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Tod durch Kopfschuss in Wien: Angeklagter plädiert auf unschuldig

Die Geschworenen sprachen den angeblichen Schützen bereits im November frei.
Die Geschworenen sprachen den angeblichen Schützen bereits im November frei. ©APA/HELMUT FOHRINGER
"Ich bin unschuldig", waren die Worte eines 28-Jährigen, der sich am Donnerstag vor dem Wiener Landesgericht verantworten musste. Er soll 2016 einen 26-Jährigen in Wien-Brigittenau auf offener Straße erschossen haben.

Schweigsam hat sich am Donnerstag der Angeklagte zum Auftakt eines spektakulären Mordprozesses im Wiener Landesgericht gegeben. “Es tut mir leid, dass jemand gestorben ist. Aber ich bin unschuldig”, sagte der 28-Jährige. Abgesehen davon war er zu keinen weiteren Angaben bereit.

Mordprozess nach Kopfschuss in Wien: 28-Jähriger gab sich schweigsam

Der Mann, der im vergangenen November erstmals vor Geschworenen gestanden war und dort zumindest noch Fragen zu seiner Lebensgeschichte und seinem beruflichen Werdegang beantwortet hatte, wollte sich auch dazu nicht mehr äußern: “Meine Anwälte werden für mich sprechen.” – “Die waren halt nicht dabei”, erwiderte Richterin Andrea Wolfrum, die Vorsitzende des Schwurgerichts, die daraufhin das Protokoll mit der polizeilichen Beschuldigteneinvernahme verlas.

Zuvor hatten die beiden Rechtsvertreter des Angeklagten mit kritischen Worten nicht gegeizt. Verteidiger Werner Tomanek schoss sich vor allem auf den Ausgang der ersten Hauptverhandlung ein, an deren Ende die acht Geschworenen seinen Mandanten einstimmig freigesprochen hatten. Die drei Berufsrichter setzten diesen Wahrspruch aber wegen Irrtums der Geschworenen aus und erzwangen damit eine zweite Verhandlung vor einem gänzlich neu zusammengesetzten Schwurgerichtshof. Der 28-Jährige blieb in U-Haft. Dieses Vorgehen kritisierte Tomanek heftig: “Unfassbar. Das konterkariert den Gedanken der Schwurgerichtsbarkeit.” Die Berufsrichter hätten die Entscheidung der Laienrichter gekippt, “weil die für sie zu blöd waren, um das zu entscheiden”.

An die nunmehrigen Geschworenen gerichtet, betonte Tomanek: “Wenn Sie keine Gewissheit hinsichtlich der Täterschaft haben, können Sie den Angeklagten nicht verurteilen. Es muss eine schlüssige Beweiskette vorliegen, das ist klar.” In diesem Fall gebe es “keine naturwissenschaftliche Beweise für eine Täterschaft des Angeklagten”. Dass dieser keine Aussage machen wolle, sei sein gutes Recht, sagte Tomanek: “Dafür kann es viele Gründe geben. Er hat Angst. Vielleicht deckt er wen.”

So verlief der Vorfall in der Jägerstraße

Gekracht hatte es auf der Jägerstraße am vergangenen Ostersonntag um 15.05 Uhr. Nur wenige Minuten später – exakt um 15.10 Uhr – betrat der Angeklagte die in unmittelbarer Nähe des Tatorts gelegene Polizeiinspektion Pappenheimgasse und ließ sich mit den Worten “Ich habe die Scheiße da gerade gemacht auf der Jägerstraße, ich wollte das nicht” festnehmen. Er wurde in eine Arrestzelle gebracht und um 17.00 Uhr einer Kriminalbeamtin zu einer Einvernahme als Beschuldigter vorgeführt. Dieser erklärte er, er hätte sich mit Igor Z. (26) zu einer Aussprache getroffen. Dabei sei er von seinem Kontrahenten – die beiden sollen ein Naheverhältnis zu einer Frau gehabt haben, mit welcher der Angeklagte seit drei Jahren eine außereheliche Affäre unterhielt – angegriffen worden. Um diesen abzuwehren, habe er ihm seine Pistole – eine geladene Tokarev – auf den Kopf schlagen wollen. Dabei habe sich unabsichtlich ein Schuss gelöst.

An den Händen und an der Jacke des angeblichen Schützen fanden sich aber kaum Bleipartikel. “Es ist ganz klar, dass er nicht der Schütze ist”, bekräftigte Philipp Wolm, der zweite Verteidiger, unter Verweis auf diese Beweisergebnisse. Die Darstellung von Staatsanwalt Christoph Wancata, der Angeklagte hätte nach seiner Festnahme Zeit gehabt, sich Schmauchspuren abzuwaschen, weil die entsprechende Untersuchung erst drei Stunden später vorgenommen wurde, ließ Wolm nicht gelten: “Der Herr Staatsanwalt befindet sich absolut am falschen Dampfer.” Es sei mittlerweile bestätigt, dass in der Arrestzelle in der Polizeiinspektion Pappenheimgasse keine Waschgelegenheit vorhanden ist und der Angeklagte keine Möglichkeit hatte, sich andernorts die Hände zu reinigen. Der Angeklagte hätte nicht nur der Kriminalbeamtin die Schussabgabe gestanden, hielt dem Staatsanwalt Wancata entgegen. Er soll das im Gefängnis einem Mitgefangenen erzählt haben.

Der 46-jährige Mann, der den Angeklagten zur Polizei chauffiert hatte und der ein wichtiger Zeuge in dem Verfahren ist, hat sich in den Kosovo abgesetzt. Das gab Richterin Andrea Wolfrum bekannt: “Er fürchtet sich.” Der Mann behaupte, “massive Drohungen” erhalten zu haben. Nun soll versucht werden, den Mann zum nächsten Verhandlungstermin am 4. April stellig zu machen.

(APA/red)

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