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Ukraine - Janukowitsch: Bin "nicht abgesetzt" worden

Gestürzter Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch, wirft Westen Wortbruch vor
Gestürzter Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch, wirft Westen Wortbruch vor ©EPA
Der entmachtete ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat seinen Anspruch auf das Präsidentenamt erneut bekräftigt.
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Er sei “nicht abgesetzt” worden, sondern habe das Land nach Drohungen verlassen, sagte Janukowitsch am Freitag bei einer Pressekonferenz im russischen Rostow am Don, bei der er sich das erste Mal seit seiner Flucht aus der Ukraine öffentlich zeigte.

Er werde weiter “für die Zukunft der Ukraine kämpfen”. Für die Krise machte der gestürzte Präsident den Westen verantwortlich, vor allem der EU und der USA warf er Wortbruch vor. Er habe auf den Anstand der westlichen Vermittler vertraut, als er das Abkommen mit der Opposition unterschrieben habe. “Gesetzlosigkeit, Terror, Anarchie und Chaos” seien die Folge. Die Verantwortung für die aktuelle “Katastrophe” liege bei denen im Westen, die die “Banditen-Führung in Kiew” bei ihrem Staatsumsturz unterstützten.

Blutvergießen auf der Krim: Janukowitsch warnt

Darüber hinaus hat Janukowitsch hat vor einem Blutvergießen auf der Halbinsel Krim gewarnt. Was jetzt auf dem autonomen Gebiet passiere, sei eine “natürliche Reaktion” auf die Machtergreifung durch Banditen in Kiew, sagte er am Freitag in der russischen Stadt Rostow am Don. “Die Krim-Bewohner werden sich natürlich nicht den Nationalisten beugen”, sagte Janukowitsch.

Dort gebe es jetzt eine Selbstverteidigung. Die Krim-Bewohner schützten ihren Grund und Boden. Die Krim solle aber mit einer erweiterten Autonomie im Bestand der Ukraine bleiben, mahnte der Politiker.

Ein hartes Ringen um die Krim

Mit Kalaschnikows patrouillierten am Freitag Milizionäre vor dem Zivilflughafen der Stadt Simferopol. Um “Faschisten oder Radikale aus dem Westen der Ukraine” von der Krim fernzuhalten, wie einer ihrer selbst ernannten Sprecher sagt. Gemeint sind Vertreter der proeuropäischen Opposition, die seit der Absetzung von Präsident Viktor Janukowitsch in Kiew eine Übergangsregierung bilden.Kiew. Die Zerreißprobe für die Ukraine dauert an und lässt die Furcht vor einem Auseinanderbrechen des Landes und einer russischen Intervention wachsen. Die Männer vor dem Flughafen tragen Militär-Uniformen, manche sind mit Sturmhauben vermummt. Niemand weiß wer die rätselhaften Flughafenbesetzer sind, deren Abzeichen von weitem nicht zu erkennen sind. Journalisten halten sie auf Abstand. Ihre gleichlautende Antwort auf die Frage nach ihrem Auftrag lautet: “Kein Kommentar”.

Awakow wirft Moskau “bewaffnete Invasion” vor

Laut der ukrainischen Übergangsregierung handelt es sich um Russen. Innenminister Arsen Awakow wirft Moskau auf Facebook bereits eine “bewaffnete Invasion” vor. Moskau dagegen sagt, bei den Uniformierten handle es sich nicht um eigene Soldaten. Die Lage ist angespannt und bleibt es auch, als der ukrainische Sicherheitschef Andrij Parubij am Freitagnachmittag sagt, die Flughäfen in Simferopol und Sewastopol seien wieder unter Kontrolle Kiews.

Machtwechsel: Unmut und Angst auf der Krim

Der Machtwechsel in Kiew hat auf der Krim Unmut und Angst ausgelöst. Der in der ukrainischen Hauptstadt von tausenden Demonstranten erkämpfte Rückzug Janukowitschs gilt auf der Halbinsel im Schwarzen Meer und in Moskau als illegitim. Fast 60 Prozent der Krim-Bevölkerung sind ethnische Russen. “Russland, Russland” rufen tausende Menschen vor dem am Donnerstag besetzten Regionalparlament, das für den 25. Mai ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Republik ansetzt. Auch der Regierungssitz am Lenin-Platz wird besetzt. Auf beiden Gebäuden weht seither die russische Fahne.

Beobachter sehen “ernste Gefahr”

Beobachter sehen die Spannungen mit Sorge. Andreas Umland, deutscher Politikwissenschaftler an der Kiewer Mohyla-Akademie, zieht Parallelen zum russisch-georgischen Fünf-Tage-Krieg um die abtrünnige Kaukasus-Region Südossetien im Jahr 2008. Es bestehe eine “ernste Gefahr” angesichts separatistischer Tendenzen und russischer Interessen in der Region. Vor Sewastopol auf der Krim liegt Russlands Schwarzmeer-Flotte. Die Halbinsel ist geschichtlich tief im russischen Kollektivgedächtnis verankert. Bis ins 18. Jahrhundert reicht die Verbundenheit mit der Krim, die Staatschef Nikita Chruschtschow der neuen Sowjetrepublik Ukraine 1954 “schenkte”.

Putin ordnet Militärübung an Westgrenze an

Putin, für den Janukowitschs Sturz eine schwere außenpolitische Niederlage war, hatte am Mittwoch eine gewaltige Militärübung mit 150.000 Soldaten an der Westgrenze der Ukraine angeordnet und den Schutz für seine Schwarzmeerflotte verstärkt.

Balazs Jarabik vom Central European Policy Institute (CEPI) in Bratislava hält eine russische Militärintervention oder eine Abspaltung der Krim dagegen für unwahrscheinlich, weil es zu einer “lose-lose”-Situation führen würde. Es käme zu einem “ethnischen Konflikt mit den (Krim-)Tartaren”, der seit dem 13. Jahrhundert dort verwurzelten türkischstämmigen Bevölkerung, die zwölf Prozent der Bewohner ausmachen. Unter Diktator Stalin wurden die Tartaren deportiert. Ihre Nachkommen sehen Moskau bis heute mit tiefem Argwohn. (APA/red)

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