Die eigens eingerichtete Kommission zur Untersuchung der Missbrauchsfälle im ehemaligen Heim am Wiener Wilhelminenberg wird unter der Leitung von Dr. Barbara Helige stehen. Dies gab Stadtrat Christian Oxonitsch am Freitag bekannt. Helige (geboren 1958) wird die Aufgabe übernehmen, die Fälle federführend aufzuarbeiten. Sie ist die vormalige Präsidentin der Richtervereinigung und derzeitige Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte.
Seit 1985 ist Helige Richterin in den Sparten Familien- und Exekutionsrecht. Oxonitsch unterstrich einmal mehr den Wunsch der Stadt nach lückenloser Aufklärung. Besonders erfreut sei man deshalb, dass gerade Helige für diese Aufgabe zur Verfügung stehe.
Vier bis fünf weitere Experten im Team
Das neue Gremium wird sich unter anderem mit den massiven Vorwürfen zweier Frauen beschäftigen, die von Fällen von Kinderprostitution und Serienvergewaltigungen im einstigen städtischen Heim berichtet haben. Als Bedingungen für eine umfassende Aufklärung nannte Helige die Unabhängigkeit der Kommission, den Zugang zu allen vorhandenen Daten und Dokumenten, die Transparenz der Kommission und eine geeignete Publikation der Ergebnisse. Lob hatte sie diesbezüglich für Stadtrat Oxonitsch – er sei allen Forderungen vollkommen offen gegenübergestanden. Ihre PartnerInnen in der Kommission stünden noch nicht fest, sie erwarte sich eine Größenordnung von vier bis fünf ExpertInnen aus verschiedenen Bereichen und eine erste konstituierende Sitzung Ende November.
Viele Fragen zu klären
Helige gibt an, folgenden Fragen mit ihrem Team nachgehen zu wollen: Was ist passiert? Wer hat wann was gemacht? Wer ist verantwortlich? Wie hat die Verwaltungshierarchie reagiert? Hat die Politik weggeschaut? Erkenntnisse über strafrechtliche Belange werde man umgehend an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Als Untersuchungszeitraum nannte Helige den gesamten Zeitraum der Vorwürfe – also von 1948 bis in die 1970er Jahre. Hilfe erwarte sie sich diesbezüglich auch von der Historikerkommission, die bereits tätig sei. Einen Zeithorizont bis zur Publikation der Fakten und Erkenntnisse wollte sie noch nicht nennen.
Die Aufgabenbereiche zum Thema bleiben nach wie vor klar verteilt: Die Kommission ist für die Aufarbeitung der konkreten Vorwürfe gegen das ehemalige Heim am Wilhelminenberg zuständig. Ansprechpartner für Opfer bezüglich Entschädigungszahlungen und Therapiemöglichkeiten ist nach wie vor der Weisse Ring. Eine an der Universität Wien angesiedelte Historikerkommission, die sich mit der Vergangenheit aller Wiener Kinderheime beschäftigt, wurde bereits im Vorjahr eingesetzt.