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Mit Gefühl und High-tech: Die Wiener Geisterjäger im Einsatz

Wilhelm Gabler, Geisterjäger in Wien, geht seine Leidenschaft buchstäblich unter die Haut.
Wilhelm Gabler, Geisterjäger in Wien, geht seine Leidenschaft buchstäblich unter die Haut. ©vienna.at/Paul Frühauf
Die Wiener Geisterjäger sind eigentlich genau das Gegenteil von dem, als was sie sich bezeichnen: Denn laut Wilhelm Gabler, Gründer des Vereins Vienna Ghosthunters, sieht er es als seine vorrangige Aufgabe, angeblichen Spuk zu widerlegen.
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Vor wenigen Wochen waren wir zu Besuch auf dem Friedhof der Namenlosen am äußeren Ende von Simmering, hinter dem Alberner Hafen. Mitte April kehren wir zurück, mit Verstärkung. Denn die Vienna Ghosthunters zeigen uns, wie sie die Seelen der Verstorbenen aufspüren.

Geisterjäger setzen auf Gefühl und High-tech

“Das Wichtigste”, erzählt Wilhelm Gabler, “ist, Gefühl zu haben. Der Hauptteil jeder Investigation (der Fachterminus) ist, den Ort zu begehen und Stellen ausfindig zu machen, an denen sich das eigene Gefühl ändert.”

Dieses schwer definierbare Gefühl kann laut Gabler übrigens erlernt werden. “Kleine Kinder haben es”, so der Geisterjäger. “Und dann wird ihnen beigebracht, was es alles nicht gibt oder geben kann.” Seine Vereinsmitglieder werden vor dem ersten Einsatz sensibilisiert – beispielsweise, indem sie sich auf eine bestimmte Bank am Friedhof der Namenlosen setzen. Was sie allerdings nicht wissen ist, dass nur wenige Zentimeter neben dieser Bank der Sohn des Friedhofsgründers Selbstmord begangen hatte. “Nur wenige Menschen können auf dieser Bank länger als zehn Minuten sitzen”.

Der zweite Teil der Ausstattung der Geisterjäger ist Technik. Doch nicht etwa selbtgebastelte Gerätschaften wie aus Hollywood bekannt, sondern Standard-Geräte aus dem Elektronikmarkt. Kameras, Richtmikrofone, Magnetfeldmesser, Bewegungsmelder – sie alle sollen den notorisch eingeschränkten Sinnen des Menschen eine größere Bandbreite geben.

Die Widerlegung von Spuk

Doch das Finden von Geistern sieht der Vereinschef nicht als seine Hauptaufgabe. Viel mehr ist er sich einer sozialen Verantwortung bewusst. Denn bei weitem die meisten Klienten sind Menschen, die einfach alleine sind und sich Spuk durch einen geliebten Menschen einfach vorstellen – oder gar wünschen. Da ist dann viel Psychologie und Einfühlungsvermögen gefragt, wenn die Geisterjäger selbigen widerlegt haben. Wilhelm Gabler ist auf jeden Fall stolz darauf, schon so manche alleinstehende ältere Dame wieder in die Gesellschaft anderer Menschen gebracht zu haben.

Die kalten Zahlen sprechen übrigens gegen die Geister. “98 Prozent sind sofort wissenschaftlich erklärbar”, so Gabler. “Zwei Prozent sind das nicht.”

Geisterjäger brauchen viel Geduld

Die Auswertung einer Investigation erfolgt nicht vor Ort, sondern in Kleinarbeit zuhause. Tausende Fotos – übrigens immer ‘aus der Hüfte’ mit Blitz geschossen, um auch einen Teil des Infrarot-Spektrums sehen zu können – wollen gesichtet werden, Stunden an Videomaterial ebenfalls. Gesucht wird nach allem, was nicht erklärbar ist. Schatten beispielsweise, oder Formen im Nebel. Ein Treffer sieht dann so aus:

© Vienna Ghosthunters

 

Das ist Friedhofsgründer Josef Fuchs, einmal am Leben, auf der rechten Seite als geisterhafte Erscheinung im Nebel. Der Mann hat übrigens allen Grund zum Spuken: Beide seiner Söhne hatten Selbstmord begangen, ebenso wie seine Frau am Grab des einen.

“Am besten ist, mit der Kamera gar nicht zu zielen sondern einfach nur wahllos Bilder zu schießen. Da erwischt man dann diese Dinge, die man als Mensch oft nur ‘aus dem Augenwinkel’ gesehen hat.”

Interessante Orte für Wiener Geisterjäger

Neben Privatwohnungen zieht es die Geisterjäger vor allem in das, was man sich landläufig unter Spukhäusern und anderen unheimlichen Orten vorstellt. Der Friedhof der Namenlosen ist dabei eine besondere Leidenschaft von Wilhelm Gabler. “Hier hatte ich meine erste Begegnung”, sagt er. Doch die Vienna Ghosthunters haben schon Investigationen in ganz anderem Maßstab durchgeführt. Acht Stunden lang waren sie im ehemaligen Hotel Feichtenbach im Wienerwald. Der nationalsozialistische ‘Lebensborn’, ein Zuchtprogramm für ‘Arier’, hatte deutliche Spuren hinterlassen. Wobei eine Tatsache das Leben des Geisterjägers erleichtert: “Wenn wo etwas Unerklärbares passiert, dann immer wieder.”

Der finanzielle Faktor

Der Skeptiker fragt natürlich: Was haben die davon? Sicher ist, der Verein nimmt für private Investigationen kein Geld. Er lebt von Spenden, und auch die nimmt er nicht von allen. “Wir haben das Geld von vielen alten Damen abgelehnt”, berichtet Gabler. “Immer dann, wenn wir sehen, dass nicht viel davon da ist. Es ist eine Leidenschaft, kein Geschäft.” Seine Tattoos beweisen das: VIENNA GHOST am rechten Innenarm, HUNTERS am linken. Gabler lässt sich seine Leidenschaft unter die Haut gehen.

Der tote Sepperl und die Geisterjäger

Von besonderem Interesse ist ein Grab am Friedhof der Namenlosen – der übrigens nicht geweiht ist, weil hier sehr viele Selbstmörder liegen: Das Grab von ‘Sepperl’, das uns schon bei unserem ersten Besuch aufgefallen war. Sepperl liegt im rechten hinteren Eck des Friedhofes, zusammen mit 28 anderen Kindern. Er wurde ermordet. Sein Grab wurde irgend wann einmal verlegt, er liegt also nicht zwingend auch dort, wo sein Kreuz steht. Aber offensichtlich fühlt er sich dorthin gezogen.

“Wenn sich was tut, dann dort”, sagt Gabler. Und zeigt uns ein weiteres Grab auf der linken Seite des Areals, ein sehr unscheinbares. “Das hier ist das einzige Kreuz, das nicht repariert wurde”, sagt Gabler und deutet auf einen abgebrochenen Arm. Die Jesusfigur, gleich bei allen Kreuzen, hat einen deutlichen braunen Fleck. “Der Fleck war sehr aktiv, als ich hier angefangen habe”, erzählt der Geisterjäger, ohne auf die Details einzugehen. Alle anderen Figuren sind rein silber.

Séancen und Situationen

Das schon angesprochene ‘Gefühl’ ist übrigens durchaus abhängig von der Umgebung. Ist die Stimmung so richtig gruselig, schlägt es stärker an als in der prallen Mittagssonne, das gibt auch der Geisterjäger offen zu. Und auch, dass er gerade auf dem Friedhof der Namenlosen schon Angst gehabt hat.

Auf das Thema Séancen angesprochen wird Wilhelm Gabler etwas wortkarg. “Ja”, sagt er. “Das machen wir schon. Aber ausschließlich dann, wenn ein Klient das verlangt und es ihm weiterhilft. Diese Zeiten sind vorbei, heute haben wir andere Methoden, um Geistern auf die Spur zu kommen. Und fügt hinzu: “Da rede ich nicht so gern darüber. Einer Zeitung habe ich davon erzählt und die hat uns dann in der Luft zerrissen.” Das will er natürlich nicht, denn im Moment ist der Verein ein wenig dünn besetzt. Sechs Mitglieder machen alles, mehr als zwei Dutzend haben sich verabschiedet. Allerdings gibt es eine Warteliste von 150 Personen, die jedoch alle auf Herz und Nieren geprüft werden müssen. Denn: “Viele sind nicht voll bei der Sache und sehen das nur als Spaß – oder gar Gelegenheit, einfach nur Drogen zu konsumieren. Da müssen wir rigoros sein.”

Ergebnisse der Geisterjäger

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Ergebnisse der Wiener Geisterjäger wenig konkret sind, zumindest für den Laien. Der sieht zum Beispiel auf einem einzigen Foto unter Tausenden etwas in dieser Form:

© Vienna Ghosthunters

 

Ist es menschlich? Schmutz auf der Linse? Ein zufälliger Schemen im Nebel?

Da ist auch Wilhelm Gabler realistisch. “Für mich ist der größte Erfolg, wenn wir einer Klientin sagen können, dass sie nur die Wasserleitung knarren hört und nicht der Karli selig durchs Haus spukt. Aber natürlich suchen wir nach dem ultimativen Beweis.”

Unser verregneter Samstag auf dem Friedhof der Namenlosen brachte übrigens keine Ergebnisse. Rund 300 Fotos, geschossen nach Anleitung der Geisterjäger, zeigten keinen einzigen Schatten. Kein Detektor wollte anschlagen. Aber – das kommt vor. Das gibt auch Wilhelm Gabler zu.

Live auf Geisterjagd in Wien

Im Zentrum der Geisterjäger-Kommunikation steht die Vereinshomepage. Dort wird auch ein besonderer Service für Interessenten und Enthusiasten geboten: Mehrmals pro Jahr kann die gesamte Welt per Livestream an einer echten Investigation teilhaben. Die nächste findet am Samstag, 26. Mai, von 20 bis 22.30 Uhr statt. Die Geisterjäger von Wien werden unter http://www.viennaghosthunters.net/seiten/LIVE.html ihre Arbeitsweise und Gerätschaften bei einem Einsatz demonstrierten.

(PFR)

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