammle Muehls “ganze vulgäre Ausdrucksweise” und thematisiere die geistige Idee der christlichen Nächstenliebe und ihre mangelnde Ausübung über die Jahrtausende hinweg.

Keine Kooperation mit Lentos-Museum

Leopold, die ihre Rolle als Co-Kuratorin augenzwinkernd vor allem darin sah, Natters Konzept “in jedem Raum einmal zu stören”, verlieh auch ihrem Bedauern Ausdruck, dass sie das Lentos in Linz, das demnächst auch eine Ausstellung zu nackten Männer zeigt (“Der nackte Mann”, ab 26. Oktober), nicht zu einer Zusammenarbeit bereit gewesen sei. Tobias Natter unterstrich jedoch, dass es “kein Problem” sei, dass es demnächst zwei Ausstellungen zum Thema gibt, da sie bestimmt unterschiedliche Handschriften tragen würden, zumal eine Ausstellung zum Thema “längst überfällig” gewesen sei.

Zur Plakatüberklebung hielt Peter Weinhäupl, kaufmännischer Direktor, fest, dass “der rote Balken keinen Rückzug bedeutet”, vielmehr wolle man damit einerseits jenen entgegenkommen, die Anstoß daran fanden, andererseits auch auf die Ausstellung neugierig machen. “Sex sells, das ist wahr. Aber das wäre auch einfacher zu haben gewesen,” fasst Natter die Kontroverse zu “nackte männer” zusammen.

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