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Viel Klischee, wenig Wirklichkeit: Wien Museum zeigt "Wiener Typen"

"Wäschermädel" und "Pülcher" aus der Fotoserie "Wiener Typen" von Otto Schmidt
"Wäschermädel" und "Pülcher" aus der Fotoserie "Wiener Typen" von Otto Schmidt ©Wien Museum
Wer kennt sie nicht, die klassischen "Wiener Typen", die anno dazumal das Stadtbild bevölkerten? Das frivole Wäschermädel, die resche Marktstandlerin, der freche Schusterbub, die Lavendelfrau oder der dubiose "Pülcher" gehörten jahrzehntelang zur urbanen Folklore. Dem Thema, wie sehr dies der Wirklichkeit entspricht, widmet sich die Ausstellung "Wiener Typen".
Bilder aus der Ausstellung

Tatsächlich war das romantische Bild meist ein Klischee, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte. Das Wien Museum am Karlsplatz hat sich nun mit “Wiener Typen” auf die Spuren der populären Figuren begeben.

Zeitreise ins 19. Jahrhundert im Wien Museum

Im Rahmen der Ausstellung “Wiener Typen – Klischees und Wirklichkeit” wird eine Zeitreise unter anderem ins ausgehende 19. Jahrhundert unternommen. In dieser Epoche erlebten die “urtümlich” wienerischen Protagonisten in der Literatur, in der Malerei sowie in ersten Fotografien ihre Hochblüte. Gleichzeitig waren sie im Alltag immer weniger präsent. Die idealisierenden Bilder hatten unter anderem die Aufgabe, dieses Verschwinden zu kompensieren, wie Museumsdirektor Wolfgang Kos am Mittwoch ausführte.

In einer Stadt, die damals zum Beispiel mit dem Bau der Ringstraße grundlegend umgestaltet wurde, lebten die ikonografischen Typen als eine Art Erinnerung an “Alt-Wien” weiter. Wobei es vor allem Vertreter des einfachen Volkes wie Hausierer, Müllsammler und Straßenverkäufer waren, die hier eine maßgebliche Rolle spielten. Zeitgenössische Tätigkeiten eigneten sich hingegen eher nicht zur Idealisierung: “Die tatsächlich neuen Berufe wie die Arbeiter in den Fabriken fehlten hier”, betonte Kos.

Wiener Typen: Blick auf Urwiener Figuren

In der Ausstellung wird ein sozialhistorischer Blick auf das urwienerische Figurenensemble geworfen. Gezeigt wird auch das wahre Leben hinter den Kunstprodukten, das oft von Armut und großer körperlicher Belastung geprägt war. Auch Aspekte wie Kinderarbeit – die bis 1918 legal war – oder die Lebensumstände von Straßenmusikanten werden beleuchtet. Zu sehen sind weiters früheste Darstellungen: Druckgrafische Serien mit Protagonisten aus der Unterschicht waren schon ab dem 16. Jahrhundert populär.

Es ist übrigens dem Medium Fotografie zu verdanken, dass auch authentische Bilder der “Wiener Typen” überdauert haben. Zunächst wurden diese im Atelier aufgenommen, später wurden die Figuren auch auf der Straße abgelichtet – wenn auch gelegentlich noch kostümiert, offenbar um den Erwartungen des Publikums zu entsprechen.

Echte Wiener: Dienstmann oder “Mundl”

Inzwischen ist nicht nur dieses Personal, sondern auch der klischeebeladene Umgang damit weitgehend verschwunden. Wobei der “typische Wiener” im Film bzw. im Fernsehen auch in der Nachkriegszeit noch auftauchte – etwa als Dienstmann oder als “Mundl” Sackbauer. Und auch einige Berufe sind nach wie vor imagebildend für die Stadt: Der Heurigenmusikant, der Kaffeehauskellner und der Fiaker haben die Zeiten überdauert. Vor allem letzterer ist laut Kos jedoch nur mehr Darsteller in einem “kostümierten Gewerbe”, zu dessen Kunden vor allem Touristen gehören.

“Wiener Typen – Klischees und Wirklichkeit”
Ausstellung im Wien Museum am Karlsplatz
25. April bis 6. Oktober
Der Katalog zur Schau erscheint im Juni.

Mehr zur Ausstellung “Wiener Typen” im Wien Museum finden Sie hier.

(apa/red)

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