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Zweieinhalb Jahre Haft für Peter Hochegger

Gericht sah Parteispende über Scheinrechnungen in Höhe von 960.000 Euro als erwiesen an.
Gericht sah Parteispende über Scheinrechnungen in Höhe von 960.000 Euro als erwiesen an. ©APA
Mit vier Schuldsprüchen und einem Freispruch ist in der Nacht auf Samstag im Wiener Straflandesgericht der sogenannte Telekom IV-Prozess um die inkriminierten Zahlungen der Telekom Austria (TA) in Höhe von insgesamt 960.000 Euro zu Ende gegangen, die dem BZÖ zur Finanzierung des Nationalratswahlkampfs im Herbst 2006 zugeflossen sein sollen.
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Der Lobbyist Peter Hochegger erhielt wegen Beitrags zur Untreue und falscher Aussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zweieinhalb Jahre unbedingte Haft.

Weitere teilbedingte Haftstrafen

Jeweils Schuldsprüche setzte es wegen Beitrags zur Untreue und falscher Aussage vor dem U-Ausschuss für den Ex-BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer, den BZÖ-nahen Werber Kurt S. sowie den vormaligen Sprecher von Ex-BZÖ-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger. Sie fassten jeweils teilbedingte Freiheitsstrafen aus: Wittauer bekam zwei Jahre (davon drei Monate unbedingt), S. zweieinhalb Jahre (davon fünf unbedingt), Pöchinger zwei Jahre (davon acht unbedingt). Der vormalige Vorstand der Telekom Austria (TA), Rudolf Fischer, wurde demgegenüber von dem Vorwurf der Untreue sowie der Falschaussage freigesprochen.

BZÖ muss 960.000 Euro bezahlen

Weil nach Ansicht des Gerichts unter dem Vorsitzenden Michael Tolstiuk die unrechtmäßigen Zahlungsvorgänge beim BZÖ eine Bereicherung zur Folge hatten, wurde dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Abschöpfung stattgegeben. Das BZÖ muss demnach 960.000 Euro als Strafe bezahlen. Wie der Rechtsvertreter des BZÖ, Alexander Scheer, zuvor im Rahmen der Verhandlung dargelegt hatte, macht dieser Betrag ein Viertel des Wahlkampfbudgets der Orangen für den aktuellen Nationalratswahlkampf aus.

Der Richter zeigte sich in der Urteilsbegründung überzeugt, dass der gesamte Betrag, der von der Telekom über die beiden BZÖ-nahen Werbeagenturen geflossen war, zur Gänze in den Einflussbereich des BZÖ gelangte.

Das BZÖ will gegen die Entscheidung berufen. “Wir vertrauen der Justiz und erwarten uns erneut eine gegenteilige Entscheidung in der nächsten Instanz”, teilte die Partei Samstagfrüh in einer Aussendung mit. Man werde sich “notfalls” an den nun verurteilten Ex-Parteileuten schadlos halten.

Urteile nicht rechtskräftig

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Telekom Austria (TA) dem BZÖ im Wahljahr 2006 über Scheinrechnungen verdeckt insgesamt 960.000 Euro zukommen ließ, wie Richter Michael Tolstiuk bei der Urteilsverkündung mitteilte. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Es sei besprochen worden, Maßnahmen zu setzen, um für die Telekom eine “günstige” Änderung der sogenannten Universaldienstverordnung zu erreichen, erläuterte Tolstiuk. Damit betraut worden sei der Lobbyist Peter Hochegger. Dieser habe in Erfahrung gebracht, dass dies eine Million Euro kosten würde und habe dies Gernot Schieszler – damals Telekom-Manager, heute Kronzeuge – mitgeteilt.

Schöffensenat: Hochegger handelte vorsätzlich

Hochegger sollte demnach Agenturen als Empfänger nennen – Schieszler habe das Geld verdeckt ausbezahlen wollen, es sei klar gewesen, dass es sich um eine Parteispende handeln sollte, die nicht in der Öffentlichkeit aufscheinen sollte.

Es habe dann ein Treffen zwischen Hochegger und dem damaligen BZÖ-Abgeordneten Klaus Wittauer gegeben, wo auch über die rund eine Million gesprochen wurde und außerdem, ob Werber Kurt S. “loyal” sei und das Geld über ihn dem BZÖ zufließen könne, erklärte der Richter. Hochegger habe Schieszler in Folge mitgeteilt, dass sich Werbeagenturen melden werden. Hochegger habe vorsätzlich gehandelt, weil er wusste, dass das Geld von der Telekom kam, meinte der Schöffensenat, wobei er sich auf Aussagen Schieszlers und des Ex-BZÖ-Abgeordneten Wittauers stützte.

S. habe in weiterer Folge vorsätzlich Anbote über 720.000 Euro an die Telekom übermittelt, und diesem sei klar gewesen, dass das Datum nicht stimmte und der Vertragsinhalt nie erbracht werden sollte, dass es sich also um Scheinrechnungen handelt.

Tolstiuk: Fischer-Gegenzeichnung “vorsatzlos”

Der Vergabeakt selbst sei dann u.a. vom damaligen Telekom-Vorstand Rudolf Fischer gegengezeichnet worden – allerdings “vorsatzlos”, wie Tolstiuk darlegte. Das Gericht konnte demnach im Zweifel nicht feststellen, dass Fischer bewusst war, dass diesen Anboten keine tatsächlichen Leistungen gegenüberstanden. Er sei hier quasi als “Werkzeug” benutzt worden, schlussfolgerte der Schöffensenat.

Die bereits Anfang August zu 20 Monaten bedingt verurteilte Werberin Tina H. sollte wiederum den Vorzugsstimmenwahlkampf der damaligen Justizministerin Karin Gastinger bestreiten, um dessen Finanzierung sich ihr Pressesprecher Christoph Pöchinger gekümmert habe, so Tolstiuk. Pöchinger sei deswegen zu Wittauer gegangen. Die Telekom habe einen Text für ein Anbot an H. im Wert von 240.000 Euro geschickt, der sie verwundert habe, worauf sie Rücksprache bei Pöchinger hielt, führte der Richter aus. Pöchinger habe sie bestärkt, dass das “in Ordnung” sei. Pöchinger habe sehr wohl gewusst, dass das Geld von der Telekom stamme, erläuterte Tolstiuk den Vorsatz. Auch H. schickte in der Folge eine vordatierte Rechnung an die Telekom.

Als Gastinger ihren Austritt aus dem BZÖ bekannt gab, sei Geld übrig geblieben, das H. mittels Scheinrechnung an Werber S. weiterleitete, damit es weiter im Wahlkampf verwendet werden konnte, so Tolstiuk.

Hochegger-Lebenswandel mildernd

Als Milderungsgründe führte der Richter bei Hochegger einen ordentlichen Lebenswandel an, erschwerend wirkte u.a. die 19-fach überschreitende Wertgrenze. Ebenso verhielt es sich bei Wittauer, bei dem mildernd noch eine teilweise Schadenswiedergutmachung und sein Geständnis dazukamen. Werber S. wurde ebenfalls sein ordentlicher Lebenswandel sowie sein Beitrag zur Wahrheitsfindung angerechnet, erklärte Tolstiuk. Bei Pöchinger kam eine Vorstrafe erschwerend zum Tragen.

Hinsichtlich der Schuldsprüche wegen falscher Beweisaussage im U-Ausschuss merkte Tolstiuk an, dass die entsprechenden Worte jeweils zu einem Zeitpunkt gefallen seien, als den jeweiligen Sprechern bewusst gewesen sei, dass sie vorsätzlich die Unwahrheit sagen.

BZÖ-Strafe mit “Verfügungsmacht” begründet

Dass das BZÖ nun 960.000 Euro – das ist sogar mehr, als der Staatsanwalt beantragt hatte – zurückzahlen muss, begründete der Richter damit, dass das Geld mit der Auszahlung an die beiden Agenturen in die “Verfügungsmacht” des BZÖ und seiner Verantwortlichen gelangt sei. Die Härteklausel kam deshalb nicht zum Tragen, da nach Meinung des Schöffensenats das BZÖ schon 2012 mit einer möglichen Abschöpfung rechnen musste.

Die Privatbeteiligte Telekom wurde mit Ausnahme ihrer gegen Wittauer angemeldeten Ansprüche auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zulasten Wittauers bekam die Telekom 100.000 Euro zugesprochen – diesen Betrag hatte der Ex-BZÖ-Politiker zuvor bereits anerkannt. Zu sämtlichen darüber hinausgehenden Forderungen habe man keine eindeutigen Feststellungen treffen können, weshalb das Unternehmen diese zivilgerichtlich betreiben muss.

(APA)

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