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Türkische Luftwaffe schoss russischen Kampfjet ab

Russischer Jet abgeschossen: Russischer Präsident warnt Ankara vor ernsten Konsequenzen
Russischer Jet abgeschossen: Russischer Präsident warnt Ankara vor ernsten Konsequenzen ©EPA/ Haberturk TV
Die türkische Luftwaffe hat am Dienstag ein russisches Kampfflugzeug an der syrischen Grenze abgeschossen. Während Ankara von einer Verletzung des türkischen Luftraumes spricht, weist Moskau dies zurück. Einer der beiden Piloten, die sich mittels Schleudersitz zunächst retten konnten, soll von Rebellen getötet worden sein. Die NATO kommt am Abend zu einer Sondersitzung zusammen.
Russischer Jet abgeschossen

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Die aktuellen Ereignisse im Überblick:

  • Nach türkischen Angaben wurde der Kampfjet vor dem Abschuss mehrfach gewarnt
  • Russland bestritt eine Luftraumverletzung
  • Syrien wiederum warf der Türkei eine Verletzung seines Luftraums vor
  • Das Schicksal der beiden Piloten ist unklar – turkmenische Rebellen behaupten, sie hätten beide Piloten getötet – nach Angaben aus türkischen Regierungskreisen seien sie vermutlich noch am Leben
  • NATO kommt noch am Mittwochabend zu Sondersitzung zusammen
  • Putin bezeichnete den Abschuss als “Messer im Rücken”
  • Lawrow sagt für Mittwoch geplanten Türkei-Besuch ab
  • Vorfall löst internationale Besorgnis aus
  • Konflikt schickt Europas Börsen abwärts

 

Putin: Abschuss “Messer im Rücken”

Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete den Abschuss als “Messer im Rücken”, der von “Helfershelfern von Terroristen” ausgeführt wurde. Der Vorfall werde ernste Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei haben. Das russische Flugzeug habe keine Gefahr für die Türkei dargestellt. Der türkische Militärattaché in Moskau wurde ins Außenministerium zitiert.

Türkei: Haben Kampfjet zehn Mal gewarnt

Zu dem Vorfall war es in der Früh an der Grenze Syriens zur Türkei nahe der Mittelmeerküste gekommen. Der Kampfjet ging im syrischen Ort Yamadi nur wenige Meter von der Grenze zur Türkei nieder. Auch ein zweites Flugzeug soll sich aus Syrien kommend der Grenze genähert haben.

APA

Nach türkischen Angaben wurde das Kampfflugzeug vom Typ SU-24 zehn Mal binnen fünf Minuten gewarnt, dass es in fremden Luftraum eingedrungen sei. Daraufhin habe man eigene F-16-Jets geschickt und die Maschine abgeschossen. Russland hingegen wies die Verletzung türkischen Luftraums zurück.

Syrien wirft Türkei Verletzung seines Luftraums vor

Das Regime in Damaskus wiederum warf der Türkei eine Verletzung ihrer Souveränität vor. Die Türkei habe über syrischem Boden ein befreundetes russisches Flugzeug abgeschossen, das von einem Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zurückgekehrt sei, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Sana eine “Armeequelle”. Die türkische Regierung stehe an der Seite des Terrorismus und unterstütze ihn in jeder Form, hieß es weiter. Die “verzweifelten feindlichen Handlungen” würden aber Syriens Entschlossenheit steigern, den Kampf gegen Terrororganisationen fortzusetzen.

Schicksal beider Piloten unklar

Das Schicksal der beiden Piloten, die sich zunächst mit dem Schleudersitz retten konnten, ist unklar. Syrische Rebellen der von der Türkei unterstützen turkmenischen Minderheit erklärten laut dem Sender CNN Türk, einer der beiden Piloten der russischen Maschine sei in ihren Händen.

Nach anderen Angaben ist der Mann tot. Eine Gruppe mit dem Namen “Zehnte Brigade” verbreitete später über das Internet ein Video, das den Leichnam eines Piloten zeigen soll. Zu sehen ist eine leblose Person in Uniform. Dazu heißt es, der Mann sei “durch die Hände von Rebellen” umgekommen. Nach dem zweiten Piloten wird offenbar gesucht.

Der Vize-Kommandant der verantwortlichen Rebellengruppe, Alpaslan Celik, wiederum erklärte vor Journalisten, beide Piloten seien von syrischen Rebellen getötet worden. Turkmenische Kräfte hätten die Männer erschossen.

Per Schleudersitz aus Maschine gerettet

Auf Videomaterial von dem Abschuss, das türkische Medien zeigten, ist zu sehen, dass sich die beiden Piloten per Schleudersitz aus der Maschine retten konnten.

EPA/HABERTURK TV
EPA/HABERTURK TV ©EPA/HABERTURK TV

 

Turkmenische Rebellen: Piloten “starben in der Luft”

“Unsere Kameraden eröffneten auf sie das Feuer und sie starben in der Luft”, erklärte Celik. Zum Beweis zeigte er angebliche Stücke des Fallschirms der Piloten. Die Reste des Flugzeuges gingen in einer als “Turkmenischer Berg” bekannten Region in Nordsyrien an der Grenze nieder. Dort kämpften Regierungstruppen zuletzt gegen Rebellen.

Türkische Regierungskreise: Piloten noch am Leben

Aus türkischen Regierungskreisen wiederum verlautete es am Abend, die Piloten seien vermutlich noch am Leben. Offenbar seien sie in der Gewalt syrischer Aufständischer, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag von einem Insider. “Unsere Leute arbeiten daran, sie wohlbehalten von den Rebellen überstellt zu bekommen.”

Steinmeier warnt vor Rückschlägen bei Friedensbemühungen

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte indes vor einer massiven Belastung der Friedensbemühungen für Syrien. Es habe in Wien ermutigende erste Gespräche über eine Deeskalation in Syrien gegeben, sagte Steinmeier am Dienstag in Berlin. Er wünsche sich sehr, dass es nicht zu Rückschlägen komme.

Lawrow sagt geplanten Türkei-Besuch ab

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte einen für Mittwoch geplanten Besuch in der Türkei ab. Auch rate das russische Außenministerium keinem Russen, derzeit die Türkei zu besuchen, hieß es in einer Erklärung. Die Terror-Gefahr sei in der Türkei nicht geringer als in Ägypten.

NATO-Sondertreffen einberufen

Ein NATO-Sprecher erklärte, bei dem Sondertreffen handle es sich nicht um Konsultationen nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrages. Nach diesem konsultieren einander die Bündnismitglieder, “wenn nach Auffassung eines von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist”. Anders als beim Bündnisfall nach Artikel 5 sind unmittelbare Folge nur Beratungen, eine konkrete Reaktion der NATO ist aber möglich. Seit Gründung der Allianz 1949 wurde Artikel 4 fünf Mal in Anspruch genommen – davon vier Mal durch die Türkei. Zuletzt berief sich Ankara im Juli auf die Bestimmung, als es um die Bedrohung durch Anschläge und Angriffe vor dem Hintergrund des Konflikts in Syrien und im Irak ging. Bei dem Vorfall am Dienstag handelt es sich um das erste Mal seit den 1950er-Jahren, dass ein russisches oder sowjetisches Flugzeug von einem NATO-Staat abgeschossen wurde.

Vorfall löst international Besorgnis aus

International sorgte der Vorfall für Besorgnis. EU-Ratspräsident Donald Tusk rief zur Besonnenheit und einem “kühlen Kopf” auf. Das US-Verteidigungsministerium teilte lediglich mit, nicht in den Abschuss des russischen Flugzeuges verwickelt zu sein. Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka sprach von einer “unangenehme Überraschung, die zeigt, dass die Koordination zwischen den Akteuren in der Region nicht gut funktioniert”.

Türkisch-russischer Konflikt schickt Europas Börsen abwärts

Auch die Börsen reagierten auf den türkisch-russischen Konflikt: Europas Aktienmärkte schlossen am Dienstag tiefrot. Der Euro-Stoxx-50 verbilligte sich um 35,66 Einheiten oder 1,04 Prozent auf 3.409,60 Zähler. Der Konflikt lastete insbesondere auf Werten aus der Airline- und Tourismusbranche: So verloren die Aktien der Hotelkette Accor in Paris 4,86 Prozent, jene des Reisevermittlers TUI fielen 3,02 Prozent. Auch die Fluglinienaktien easyJet (minus 3,34 Prozent), Ryanair (minus 2,95 Prozent), Lufthansa (minus 3,98 Prozent) und Air France (minus 3,86 Prozent) schwächelten. (APA/red)

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