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Das Amt des Bundespräsidenten

Das repräsentative Amt des österreichischen Bundespräsident.
Das repräsentative Amt des österreichischen Bundespräsident. ©AFP (Sujet)
Heinz Fischer mahnte die Bundespräsidentschaftskandidaten vor "Allmachtsfantasien". Dem schloss sich Verfassungsrechtler Theo Öhlinger an und nennt Gedankenspiele über die Entlassung der Regierung oder die Auflösung des Nationalrates "Machtphantasien, die keinen realen Hintergrund haben". Das Amt des Bundespräsidenten ist anders aufgebaut.

Denn das Amt des Staatsoberhauptes sei zwar “kein ganz schwaches”, aber “auf keinen Fall ein starkes Amt”. In der Frage der Angelobung müsse der Bundespräsident eine Regierung, die im Nationalrat eine Mehrheit hat, im Grunde genommen akzeptieren. Das habe sich 2000 gezeigt, erinnert Öhlinger an die schwarz-blauen Koalition.

Der Bundespräsident: Starke Kompetenzen, in der Praxis begrenzt

Damals zeigte sich, wie eingeschränkt der Präsident bei der Regierungsbildung de facto ist: Während der von Bundespräsident Thomas Klestil präferierte Sozialdemokrat Viktor Klima “Sondierungsgespräche” führte, verhandelte die ÖVP nach der 1999er Wahl mit der FPÖ und stellte Klestil schließlich vor vollendete Tatsachen. Er musste die schwarz-blaue Koalition im Februar 2000 gegen seinen Willen angeloben. Klestil blieb es nur noch vorbehalten, zwei Freiheitliche von der Ministerliste zu streichen.

Rein nach dem Buchstaben der Verfassung hat der österreichische Bundespräsident freilich zumindest theoretisch eine starke Position – und die stärkste Rolle hat er bei der Regierungsbildung. Direkt vom Volk gewählt ist er faktisch unabsetzbar und hat formell freie Hand bei der Ernennung des Bundeskanzlers sowie bei der Absetzung der Regierung. In der Praxis ist die Macht des Präsidenten allerdings stark eingeschränkt. Die Absetzung einer Regierung durch den Bundespräsidenten ist bisher nie vorgekommen.

Regierungsbildung und -absetzung

Bei der Regierungsbildung nach Wahlen hat er freie Hand bei der Nominierung des Bundeskanzlers und darf einzelne Minister ablehnen, wenn er sie für ungeeignet hält. Zudem kann er die gesamte Regierung (nicht aber einzelne Minister) ohne nähere Begründung absetzen. De facto kann der Präsident bei der Regierungsbildung aber nicht gegen den Willen der Parlamentsmehrheit agieren, da der Nationalrat jede Regierung mit einfacher Mehrheit kippen kann.

Abgesehen von Regierungsbildung und -absetzung ist der Bundespräsident in seinem Handeln grundsätzlich an Vorschläge der Bundesregierung gebunden. Eine seiner zentralen Funktionen neben der Ernennung der Bundesbeamten ist die Überprüfung des verfassungsmäßigen Zustandekommens der Bundesgesetze, wobei hier explizit keine inhaltliche Beurteilung der Gesetze vorgesehen ist. Heinz Fischer war der erste Bundespräsident, der ein Gesetz nicht unterschrieb: 2008 gab er einer Novelle zur Gewerbeordnung nicht seine Zustimmung, weil eine Verwaltungsstrafbestimmung noch vor der Kundmachung des Gesetzes in Kraft treten sollte.

Außerdem obliegt dem Bundespräsidenten die Vertretung der Republik nach außen, er ist Oberbefehlshaber des Bundesheeres und ist zuständig für Begnadigungen. Äußerst schwierig ist die Absetzung des vom Volk gewählten Staatsoberhauptes. Die Verfassung sieht lediglich zwei Möglichkeiten vor: Erstens eine Anklage vor dem Verfassungsgericht wegen Verletzung der Bundesverfassung. Zweitens eine von der Bundesversammlung auf Antrag des Nationalrates (Zwei-Drittel-Mehrheit) zu beschließende Volksabstimmung – ein für Regierung und Abgeordnete sehr riskanter Weg: Sollte das Volk die Absetzung ablehnen, gilt der Nationalrat als aufgelöst. Neuwahlen wären die Folge.

Seine stärksten Kompetenzen erhielt der Bundespräsident erst durch die Verfassungsnovelle von 1929. Sie brachte die von vier auf sechs Jahre verlängerte Amtsperiode und die Möglichkeit, die Regierung zu entlassen sowie (auf Vorschlag der Regierung) den Nationalrat aufzulösen. Eingesetzt wurde diese Machtfülle aber nur ein einziges Mal von Wilhelm Miklas im Jahr 1930; die folgenden Wahlen brachten aber nicht das gewünschte Ergebnis, sondern eine schwere Schlappe für die regierenden Christlich-Sozialen. Die ebenfalls ab 1929 vorgesehene Volkswahl kam erst zwei Jahrzehnte später erstmals zur Anwendung. Erster direkt gewählter Präsident war 1951 Theodor Körner.

Die Präsidentschaftskanzlei – Ein Bundespräsident und 73 Mitarbeiter

Der Bundespräsident ist der ranghöchste Vertreter der Republik. Bei seinen vielfältigen Aufgaben stehen ihm 73 Mitarbeiter der Präsidentschaftskanzlei zur Seite. Sie bereiten Staatsbesuche vor, schreiben Reden und prüfen Gesetze. Mit 8,2 Mio. Euro ist die Präsidentschaftskanzlei der kleinste Budgetposten im Bundeshaushalt.

Öffentlich in Erscheinung tritt der Bundespräsident bei der Angelobung der Regierung, mit der jährlichen Fernsehansprache und gelegentlichen Stellungnahmen zu aktuellen Themen, Reden bei großen Veranstaltungen oder wenn er Gäste aus dem Ausland empfängt bzw. auf Staatsbesuch fährt. Für Aufsehen gesorgt hat Heinz Fischer im Jahr 2008 damit, dass er erstmals das Recht des Bundespräsidenten nützte, ein Gesetz (eine Novelle zur Gewerbeordnung) nicht zu unterschreiben, weil es nicht verfassungskonform zustande gekommen ist.

In der Präsidentschaftskanzlei werden alle Gesetze diesbezüglich überprüft. Erst mit der Unterschrift des Präsidenten können sie in Kraft treten. In Verfassungsfragen unterstützt wird Heinz Fischer durch den früheren VfGH-Präsidenten Ludwig Adamovich. Der Bundespräsident ist kraft Verfassung auch Oberbefehlshaber des Bundesheeres, als Verbindungsmann zur Armee hat er einen persönlichen Adjutanten in seiner Kanzlei sitzen.

Große Verdienste – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – werden Fischer in der Pflege der internationalen Beziehungen attestiert. Von 2004 bis 2016 war er 191 mal auf Auslandsreise und besuchte dabei 75 Länder. 100 davon waren bilaterale Staatsbesuche, offizielle Besuche und Arbeitsbesuche – das ergibt jährlich acht bis neun Auslandsreisen. In der Hofburg empfangen hat Fischer in den vergangenen Jahren 450 Staatsgäste, darunter Staatsoberhäupter aus 76 Ländern, zog Präsidentensprecherin Astrid Salmhofer für die APA Bilanz.

Die Arbeit des Staatsoberhauptes

Wo sich der Bundespräsident gerade aufhält, sieht man mit einem Blick auf die Hofburg: Dort ist die rot-weiß-rote Fahne mit dem Staatswappen gehisst, wenn das Staatsoberhaupt in Österreich ist. Begibt er sich in Ausland, wird sie eingezogen. Bei Staatstrauer weht die Fahne auf Halbmast.

Viel Arbeit macht den fünf Mitarbeitern des Presse- und Informationsdienstes die Tatsache, dass der Bundespräsident gern gesehener Redner bei Veranstaltungs-Eröffnungen und Autor von Gruß- und Geleitworten ist. Mehr als 200 Reden jährlich werden für ihn entworfen, Fischer hält viele aber auch ohne Manuskript. Dazu kommen jährlich 180 Grußworte (auch Videogrußbotschaften) und 200 Geburtstags-Glückwünsche an prominente Österreicher.

Verdiente Bürger des Landes können auf ein Ehrenzeichen hoffen – das auf Vorschlag der Bundesregierung der Bundespräsident verleiht. Rund 1.000 “Orden” – von der “Bronzenen Medaille” bis zum “Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande” – werden jährlich verliehen, wenige davon überreicht der Bundespräsident persönlich.

Kontakt mit “Normalbürgern”

“Normalbürger” können sich über das Bürgerservice an den Bundespräsidenten wenden – und sie tun dies auch zahlreich: In 100 Mails an Heinz.Fischer@hofburg.at, etwa 100 Briefen und zahlreichen Anrufen täglich tragen Bürger “Probleme aller Art” vor. Die Themen sind vielfältig, berichtet Salmhofer – von aktuellen Entwicklungen über das Amt des Bundespräsidenten “bis hin zum TV-Programm”. Für einige wenige besondere Institutionen – etwa das Rote Kreuz – hat der Präsident in Würdigung ihrer Arbeit die Schirmherrschaft übernommen, für bedeutende kulturelle oder karitative Veranstaltungen den Ehrenschutz.

Wenig, aber doch noch gefragt war in Fischers Amtszeit die Kompetenz, uneheliche Kinder zu legalisieren. Fünf solcher Ansuchen kam Fischer nach. Außerdem kann der Bundespräsident Häftlinge (mit maximal fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen leichterer Delikte) begnadigen, 20 waren es zu Weihnachten 2015.

Dem Bundespräsidenten die Hand schütteln konnten tausende Bürger jährlich beim “Tag der Offenen Tür” in der Hofburg am 26. Oktober – und auch bei verschiedenen Veranstaltungen im Zuge seiner Bundesländer-Besuche. Außerdem hat Fischer seit 2004 immer wieder Jugendliche zum “SchülerInnentag” in die Hofburg geladen.

Die Kosten für die Präsidentschaftskanzlei betragen etwa 8,2 Mio. Euro jährlich (laut Budgetplan 2016) – es ist damit der kleinste Posten im Bundesbudget, noch hinter der Volksanwaltschaft (10,6 Mio. Euro).

>> Mehr Infos zur Bundespräsidentschaftswahl 2016

(apa/red)

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