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Möglicherweise zu Unrecht als Bankräuber verurteilt: Prozess in Wien

Das Verfahren gegen einen verurteilten Bankräuber soll neu aufgerollt werden
Das Verfahren gegen einen verurteilten Bankräuber soll neu aufgerollt werden ©BilderBox.com (Sujet)
Ein 41-jähriger Mann aus Ungarn ist 2009 im Wiener Landesgericht möglicherweise zu Unrecht als Bankräuber verurteilt worden. Davon ist jedenfalls sein Verteidiger Nikolaus Rast überzeugt, dem es gelungen ist, mit neuen Beweismitteln eine Wiederaufnahme zu erwirken.

Am Dienstag wurde im Grauen Haus die zweite Verhandlung gegen Tamas S. eröffnet, in der die Schuldfrage endgültig geklärt werden soll.

“Bin ein Dieb, kein Räuber”

Er sei “ein Dieb, aber kein Räuber”, versicherte dabei der Ungar, der eine zehnjährige Freiheitsstrafe für den Überfall auf eine BAWAG-Filiale in der Taborstraße in Wien-Leopoldstadt vom 16. April 2004 verbüßt. Zwei Täter waren damals über das Kellergeschoß des Nachbargebäudes in den Keller der Bank gelangt und in weiterer Folge in den Tresorraum vorgedrungen. Der in Rififi-Manier verübte Bankraub machte sich mit einer Beute von 190.000 Euro mehr als bezahlt.

Ungar beteuerte Unschuld an Bankraub

Der Polizei gelang es in weiterer Folge, zwei Ungarn als mutmaßliche Täter auszuforschen und festzunehmen. Die beiden wurden vor Gericht gestellt. Während der eine sich schuldig bekannte und Tamas S. als seinen Komplizen belastete, beteuerte jener seine Schuldlosigkeit. Er wurde dennoch von Geschworenen mit 5:3 Stimmen – also dem knappest möglichen Quorum – schuldig erkannt. Beide Angeklagte fassten je zehn Jahre Haft aus.

DNA belastete Angeklagten

Tamas S. sei von seinem Landsmann aus Rache in die Sache hineingezogen worden, mit der er in Wahrheit gar nichts zu tun hatte, machte nun der Rechtsvertreter des 41-Jährigen geltend. Sein Mandant habe diesem Geld geschuldet und sei außerdem mit dessen Geliebter intim gewesen, offenbarte Verteidiger Nikolaus Rast dem Schöffensenat (Vorsitz: Gerald Wagner).

Dass auf einem am Tatort sichergestellten Arbeitshandschuh die DNA seines Mandanten gefunden wurde, ließ der Anwalt nicht als Schuldbeweis gelten: Tamas S. und der diesen ursprünglich belastende Räuber hätten in Budapest gemeinsam eine Wohnung renoviert, der Täter habe den Werkzeugkasten samt den Handschuhen offenbar mit nach Wien genommen und für den Raub verwendet.

Zweifel an Schuld am Coup

Erste Zweifel an der Schuld des 41-Jährigen kamen eineinhalb Jahre nach seiner Verurteilung auf, als sein angeblicher Mittäter sich im Gefängnis plötzlich an die Behörden wandte und erklärte, er habe Tamas S. zu Unrecht als seinen Komplizen genannt. Er habe jetzt “zu Christus gefunden” und könne es mit seinem Glauben nicht mehr vereinbaren, bei dieser Falschaussage zu bleiben.

Wiederaufnahme des Verfahrens in Wien

Nach Recherchen im Umfeld jenes Mannes, der in Wahrheit der zweite Täter gewesen sein soll, wurde von einem Drei- Richter-Senat die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt. Der mittlerweile Verstorbene, der von der Justiz nicht belangt wurde, soll in einem Wirtshaus in Ungarn mit dem Raub geprahlt und plötzlich über sehr viel Geld verfügt haben.

Insgesamt vier Personen, die im Wege einer Videokonferenz einvernommen werden sollen, hat Verteidiger Rast als Entlastungszeugen nominiert. Die Einvernahmen sollen frühestens Ende November abgewickelt werden, die Verhandlung wurde daher auf vorerst unbestimmte Zeit vertagt.

(apa/red)

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