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"Die Liebe unter Aliens": Neue Erzählungen von Terezia Mora

Für ihre "Ophelia"-Geschichte erhielt die Ungarin Terezia Mora 1999 den Bachmann-Preis
Für ihre "Ophelia"-Geschichte erhielt die Ungarin Terezia Mora 1999 den Bachmann-Preis ©Luchterhand / APA Archiv
Bachmann-Preisträgerin und Buch Wien-Eröffnungsrednerin Terezia Mora schildert in ihrem jüngsten Band mit Erzählungen das Leben auf verlorenem Posten, die Sehnsucht nach verlorenen Eltern und verlorenen Kindern. "Die Liebe unter Aliens" ist unser Buch-Tipp der Woche.
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Irgendwie sind sie einander verwandt, die Helden oder Antihelden von Terezia Mora: Darius Kopp, den sie in zwei gefeierten Romanen begleitet hat, und, auf viel kürzeren Reisen, die aber genauso ins nirgendwo führen, Tom und Ella und Zsofia und Mario, denen die ungarisch-deutsche Autorin ihren neuen Erzählband gewidmet hat.

Verloren und verkifft, treuselig und schutzlos

“Die Liebe unter Aliens” nennt er sich, nach der Erzählung von Tom und Sandy, die gerne ans Meer trampen wollen. Ein rührendes Pärchen, verloren und verkifft, treuselig und schutzlos. Mora erzählt keine Geschichten, sie erzählt Menschen, die in diesem Buch mit seinen kurzen Einblicken in ein scheinbar wahllos herausgegriffenes Stück Alltag wohnen wie Nachbarn in einem Apartmentkomplex. Menschen, die alle auf verlorenem Posten leben, jeder auf seine Art.

Tom hat nach dem Tod seiner Mutter überrascht gemerkt, dass er ohne sie nicht zu leben versteht. Die junge Fotografin Ella, zwei Geschichten weiter, sieht ihren Sohn nur am Wochenende zu Hause bei den Eltern und kämpft sonst den ganzen Tag über mit dem Schlaf. Mario hat sich selbst und seinen Eltern vorgespielt, er sei Anwalt. Nun ist nur das große Haus übrig, vollgestopft mit der wertlosen Möbelsammlung, und eine große Leere.

“Die Liebe unter Aliens”: Erzählband mit Potenzial

Es geht um die Sehnsucht nach verlorenen Eltern und nach verlorenen Kindern, verloren durch das Erwachsenwerden, durch Scheidung, durch Lebensunfähigkeit, durch Tod. Es geht um lächerliche, aber unzerstörbare Hoffnungen, die Mora mit so großer Nüchternheit schildert, dass man ihr die übertriebene Zärtlichkeit gegenüber ihren orientierungslosen Geschöpfen gar nicht übel nehmen muss.

“Die Liebe unter Aliens” ist der Idealfall eines Erzählbandes. Über jede einzelne Figur hätte man auch gerne einen Roman gelesen. Und irgendwie – am Ende – ist es auch einer gewesen. Viele Erzählungen, aber ein Text. Darüber, wie unterschiedlich Menschen sind und wie ähnlich zugleich. Darüber, das wir alle ein Stück weit allein auf der Welt sind. Aber manche noch ein bisschen mehr.

Terezia Mora: “Die Liebe unter Aliens”, Luchterhand Literaturverlag, 272 Seiten, 22,70 Euro

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(apa/red)

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