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Silvestermord: Verlobte des Täters vor Gericht

Prozess: Der sogenannte Silvestermord - der 35-jährige Harald W. wurde am letzten Tag des Jahres 2009 in Floridsdorf erschossen - hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können, wäre eine damals 18-Jährige zur Polizei gegangen.
Silvestermord kurz vor Klärung
Trio wegen Mordkomplott in U-Haft

Die junge Frau bekam mit, wie ihr Verlobter über Monate hinweg das Verbrechen plante, sich eine Pistole besorgte und ihr schließlich am Morgen des 31. Dezember ankündigte: “Heute ist der Tag.” Weil sie nichts dagegen unternahm, wurde die mittlerweile 19-Jährige am Mittwoch im Straflandesgericht zur Verantwortung gezogen.

Richterin Michaela Röggla-Weiss verhängte über das Mädchen wegen “Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung” – das Strafgesetzbuch sieht für dieses Delikt bis zu zwei Jahre Haft vor – eine sechsmonatige Freiheitsstrafe. Im Hinblick auf die geständige Verantwortung der 19-Jährigen, ihre bisherige Unbescholtenheit und ihr jugendliches Alter wurde unter Setzung einer dreijährigen Probezeit vom Vollzug der Strafe abgesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin erbat Bedenkzeit.

Opfer mutmaßlicher Vergewaltiger: Rachemotiv

Gegen Harald W. war im Vorjahr wegen Vergewaltigung ermittelt worden. Er stand im Verdacht, sich an der damals 18-Jährigen vergangen zu haben. Wie diese nun im Grauen Haus darlegte, dürfte ihr der wesentlich ältere Mann in einem Lokal K.o.-Tropfen in ein Getränk gegeben und die Situation ausgenützt haben, als das Mädchen vorübergehend das Bewusstsein verlor: “Als ich aufgewacht bin, hatte ich heftige Schmerzen im Intimbereich.”

Das Verfahren gegen Harald W. wurde allerdings eingestellt. Den entsprechenden Beschluss der Staatsanwaltschaft bekam auch das mutmaßliche Opfer zugestellt. Der Verlobte des Mädchens – ein 20 Jahre alter Lehrling, der seit zwei Jahren mit ihr liiert war – war darüber sehr erbost. “Er ist ziemlich wütend geworden. Er hat gemeint, man kann ihn nicht so einfach davonkommen lassen. Er hat gemeint, man soll ihm etwas antun”, berichtete die junge Frau.   

In weiterer Folge habe sich ihr Freund immer mehr “hineingesteigert”, schilderte die Angeklagte: “Eifersüchtig war er immer schon. Das hat ihn dann noch zusätzlich aufgebaut.” Sie bekam mit, wie ihr Partner einen älteren Freund beizog, sich über diesen eine Waffe beschaffte und bereits im Sommer versicherte, er werde Harald W. “umbringen”.

Dieser wurde dann wochen- und monatelang beobachtet, wobei es dem Lehrling nicht schwer fiel, den 35-Jährigen auszukundschaften: Auf dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft schien nicht nur der Name des Verdächtigen, sondern auch seine Adresse und seine Telefonnummer auf. “Ich habe es am Anfang nicht ernst genommen”, versicherte die 19-Jährige. Erst als ihr Freund von nichts Anderem mehr sprach, als es dem anderen heimzuzahlen, “habe ich mir Sorgen gemacht.”

 In den Mund geschossen

“Was hätte Sie tun sollen? Sie war in einer sehr schwierigen Situation”, gab Verteidiger Philipp Winkler zu bedenken. Seine Mandantin betonte, sie habe “versucht, ihn davon abzuhalten. Ich habe gutmütig geredet. Aber wir haben halt nicht viel geredet. Und dann ist es passiert.”

Am 31. Dezember, während seine Freundin eine Silvester-Party vorbereitete, ließ sich der Lehrling von einem Freund zur Adresse des 35-Jährigen chauffieren und schoss diesem, als er im Bademantel die Tür öffnete, in den Mund. Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft aus, die gegen den 20-Jährigen eine Mordanklage vorbereitet, die demnächst fertiggestellt sein soll.

Harald W. konnte sich noch in ein nahe gelegenes Lokal schleppen, wo er starb. Dass es sich dabei um ein von langer Hand geplantes Verbrechen handelte, wurde erst mit mehrmonatiger Verspätung entdeckt, nachdem der Gerichtsmediziner bei der Obduktion herausgefunden hatte, dass der Sterbende das tödliche Projektil, verschluckt hatte. Zunächst war davon ausgegangen worden, Harald W. habe sich beim Hantieren mit einem Feuerwerkskörper die tödliche Verletzung zugezogen.

Verlobung nicht gelöst

Die Verlobte des mutmaßlichen Täters räumte in ihrem Prozess ein, sie habe “geahnt”, dass ihr Freund seine Pläne durchziehen werde, als er ihre Silvester-Party verließ: “Ich habe gedacht, jetzt wird er ihn umbringen oder ihm irgendetwas antun. Weil ich nicht gewusst habe, was ich machen soll, habe ich mich hingesetzt .” ‘Wenn Sie wenigstens in diesem Moment die Polizei angerufen hätten, würde Herr W. vielleicht noch leben”, gab die Richterin zu bedenken. “Und ich wäre tot”, antwortete die 19-Jährige. Ihr Freund habe ihr schon die längste Zeit “Angst gemacht”.

Irgendwann in der Nacht sei ihr Partner dann zurück in die gemeinsame Wohnung gekommen, erzählte die Angeklagte: “Er hat gemeint, er hat es gemacht. Da habe ich zu weinen begonnen.” Obwohl der Lehrling seit über einem halben Jahr in U-Haft sitzt, wurde die Verlobung bisher nicht gelöst. “Wir sind noch zusammen”, gab die 19-Jährige bekannt. Der Kontakt beschränkt sich allerdings auf Briefe. Im Gefängnis besucht hat die junge Frau ihren Freund bisher nicht.

 

 

 

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