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Österreich will Einrichtung von Rückkehrzentren für Flüchtlinge

Österreich will Rückkehrzentren außerhalb der EU.
Österreich will Rückkehrzentren außerhalb der EU. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Am Donnerstag beraten die EU-Innenminister über Maßnahmen zur Verschärfung in der EU-Migrationspolitik, worunter der Außengrenzschutz, die Einrichtung von Rückkehrzentren in Drittstaaten, verstärkte Polizeikooperationen gegen Schlepper und Maßnahmen gegen Antisemitismus besprochen werden sollen.
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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will sich bei dem informellen Treffen für eine effektivere Rückführungspolitik in der Europäischen Union einsetzen. Die Einführung sogenannter Rückführungszentren wäre laut Kickl ein Beitrag dazu. Ein entsprechendes Diskussionspapier Österreichs wurde am Montag in Brüssel bereits im Strategischen Ausschuss für Einwanderung, Grenzen und Asyl (SCIFA) erörtert. “Es geht um die Durchsetzung rechtsstaatlicher Entscheidungen. Es muss einen Unterschied geben zwischen einem positiven Asylbescheid und einem negativen Asylbescheid, zwischen Personen, die einen Aufenthaltsstatus haben und jenen, die sich illegal in Österreich aufhalten”, erklärte der Innenminister gegenüber der APA.

Eine Verstärkung der Rückführung von Migranten, die sich illegal in der EU aufhalten, hatten schon die EU-Staats- und Regierungschefs beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel in ihrer Schlusserklärung betont. Österreich schlägt nun auf Basis bestehender EU-Richtlinien die Einrichtung von Rückkehrzentren in Drittstaaten außerhalb der EU vor. Diese sollen europäischen Standards und geltenden internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen entsprechen, heißt es im Papier des EU-Vorsitzlandes.

Migranten in Rückkehrzentren

Migranten mit einem endgültigen negativen Asylbescheid oder abgelaufenem Aufenthaltstitel sollen dort hingebracht werden, ehe sie in ihre Herkunftsstaaten zurückkehren. Staaten, die zur Errichtung von Rückkehrzentren bereit sind, könnten Anreize oder auch Unterstützung durch EU-Grenzbeamte erhalten. Von einem “innovativen Ansatz auf der Grundlage des bestehenden Rechtsrahmens” ist im Innenministerium die Rede. In Innsbruck will Kickl das Interesse seiner Innenministerkollegen an einem Pilotprojekt ausloten.

Darüber hinaus geht es diese Woche vor allem um einen wirksameren Außengrenzschutz und ein “krisenfestes Asylsystem”. Vorantreiben will man auch die beim jüngsten EU-Gipfel angestoßene Debatte um regionale Ausschiffungsplattformen beziehungsweise Anlandezentren in Drittstaaten außerhalb der EU. “Ich glaube gar nicht, dass das keine Chance hat”, meinte Kickl im Vorfeld des Treffens. “Lassen Sie uns einen Schritt nach dem anderen gehen.” Die EU müsse hier an vielen Schrauben drehen, etwa durch Anreize mit der Wirtschaftspolitik.

Am Rande des Rates soll es Donnerstagvormittag auch zu einem trilateralen Gespräch Kickls mit dem deutschen Innenminister Horst Seehofer und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini kommen. Bei diesem Termin und einem weiteren bilateralen Treffen zwischen Seehofer und Salvini dürfte es auch um die von Deutschland geplanten Rückweisungen von Flüchtlingen und Migranten gehen, die bereits in einem anderen Land registriert wurden, sowie um die möglichen Folgen für den Grenzverkehr zwischen Deutschland, Österreich und Italien.

Flüchtlingsrettung im Mittelmeer

Salvini möchte in Österreich aber vor allem über eine Stärkung des Außengrenzschutzes und eine Neuregelung der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer reden. Der italienische Innenminister hatte ja diese Woche angekündigt, künftig nicht nur privaten Seenotrettern, sondern auch Booten internationaler Missionen das Anlegen in italienischen Häfen zu verbieten. Mit dem Verbot, Flüchtlingsschiffe in Italien einlaufen zu lassen, hatte die italienische Regierung die europäische Asyl-Debatte zuletzt kräftig angeheizt. “In Innsbruck wollen wir EU-Außengrenzen verteidigen. Wir hoffen, dass Europa endlich aufwacht”, so Salvini vor dem Treffen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Schlepperbekämpfung. Österreich wird sein 2016 eingerichtetes Joint Operational Office (JOO) zur Bekämpfung des Menschenschmuggels vorstellen, das grenzüberschreitend tätig ist und mit Europol und der EU-Grenzschutzagentur Frontex zusammenarbeitet. Man werde darüber diskutieren, wie dieses Modell auf europäischer Ebene weiter entwickelt werden kann, hieß es dazu aus dem Innenministerium.

Maßnahmen gegen Antisemitismus

Bei einem Arbeitsmittagessen steht dann das Thema “Förderung Europäischer Werte sowie Maßnahmen gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischer Einrichtungen in Europa” auf der Agenda. Die Innenminister wollen der in einigen Staaten feststellbaren Antisemitismus-bedingten Abwanderung jüdischer Bürger entgegenwirken. Man werde sich mit dem besseren physischen Schutz jüdischer Gemeinschaften und Einrichtungen und einem effizienteren Vorgehen gegen Antisemitismus – auch im Internet – beschäftigen.

Beim informellen Treffen der Justizminister am Freitag geht es schließlich noch um elektronische Beweismittel, Verbesserungen der justiziellen Zusammenarbeit bei Zivilsachen sowie um den Bereich der gegenseitigen Anerkennung in Strafsachen, wie es im Einladungsschreiben von Innenminister Kickl und Justizminister Josef Moser (ÖVP) heißt.

Das EU-Ministertreffen wird von strengen Sicherheitskontrollen rund um den Veranstaltungsort im Congress Innsbruck begleitet. Auch der Luftraum über Tirol wird verstärkt überwacht. Seit Anfang der Woche gibt es darüber hinaus verschärfte Kontrollen an den Tiroler Grenzen zu Deutschland und Italien. An den Autobahnübergängen Brenner und Kufstein/Kiefersfelden werden bei der Einreise nach Österreich sogenannte Sichtkontrollen durchgeführt.

Kickl-Vision: EU-Asyl nur für Menschen aus Anrainerstaaten

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat sich dafür ausgesprochen, dass es für Menschen, die nicht aus einem unmittelbaren EU-Nachbarland kommen, nicht mehr möglich sein soll, einen Asylantrag in der EU zu stellen. “Das wäre eine Vision”, sagte Kickl am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) anlässlich einer Konferenz über militärische Assistenzeinsätze.

“Letztendlich”, begründete Kickl seinen Ansatz, “würde ja alles andere einen Anreiz für Schlepper bedeuten, zu sagen: ‘Ich nehme dir dein Geld dafür ab, dass ich dich auf den Boden der Europäischen Union bringe, weil dort hast du die Garantie, einen entsprechenden Asylantrag zu stellen und die Wahrscheinlichkeit, dass man dich jemals wieder zurückbringt, ist eine sehr, sehr geringe.” Das wäre “genau der falsche Pull-Faktor”, deswegen müsse man “hier mutig und offensiv nach vorne gehen”.

Auch von der Möglichkeit, Asyl in einer österreichischen Botschaft beantragen zu können, hält Kickl nichts: “Reden wir von der Botschaft, die jemand aufsucht in dem Land, in dem er verfolgt wird, sich aber doch so frei bewegen kann, dass er in die Botschaft kommt – oder reden wir von der Botschaft im Nachbarland? Aber da wäre er wahrscheinlich schon wieder in einem sicheren Land.”

Asylpolitik: Kickl fordert “Ehrlichkeit”

Kickls mittel- bis langfristiges Modell sieht dagegen vor, in bestehenden Flüchtlingslagern “mit einer Art fliegender Kommission” jene Flüchtlinge auszuwählen, die am schutzbedürftigsten sind. Er sieht darin keinen Widerspruch zu internationalen rechtlichen Verpflichtungen wie der Genfer Flüchtlingskonvention: “Ich kann nirgendwo diesem Text entnehmen, dass Europa auch zuständig sein muss für die Asylanträge von Menschen, die aus Regionen kommen, die tausende Kilometer von uns entfernt sind.” Kickl forderte “Ehrlichkeit” in der Asylpolitik, letztlich könne man nicht weltweit “jeden Verfolgten retten” und auch angesichts der Bevölkerungsentwicklung Afrikas werde man “immer vor der Frage stehen: Wen nehmen wir?”

Anlass des gemeinsamen Ministerauftritts war eine Expertenkonferenz die Möglichkeiten zivil-militärischer Zusammenarbeit zur Bewältigung sicherheitspolitischer Herausforderungen wie des EU-Außengrenzschutzes. Österreich, erklärten Kunasek und Kickl, wolle das erfolgreiche Modell der Bundesheer-Assistenzeinsätze in die EU “exportieren”, etwa zur Unterstützung der EU-Grenzschutzagentur Frontex, bis diese personell aufgestockt sei. Aber auch Einsätze österreichische Soldaten zum Außengrenzschutz in Griechenland und Italien oder in Nordafrika könnten “ein möglicher Beitrag im Zuge des gesamteuropäischen Grenzschutzes” sein, bestätigte Kickl: “Auch das ist eine Möglichkeit, über die wir nachdenken.”

Kunasek will ein von der Wiener Konferenz zu erarbeitendes Konzept für die politischen, organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen einer “gut überdachten und ausgebauten militärisch-zivilen Zusammenarbeitsebene” beim Treffen der EU-Verteidigungsminister Ende August vorstellen.

APA/red

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