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Rudolf Leopold: Bedeutender Sammler, umstrittener Direktor

Rudolf Leopold
Rudolf Leopold ©APA
Er trug die bedeutendste Privatsammlung Österreichs zusammen. Der Schiele-Kenner und Museumsstifter war häufig wegen unklarer Provenienzen in Diskussion.

 Er war der bedeutendste Kunstsammler Österreichs und Museumsdirektor auf Lebenszeit, er hat Milliardenwerte bewegt und dabei weder auf persönlichen Luxus Wert gelegt, noch die Konfrontation mit seinen nie verstummenden Kritikern gescheut: Rudolf Leopold, als Schiele-Kenner in der ganzen Welt geachtet, als Sturschädel von Kunsthändlern und Politikern gleichermaßen gefürchtet, ist heute, Dienstag, nur wenige Monate nach seinem 85. Geburtstag, in einem Wiener Krankenhaus gestorben. Erst vor wenigen Tagen, am 16. Juni, war sein Geburtstagsfest nachgeholt worden.

Aus den Schlagzeilen ist Rudolf Leopold in den vergangenen Jahren vor allem wegen der strittigen Provenienz von Teilen seiner Sammlung nicht herausgekommen – derzeit wird sie von Forschern untersucht, die ihm persönlich wichtigste Entscheidung sollte der einstige Augenarzt mit dem sicheren Sammlerblick allerdings nicht mehr erleben: Das Schicksal des seit einem Jahrzehnt beschlagnahmten “Bildnis Wally”, das er bis zuletzt gegen eine Vergleichszahlung aus den USA zurückzuholen versuchte.

Gemälde von Gauermann war die erste Erwerbung

Rudolf Leopold wurde am 1. März 1925 in Wien geboren, wo er 1943 maturierte und nach dem Krieg Medizin studierte. Er wurde 1953 promoviert und spezialisierte sich anschließend auf die Augenheilkunde. Schon während seines Medizinstudiums nahm Leopold auch ein Studium der Kunstgeschichte auf und begann ab 1947 Bilder und Kunstobjekte zu sammeln. Ein Gemälde von Friedrich Gauermann war die erste Erwerbung, deren Kaufpreis der Student mit Nachhilfestunden finanzierte. Das Aufnehmen von Krediten, das Tauschen von Kunstwerken, der finanzielle Balanceakt hat Leopold sein ganzes Leben begleitet.

Zu Beginn waren es die Alten Meister und die Kunst des 19. Jahrhunderts, die ihn interessierten, bis ihm 1950 der Oeuvre-Katalog Egon Schiele von Kalir-Nierenstein in die Hände fiel. Ein “Damaskuserlebnis”, das den weiteren Weg des Sammlers zum kompetentesten Schiele-Experten bestimmte. Dabei kümmerte ihn wenig das damals abschätzige Urteil der Fachwelt. 1955 stellte Leopold für eine Ausstellung moderner österreichischer Kunst im Stedelijk Museum in Amsterdam eine Auswahl der Werke Schieles zusammen, die große internationale Resonanz brachte und eine Trendwende in der internationalen Rezeption des Künstlers einleitete.

Mit einer Reihe weiterer Ausstellungen sowie mit wissenschaftlichen Arbeiten wie der Erarbeitung einer großen Monografie begründeten den Ruf der Sammlung Leopold als “Schatzkammer des 20. Jahrhunderts” (Erhard Busek). In dieser sind neben der weltweit wichtigsten Schiele-Kollektion auch signifikante Arbeiten von Gustav Klimt oder Oskar Kokoschka sowie bedeutende Werkblöcke von Albin Egger-Lienz, Richard Gerstl oder Alfred Kubin zu finden.

Die genaue Bestandsaufnahme und Schätzung seiner Kollektion wurde Mitte der 90er Jahre zum mit Spannung verfolgten Krimi. Auf unvorstellbare 7,9 Milliarden Schilling (574 Mio. Euro) wurde schließlich seine über 5.000 Objekte umfassende Sammlung geschätzt, insgesamt 2,2 Milliarden Schilling (160 Mio. Euro) hatte die Republik Österreich und die Österreichische Nationalbank dafür bis 2007 in Ratenzahlungen zu überweisen.

Das von Ortner & Ortner im Museumsquartier errichtete und 2001 eröffnete Leopold Museum sorgte seither allerdings ununterbrochen für Kontroversen: Als Privatstiftung nicht vom Restitutionsgesetz erfasst, geriet die Sammlung immer wieder unter Anklage von Erbengruppe, die etwa Schieles “Häuser am Meer” zurückverlangen. In den vergangenen zwei Jahren hatte sich auch der Tonfall zwischen Leopold und der Isrealitischen Kultusgemeinde (IKG) immer mehr zugespitzt.

Erst Anfang Februar waren die Dossiers der unabhängigen Provenienzforscher, die im vergangenen Jahr die Herkunft von 23 Kunstwerken im Leopold Museum untersuchten, veröffentlicht worden. Leopold strebte jedoch stets einen Vergleich statt einer Rückgabe an. Sollte die Stiftung nun nach Leopolds Ableben beschließen, in Bundeseigentum überzugehen, wäre allerdings das Restitutionsgesetz auf die Sammlung anzuwenden. Der nun aus 3 “Leopold”-Vorstandsmitgliedern und 4 “Bundes”-Vorstandsmitgliedern bestehende Stiftungsvorstand wurde für morgen Vormittag einberufen.

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