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Tagtraeumer im Interview: "Kleine Fische im großen Haibecken"

Debütalbum-Release für Tagtraeumer - "die Nerven liegen blank".
Debütalbum-Release für Tagtraeumer - "die Nerven liegen blank". ©Vienna.at/Jennifer Schindl
Mehrmals für den Amadeus Award nominiert, das Debütalbum im Release - für diese junge österreichische Band läuft es derzeit beneidenswert gut. VIENNA.AT traf vier der fünf Tagtraeumer zum Interview und sprach mit ihnen über falsche Freunde, den Stellenwert von jungen Musikern in Österreich, über Haie und Harpunen und ihre persönlichen Wünsche für die Zukunft.
Im Hotelbett mit Tagtraeumer

Die Menschen dürfen nur nicht aufören zu träumen, nicht aufhören zu leben, nicht aufhören zu träumen ...” singen Tagtraeumer. Klingt auf’s erste Hinhören vielleicht simpel und ein wenig abgedroschen, aber auch sehr wahr. Mit ihrer Mischung aus gängigen Popklängen gepaart mit gefühlvoll-nachdenklichen Texten startet diese junge Band hierzulande gerade voll durch – ab sofort gibt es ihr Debütalbum “Alles OK?!” im Handel.

Grund genug, sich mit den Tagtraeumern zum Interview (im Hotelbett) zusammenzusetzen und mal zu plaudern: Wie geht es denn den Nerven beim großen Release? “Die Nerven liegen ziemlich blank!”, meint Sänger und Frontmann Thomas Schneider. “Auch wenn wir es nur ungern zugeben, wir sind ja alle starke Jungs. Die Freude überwiegt aber zum Glück.”

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Vienna.at-Redakteurin Amina Beganovic im Hotelbett-Plausch mit Tagtraeumer. Bild: Jennifer Schindl.

Tagtraeumer mit “Alles OK?!”: Reflexion und Interpretierbarkeit

“Wenn du das Album in Händen hältst, ist es vielleicht nicht schlecht, dich selbst zu fragen, ob eh alles ok ist”, meint Gitarrist Kevin Lehr zum Albumtitel. Selbstreflexion für die Zuhörer sei schön und gut, es ginge bei den Songs der Tagtraeumer aber um andere Dinge. “Die Reflexion beginnt ja schon beim Schreiben des Liedes. Wichtig ist aber, dass der Hörer einfach drinnen ist. Wenn er oder sie den Song wirklich fühlen kann, hast du eigentlich schon erreicht, was du mit deinem Lied erreichen wolltest. Erstens: Die eigene Psyche beruhigen. Zweitens: Dass der Song für die Leute interpretierbar und fühlbar ist,” so Thomas.

Dass ihnen das mit den insgesamt elf Tracks auf der Platte gelungen ist, finden sie schon. Zumindest gibt der bisherige Erfolg ihnen recht, obwohl sie noch jung sind und die Band erst eineinhalb Jahre existiert. Nominerungen für den Amadeus Austrian Music Award gab es heuer ebenfalls, gleich in drei Kategorien. “Das ist natürlich eine riesige Ehre gewesen. Aber auch ein wenig bestätigend, auch wenn man das jetzt nicht falsch verstehen darf. Es zeigt uns, dass wir irgendetwas richtig machen. Was genau das ist, wissen wir selbst nicht. Man könnte sagen, wir machen eben gute Musik – aber die machen viele, und bekommen trotzdem nicht die Chance, die wir bekommen haben. In erster Linie haben wir also auch viel Glück gehabt  – und sind dankbar dafür.”

Junge Musiker in Österreich und die “Haie”

Glück oder nicht, dass es aufstrebende Musiker in Österreich nicht unbedingt einfach haben, darüber sind sich Tagtraeumer einig. “Gerade junge Bands haben es schwer. Wobei es jetzt vielleicht ein bisschen leichter wird, da zum Glück immer mehr Bandwettbewerbe entstehen. Es gibt nur leider wenige Veranstaltungen hierzulande, wo es tatsächlich darum geht, die Musik ernst zu nehmen. Du kannst in irgendeiner Halle vor 2.000 Leuten spielen, aber keiner hört dir wirklich zu, weil alle nur am Saufen sind. Außer, du spielst ‘Angels’ von Robbie Williams – da schreien alle zwar mit, aber sie schauen dir nicht ins Gesicht. Es existieren noch zu wenige Veranstaltungen, wo es um die Musiker geht. Natürlich gibt es große Festivals wie das Frequency, oder bundesweite Contests wie Local Heroes, oder den Soundpark. Aber da hat Österreich wohl noch Aufholbedarf.” Ihre Teilnahme bei der eingestellten Puls4-Show “Herz von Österreich” bereuen sie jedenfalls nicht. “Es war das Sprungbrett für uns. Und am Anfang musst du alles tun, um dich als Musiker präsent zu machen, um dich in die Herzen der Leute zu spielen,” zieht Bassist Alexander Putz Bilanz.

Hat man mal den Sprung zum Profi-Debut hinter sich, hören die Schwierigkeiten aber nicht auf – im Gegenteil. “Egal mit wem du redest, jeder wird dir sagen, dass er der Richtige, der Beste ist, um dich groß rauzubringen. Wir haben auch nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen, aber da kommst du eben erst später drauf. Das ist jedoch auch wichtig, das macht den Lernprozess aus, denn gerade als junge Band versprechen dir die Leute oft das Blaue vom Himmel. Man ist tatsächlich der kleine Fisch im großen Haibecken! Dann musst du dir die Einstellung zulegen: ‘Ich bin eine Harpune’. Klingt vielleicht gemein, aber so kommst du durch. Und wir haben bislang alles durchgezogen, was wir durchziehen wollten – und haben auch nichts mit Leuten zu tun, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, ” so Thomas.

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Von bösen Kommentaren und dem “süß- und schnucklig”-Sein

Und wie sieht es mit Kritiken und Kommentaren im Internet aus, lassen die die Band eher kalt, oder werden die nach dem Album-Release alle genau gelesen? “Hundertprozentig”, antwortet Kevin wie aus der Pistole geschossen. Thomas setzt einen drauf: “Ich werde Kevin anrufen bei jedem schiarchen Kommentar, und dann anfangen zu weinen. Nein Spaß, natürlich schaut man sich an, was da so geschrieben wird. Aber gewisse Kommentare nimmt man sich zum Glück nicht so zu Herzen wie andere.”

Kevin: “Man muss abschätzen können, was man ernst nehmen kann, und was nicht. Die ernstzunehmenden Kritiker sind vielleicht hart zu dir, aber nicht beleidigend. Einfach nur zu schreiben ‘das klingt oarsch!’ ist ja kein Feedback, das man ernst nehmen kann. Und solche Sachen schreiben manche Leute sowieso bei jeder Band. Justin Bieber muss sich das auch jeden Tag anhören. Und macht es dann täglich mit seinem Lamborghini mit 300km/h auf der Autobahn wett.”

Den Lamborghini werden Tagtraeumer in nächster Zeit wohl nicht brauchen – schließlich kann es für eine Band doch gar nicht besser laufen, wenn die “BRAVO” einen als “süße, schnuckelige Jungs” bezeichnet. Aber am besten lässt man doch die Musik sprechen: Das Album “Alles OK?!” (Warner Music) erscheint am 27. März 2015.

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Red./(ABE)

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