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Geständnisse im Floridsdorfer Mordkomplott

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Die Ehefrau, die Schwiegermutter und der Stiefsohn, die ein heimtückisches Mordkomplott gegen einen 41-jährigen Wiener geschmiedet und dieses am 21. März 2007 in die Tat umgesetzt hatten, legten jetzt im Straflandesgericht umfassende Geständnisse ab. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Demnach musste der Familienvater sterben, weil seine Frau seine angebliche Vorliebe für außergewöhnliche Sexualpraktiken nicht mehr länger ertrug und sich eine Scheidung nicht vorstellen konnte.

 Bilder vom Tatort: Mordalarm in der Großfeldsiedlung

Die 35-jährige Frühpensionistin – sie leidet an chronischer Polyarthritis und ist außerstande, einen Beruf auszuüben – gab zu, schon Wochen vorher mit ihrer Mutter beschlossen zu haben, dass ihr Mann „weg“ müsse. Sie bekannte sich schuldig, ihren ältesten Sohn zum Mord angestiftet und sich an den Tötungshandlungen beteiligt zu haben, als der zum Tatzeitpunkt 17-Jährige den Plan in der ehelichen Wohnung in Wien-Floridsdorf umsetzte.

Darüber hinaus war die nunmehrige Witwe zu keinen weiteren Angaben bereit: Sie machte von ihrem Recht Gebrauch, in der Hauptverhandlung keine Fragen beantworten zu müssen. Richterin Eva-Maria Wilder konfrontierte daher die Geschworenen mit den Aussagen, die die Frau nach ihrer Festnahme getätigt hatte: Demnach soll ihr Mann seit Jahren „ekelhafte Sachen“ verlangt haben, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Angeregt von Porno-Videos, habe er mit ihr abartige Szenen „nachgestellt“, dabei Sex-Spielzeug verwendet. Es sei „immer schlimmer, immer ärger, immer öfter“ geworden, hatte die Frau der Polizei erzählt.

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Sohn packte aus

Umso gesprächiger zeigte sich der Sohn, der seiner Darstellung zufolge mit dem Mord die Zuneigung seiner Mutter „erkaufen“ wollte. Diese hatte nach dem Scheitern ihrer ersten Ehe zwar das Sorgerecht für den Burschen und seinen jüngeren Bruder zugesprochen bekommen, trat dieses später jedoch freiwillig ab, um „ein neues Leben zu beginnen“, wie sie dem Jugendamt erklärte.

Zum Verhältnis zu seiner Mutter befragt, berichtete der mittlerweile 18-Jährige den Geschworenen, von dieser sei „fast gar nix gekommen. Ich hab’ sie zum Geburtstag gesehen und zu Weihnachten einen Anruf gekriegt“. Als er in Folge seiner Drogen- und Spielsucht Anfang 2007 die Lehre hinschmiss, änderte sich das: Er zog zu seiner Großmutter mütterlicherseits und sah die Mutter nun mehrmals wöchentlich, weil diese regelmäßig auf Besuch kam.

Eines Tages wurde er am Frühstückstisch von den beiden Frauen gefragt, ob er sich „zutraue“, seinen Stiefvater „auf illegale Weise wegzubringen“. Der 17-Jährige meinte, unter Kokaineinfluss wäre dies denkbar, worauf ihm seine Oma mit den Worten ausreichend Bargeld zusteckte und erläuterte: „Die Mama derblast es nimmer!“ Außerdem kaufte die Großmutter bei einem Bekannten eine Pistole.

Auf die Frage, weshalb er sich zum Mord bereiterklärt habe, meinte der Jugendliche: „Ich hätte für meine Mutter alles gemacht. Ich hab’ mich geborgen gefühlt.“ Weshalb diese ihren Mann loswerden wollte, habe ihn nicht beschäftigt: „Ich hab’ nicht drüber nachgedacht.“ Die Beziehung seiner Mutter zu ihrem Ehemann habe aus seiner Sicht „normal ausg’schaut“, sagte der 18-Jährige: „A paar Streitigkeiten halt. Aber das ist normal.“

Wie der 18-jährige Bursch darlegte, dürfte seine Mutter schon im Vorfeld versucht haben, ihren Mann zu töten, indem sie ihm Schlaftabletten in Getränke mengte. Dieser sei jedoch „immer wieder aufgewacht“. Er selbst hätte mit dem Stiefvater „kein Problem gehabt“, sagte der junge Mann.

Dennoch ließ er sich von seiner Großmutter zum Alberner Hafen chauffieren, wo der Jugendliche mit der von dieser erworbenen Pistole Schießübungen machen musste. Bezahlt wurde die Waffe übrigens mit der Kreditkarte des späteren Mordopfers, die die Ehefrau listigerweise ihrem Mann entwendet hatte. Die Oma habe ihm erklärt, man müsse „testen, wie laut die Waffe ist“, so der 18-Jährige zu den Geschworenen.

Mordplan um Mordplan gescheitert

Insgesamt vier gescheiterte Versuche, den Stiefvater zu töten, unternahm der Jugendliche, ehe das Vorhaben glückte. Er lauerte dem 41-Jährigen mit einem Messer auf, als dieser am frühen Morgen seine Wohnung verließ. Mit geladener Pistole platzierte er sich zwischen den Müllcontainern, in denen der Familienvater üblicherweise den angefallenen Abfall entsorgte. Er traute sich allerdings dann doch nicht, zuzustechen bzw. abzudrücken, was die Großmutter, die ihn stets zum festgelegten Tatort geführt hatte, schließlich mit einer abfälligen Bemerkung kommentiert haben soll.

Am Frühstückstisch tagte schließlich wieder der „Familienrat“. Die Mutter habe ihn gefragt, ob er es sich „noch zutraue“, erinnerte sich der 18-Jährige. Er habe „Wer sonst soll’s machen?“ geantwortet. Daraufhin sei beschlossen worden, in der Wohnung des Opfers einen Raubmord zu inszenieren.

Nach einem gemeinsamen Frühstück begaben sich am 21. März 2007 die Ehefrau, die Schwiegermutter und der Stiefsohn des 41-Jährigen nach Floridsdorf. „Heute muss es passieren“, war die einhellige Meinung. Man raffte die Playstation des 41-Jährigen und Wertgegenstände zusammen, die die Großmutter in einer Sporttasche wegbrachte. An sich wäre vorgesehen gewesen, dass ihr Enkel allein das Eintreffen des Mannes abwartete. Doch dieser kehrte vorzeitig heim, so dass es seine Ehefrau nicht mehr rechtzeitig aus der Wohnung schaffte.

Sie versteckte sich im Badezimmer, während ihr Sohn mit gezückter Pistole dem überraschten Stiefvater im Vorzimmer gegenüber trat. „Dann hab’ ich einfach zwei, drei Mal abgedrückt. Urschnell“, schilderte der 18-Jährige dem Gericht. Er traf den Mann jedoch nur ein Mal, und das oberhalb des Knies. Da habe er sich auf diesen gestürzt, mit der Waffe und der Faust auf ihn eingeschlagen. Schließlich kam ihm die Mutter zu Hilfe, indem sie mit einem Baseballschläger auf ihren Mann eindreschen wollte, was dieser jedoch abwehren konnte.

„Hilfe! Der will mi umbringen! Hilf mir!“, soll das Opfer seiner „besseren Hälfte“ noch zugerufen habe, ehe die Frau ihrem Sohn einen Feuerlöscher brachte, mit dem dieser dem 41-Jährigen schließlich den Schädel einschlug. Die Mutter habe darauf „Es reicht schon!“ befunden, schilderte der 18-Jährige. Dennoch habe er noch nach einem Messer verlangt, das die Mutter aus der Küche besorgte: „Er hat noch geröchelt. Da hab’ ich ihm die Klinge ganz in den Bauch gestochen. Dann war’s aus.“

Er habe sich „nix gedacht“, sei nach der Tat „wie hirnlos, wie kopflos“ gewesen, schilderte der Angeklagte. Die Mutter habe die Oma telefonisch in die Wohnung zurückbeordert. Er habe 500 Euro bekommen, um sich neue Schuhe zu kaufen: „Die alten waren voller Blut.“ Die Mutter habe dem Toten Danclor über den Kopf geschüttet und dann „aufgewischt“, gab der Bursch zu Protokoll. Dann sei sie zum Hausmeister gegangen und habe angegeben, ein Unbekannter wäre in die Wohnung eingedrungen und habe ihren Mann ermordet, was die Polizei aber sehr rasch als gelogen erkannte.

Er habe das Ansinnen seiner Mutter, ihren Mann zu töten, nicht abgelehnt, „weil ich Angst hatte, dass sie mich wieder links liegen lässt so wie früher“, meinte der Älteste der Frühpensionistin. Er habe gehofft, dass er bzw. sein jüngerer Bruder das Zimmer des Stiefvaters beziehen könnten. Man habe im Vorfeld schon in Katalogen geblättert, um sich dafür neue Möbel auszusuchen, stellte der Angeklagte fest, der abschließend klar machte, dass er sich „benutzt“ fühle und daraus seine Lehren für’s spätere Leben ziehen werde: „Ich mach nix mehr für jemand anderen!“

Oma wollte ihrer Tochter helfen

Die Großmutter, die sich ebenfalls der Anstiftung zum Mord schuldig bekannte, legte dar, sie habe deswegen mitgemacht, „weil ich nicht sehen konnte, wie meine Tochter leidet“. Diese habe ihr nämlich erzählt, dass sie aufgrund ihres Ehemanns „Beruhigungstropfen“ benötige, so die 53-jährige Postangestellte.

Die Tochter, zu der sie ein sehr inniges Verhältnis habe, habe sie im Februar wissen lassen, dass sie ihren Mann „auf illegale Weise“ loswerden wolle: „Ich habe das am Anfang nicht ernst genommen. Dann habe ich gesehen, dass sie es ernst meint.“ Sie habe sich in weiterer Folge dazu „hinreißen“ lassen, sich an dem Mordkomplott zu beteiligen: „Ich würde er gern rückgängig machen. Weil’s nicht normal ist.“ Sie habe „nur an ihre Tochter gedacht“, betonte die 53-Jährige.

Deren Ehemann beschrieb die Frau als „Einsiedler“, der „nirgends hingehen“ habe wollen. Auf die Frage von Staatsanwältin Katja Wallenscheswki, ob es ihr leidtue, dass der Mann sterben musste, meinte die Großmutter nach einer langen Nachdenkpause: „Ich hab’ ihn kaum gekannt. Wenn ich könnte, würde ich es ungeschehen machen.“

Die Staatsanwältin hielt der Angeklagten auch vor, ihren Enkelsohn in das Mordkomplott mit hineingezogen zu haben. Man sei „Sämtliches durchgegangen, was am Einfachsten ist“, gab die 53-Jährige in daraufhin zu bedenken. Der damals noch 17-Jährige sei zum Täter erkoren worden, „weil er ein Bub ist“. Auf Vorhalt der Staatsanwältin, sie hätte doch auch eine Pistole bedienen und den Burschen damit aus dem Spiel lassen können, bemerkte die Oma: „Wenn ich jünger gewesen wäre, vielleicht!“

Haftstrafen nicht rechtskräftig

Die Ehefrau ist wegen Anstiftung zum Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alte Bursch erhielt wegen Mordes neun Jahre. 18 Jahre Haft setzte es für seine Großmutter, die ihm unter anderem eine Pistole und Kokain besorgt hatte, damit er auch ja die Tat begehe.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Der Jugendliche, der seinen Stiefvater am 21. März 2007 in dessen Wohnung in Wien-Floridsdorf mit einem Feuerlöscher erschlagen hatte, nachdem er mehrere Schüsse auf ihn abgegeben hatte, akzeptierte seine Strafe, doch Staatsanwältin Katja Wallenscheswki gab vorerst keine Erklärung ab. Die Ehefrau und ihre Mutter meldeten Strafberufung bzw. Bedenkzeit an.

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