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Was nun, Herr Strache?

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Gastkommentar von Johannes Huber: Der FPÖ-Chef schürt Erwartungshaltungen, denen er erst gerecht werden muss. Dabei würden ihm Mitbewerber, die ihn nicht nur ablehnen, sondern auch herausfordern, gut tun.  

Am Sonntagabend, wenn die Gemeinderatswahl geschlagen ist, wird Heinz-Christian Strache über den größten Erfolg jubeln, den er bisher erzielt hat. Alles Weitere ist zunächst nebensächlich. Ob er nun Bürgermeister wird oder nicht, spielt keine Rolle. Sein Ziel ist ohnehin das Bundeskanzleramt. Und auf dem Weg dorthin ist er in den letzten Wochen viel weiter gekommen, als er es sich selbst wohl erträumt hat: Niemand zweifelt mehr daran, dass er es schaffen kann. Alle Mitbewerber reagieren nur noch auf ihn und seine Gefolgschaft. Nach den Sozialdemokraten im Burgenland beginnen nun auch die ÖVP-Vertreter in Oberösterreich sie für eine Regierungszusammenarbeit zu umwerben. Und, und, und. All das hätte selbst einen Jörg Haider stolz gemacht.

Wenn es in der Politik ausschließlich darum ginge, Macht zu gewinnen, dann wäre Strache ganz offensichtlich dabei, unschlagbar zu werden. Politik ist aber mehr. Vor allem geht es darum, möglichst vielen in der Gesellschaft ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen. Beim „Wie“ mag es Unterschiede gegeben – die einen setzen auf Solidarität, die anderen auf ein freies Spiel der Kräfte -, letzten Endes ist das jedoch die Kernfrage.

Als Bürgermeister wäre Strache da vor besonders große Herausforderungen gestellt: In seinem Programm verspricht er 15.000 neue Wohnungen pro Jahr, 1500 zusätzliches Polizisten, Gebührensenkungen und vieles andere mehr. Wie er das finanzieren will, ist offen, zumal er den 65.000 Mitarbeitern der Stadt eine Job-Garantie gegeben hat, den Verwaltungsapparat also nicht antasten kann. Schier unlösbar für ihn wären Ansagen wie die strengen Grenzkontrollen als Antwort auf die Flüchtlingswelle: Von seinem Büro im Wiener Rathaus aus wird er solche Dinge nicht einmal theoretisch regeln können. Das ist zumindest Bundes-, wenn nicht Brüssel-Sache. Und darüber kann auch er sich nicht hinwegsetzen.

Die Folge: Gebrochene Wahlversprechen. Jörg Haider, der alles andere als ein Vorbild von Strache ist, der aber ähnliche Methoden verfolgt hat, stand immer wieder vor diesem Problem: Auch er hat Emotionen geschürt und Erwartungshaltungen geweckt, die er nie und nimmer erfüllen konnte. Eine Zeit lang hat er das kaschieren können. Nach seinem Unfalltot ist das Spiel jedoch aufgeflogen.

Sollte Heinz-Christian Strache am Sonntag das Bürgermeister-Amt verfehlen, wird die Sache für ihn nicht besser. Im Gegenteil: Das Kanzleramt im Visier, wird er SPÖ und ÖVP umso intensiver vor sich hertreiben und immer mehr Leute mit den übelsten Kampagnen und den schönsten Versprechungen für sich gewinnen. Den Hoffnungen, die er damit auslöst, gerecht zu werden, wird letzten Endes jedoch ein Ding der Unmöglichkeit sein.

So gesehen würde es im Übrigen nicht nur Österreich, sondern vor allem auch ihm selbst gut tun, er bekäme endlich Mitbewerber, die ihn nicht nur ablehnen, sondern vor allem auch inhaltlich herausfordern; dann nämlich würde er noch am ehesten auf dem Boden bleiben.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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