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Stillgelegtes Wiener Stadtbahnviadukt hätte viel Potenzial

Auf dem Ast des Wiener Stadtbahnviadukts bei Heiligenstadt könnte nach New Yorker Vorbild ein Park entstehen.
Auf dem Ast des Wiener Stadtbahnviadukts bei Heiligenstadt könnte nach New Yorker Vorbild ein Park entstehen. ©Wikimedia Commons/ Maclemo
Bereits seit 1996 wird die Trasse des Stadtbahnviadukts, das bei der Spittelau in Richtung Heiligenstadt abzweigt, nicht mehr genutzt. Das Bauwerk hätte viel Potenzial, ein "Highline Park Vienna" nach dem Vorbild New Yorks wäre etwa denkbar. Das Bauwerk soll verkauft werden, konkrete Pläne für eine Nutzung gibt es jedoch bislang nicht.

Die Steine im Gleisbett knirschen unfreundlich, das hartnäckige Unkraut wird vom scharfen Herbstwind zerzaust. Gefühlte Ewigkeiten entfernt rauscht der Verkehr, irgendwo da unten, wo die Wiener längst vergessen haben, dass es hier heroben überhaupt noch etwas gibt. Seit 1996 ist die Trasse des Stadtbahnviadukts, das bei der Spittelau Richtung Heiligenstadt abzweigt, eine ungenützte Brache. Doch ein einziger Spaziergang auf dem imposanten Bauwerk genügt, um die Phantasie anzuregen, um zu träumen – zum Beispiel von New York, vom dortigen “Highline Park”, seiner unglaublichen Beliebtheit und von den vielen Ähnlichkeiten mit dem Wiener Stadtbahnviadukt.

Ast des Stadtbahnviadukts ist einen Kilometer lang

Beeindruckend sind die Ausmaße allemal: Knapp einen Kilometer ist der am 6. August 1901 eröffnete Ast lang, zehn Meter breit. Viel Platz, gerade in einer Stadt wie Wien, wo verwertbare Nutzfläche ein rares Gut ist. Die Dimensionen entsprechen nahezu exakt jenen vom großen Vorbild in New York. Der Highline Park, der sich seit 2009 auf etwas über einem Kilometer durch Manhattan schlängelt, ist prall gefüllt mit Grünpflanzen und erholungssuchenden Großstädtern; rund um die architektonische Sensation haben sich seither etliche Betriebe angesiedelt, so “angesagt” ist der ehemals Furcht einflößende “Meatpacking District” mittlerweile.

 Zugegeben, wirklich attraktiv ist auch das Rundherum des stillgelegten Stadtbahnviadukts derzeit nicht. In seinen Bögen lagern Baustoff-Firmen ihre Produkte, und auch der Rest des Abschnitts wird keineswegs von optisch reizvollen Locations flankiert. Darüber hinaus gilt die Heiligenstädter Straße nicht gerade als verkehrsberuhigte Flaniermeile.

 Trasse hat viel Potenzial, Eile besteht nicht

Christoph Mörkl, Chef des renommierten Wiener Architekturbüros “Superblock”, rät zu Geduld: “Man sollte die Trasse als lineare Entwicklungsachse für zukünftige Strukturen erhalten und abwarten, schließlich besteht derzeit kein Handlungsbedarf. Es sollten aber keine Einzelgenehmigungen erteilt werden, die das Objekt noch weiter in seiner linearen Stärke schwächen – das Potenzial der Trasse steht und fällt mit den Entwicklungsmöglichkeiten der angrenzenden Bahnstruktur. Nur Veränderungen im größeren Sinn, zum Beispiel die Verlegung des Franz-Josefs-Bahnhofs nach Heiligenstadt, die auch die Gründe unter der WU und dem Verkehrsamt für neue Nutzungen freimachen würden, wären ein Anlass, die bestehende Trasse als Freiraumrückgrat zu nutzen.”

Verkauf wird angestrebt

Das Viadukt ist übrigens abzugeben. Die Wiener Linien haben mit dem Bauwerk nämlich traditionell keine große Freude: “Wir erfüllen derzeit die Erhaltungspflichten, das Grundstück gehört der ÖBB – eine historische Geschichte, weil ja die Stadtbahn ursprünglich als Eisenbahn geplant und betrieben wurde”, sagt Sprecher Dominik Gries. Dieser Zustand sei schlichtweg “unbefriedigend”: “Schließlich sind wir ein Verkehrsunternehmen, und verkehrliche Bedeutung haben die Bögen seit 1. Mai 1996, als der U-Bahn-Betrieb dort eingestellt wurde, nicht mehr.”

 Dass das Bundesdenkmalamt den Abschnitt nach Heiligenstadt unter Schutz gestellt habe, sei “eine zumindest diskussionswürdige Entscheidung”. Ideen zur Umgestaltung, etwa in einen “Highline Park”, finde man, so Gries, “durchaus charmant”. Allerdings sei für die Wiener Linien klar, dass es dafür “politische Willensbildung braucht und auch das dafür notwendige Kapital”. Apropos Kapital: Das New Yorker Projekt kostete mehr als 100 Millionen Euro.

Wäre ein “Highline Park Vienna” möglich?

Dennoch: Freiraum dieses Ausmaßes müsste in einer Metropole wie Wien eigentlich Nutzungs-Reflexe auslösen. So wie etwa bei Gerhard Egger. Der Biologe vom WWF zeigte sich vom Wildwuchs auf der stillgelegten U6-Trasse überrascht bis begeistert und registrierte 52 unterschiedliche Pflanzenarten – trotz regelmäßigen Herbizid-Einsatzes. “Bei entsprechender Gestaltung könnte auf immerhin einem Hektar ein großzügiger Stadtgarten angelegt werden. Denkbar ist eine Mischung aus Gehölzsäumen, Nutzgärten sowie extensiven Gras/Kräuter-Fluren.” Dazwischen ein paar Bankerln, ein Gehweg – und fertig ist der “Highline Park Vienna”. Man wird ja wohl noch träumen dürfen. (APA)

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