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NR-Wahl 2017: Eine Wahl unter anderen Vorzeichen - große Koalition vor dem Aus

6,4 Millionen Österreicher sind zur Stimmabgabe bei der NR-Wahl berechtigt
6,4 Millionen Österreicher sind zur Stimmabgabe bei der NR-Wahl berechtigt ©APA (Sujet)
Die bevorstehende Nationalratswahl steht unter anderen Vorzeichen: In den Umfragen liegt die ÖVP vorn, dahinter SPÖ und FPÖ Kopf an Kopf; die Fortsetzung der Großen Koalition gilt als unwahrscheinlich, eine Regierungsbeteiligung der FPÖ als wahrscheinlich.
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Fast genau 6,4 Millionen Österreicher sind in 50 Tagen aufgerufen, 183 Nationalratsabgeordnete zu wählen – und damit die Weichen für die nächste Regierung zu stellen. Abgesehen von den “Sonntagsfrage”-Auswertungen gibt es wenig Anhaltspunkte dafür, was der 15. Oktober bringen könnte. Die letzten Landtagswahlen liegen schon zwei Jahre zurück: Damals, am Höhepunkt der Flüchtlingskrise, legte die FPÖ fast überall stark zu, SPÖ und ÖVP erlitten großteils schwere Schlappen.

Alte Parteibindungen weitgehend erodiert

Auch die Bundespräsidentenwahl im Vorjahr lässt kaum Rückschlüsse zu – allenfalls den, dass die alten Parteibindungen weitgehend erodiert sind. Die Kür ihres Ex-Parteichefs Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten scheint den Grünen im Hinblick auf die Nationalratswahl wenig geholfen zu haben. Für die FPÖ bekam mit dem Scheitern ihres Kandidaten Norbert Hofer allerdings das Bild der hoch erfolgreichen Sieger-Partei einen Schatten.

Sehr mobil zeigten sich auch die von den Meinungsforschern Befragten: Mit der Ablöse von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner durch Sebastian Kurz stieg die ÖVP vom dritten auf den ersten Platz auf – den zuvor fast durchgehend die FPÖ eingenommen hatte. Die SPÖ wird nach wie vor zumeist auf Platz 2 gereiht, aber nur knapp vor der FPÖ. Wandern dürften diesmal auch viele Grün-Wähler, zum guten Teil wohl zur Liste Pilz. Wandern (oder daheimbleiben) müssen die 5,73 Prozent Team Stronach-Wähler, den dieses tritt nicht mehr an.

ÖVP hat allen Grund zur Hoffnung

Auf viel Zuwachs kann die ÖVP hoffen: Die aktuellen Umfragewerte von 32 bis 35 Prozent verheißen einen kräftigen Zuwachs zum 2013 erlittenen historischen Tiefststand von 23,99 Prozent. Vom recht deutlichen Minus bis zum schwachen Plus – auf 23 bis 27 Prozent – werden der SPÖ derzeit prognostiziert. Auch sie schnitt 2013 mit 26,82 Prozent schwach wie nie zuvor ab. Die FPÖ, die bis zum Mai Umfragewerte auch über 30 Prozent hatte, stand zuletzt auf 22 bis in Einzelfällen 26 oder 27 – also jedenfalls ein Zuwachs zu den 20,51 Prozent aus 2013.

Bei der vorigen Wahl hatten ÖVP und FPÖ keine Mehrheit – also setzten SPÖ und ÖVP die Große Koalition fort. Ihre Mehrheit war allerdings schwach wie nie zuvor: Mit 52 SPÖ- und 47 ÖVP-Mandaten kam man auf 99 der 183 Sitze. Im Lauf der Legislaturperiode wurden es mehr – dank einiger Abwerbungen vor allem vom Team Stronach zählt die ÖVP jetzt 51 Abgeordnete. Das heißt Gleichstand, denn die SPÖ hat eine Abgeordnete an die Liste Pilz verloren.

Große Veränderungen bei den Klubs vor der NR-Wahl

Überhaupt wanderten die Abgeordneten wie noch nie zuvor, kein einziger Klub hat mehr die gleiche Stärke wie nach der Wahl 2013 – und einer, das Team Stronach, hat sich schon wieder aufgelöst. Damit ist die Gruppe der “wilden” Abgeordneten – mit jetzt 14 – groß wie nie. Sie versuchen jedoch zu einem guten Teil, über neue Parteien (Liste Pilz, Freie Liste Österreich, Weiße) im Parlament zu bleiben.

Zumindest eine davon, die Liste des Ex-Grünen Peter Pilz, könnte dies – mit Umfragewerten von vier bis fünf Prozent – schaffen. Dies geht zulasten der Grünen: Sie werden mit ungefähr der Hälfte der 2013 errungenen 12,42 Prozent ausgewiesen. Die NEOS, die 2013 mit 4,96 Prozent einzogen, dürften laut den Meinungsforschern ziemlich gleich bleiben.

Andere Parteien dürften eher geringe Chancen haben, bei der heurigen Nationalratswahl über die Vier-Prozent-Grenze zu kommen – wenngleich diesmal zehn Listen bundesweit antreten. Die KPÖ, die Roland Düringer-Liste GILT, die Freie Liste Österreich von Karl Schnell und die von Team Stronach-Leuten unterstützten “Weißen” wurden in den veröffentlichten Umfragen bisher nicht ausgewiesen.

Mit neuen Spitzenkandidaten in die Nationalratswahl

Neu sind nicht nur vier Parteien – ein guter Teil der “alten” Parteien zieht mit neuen Spitzenkandidaten in die Wahl. In der SPÖ löste im Mai 2016 Christian Kern (51) Werner Faymann ab. Die ÖVP tauschte zunächst im August 2014 ihren Michael Spindelegger gegen Reinhold Mitterlehner aus und dann diesen im heurigen Mai gegen Sebastian Kurz (30). Kurz darauf trat Grünen-Chefin Eva Glawischnig zurück, die überraschte Partei installierte eine Doppelspitze: Parteichefin ist Ingrid Felipe, Spitzenkandidatin die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek (60).

Dagegen schon Dinosaurier sind FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und KPÖ-Chef Mirko Messner (68). Sie wurden beide im Frühjahr 2006 Parteichefs und sind somit zum vierten Mal Spitzenkandidaten. Immerhin schon zum zweiten Mal ist Matthias Strolz (44) Frontman der erst vor der Wahl 2013 gegründeten NEOS.

(apa/red)

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