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Kurz, Kneissl und Blümel stellten Schwerpunkte für Österreichs EU-Ratsvorsitz vor

Die Regierung stellte die Themenschwerpunkte für Österreichs EU-Ratsvorsitz vor.
Die Regierung stellte die Themenschwerpunkte für Österreichs EU-Ratsvorsitz vor. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Die Regierung präsentierte am Freitag, den 9. März, die Schwerpunkte des EU-Ratsvorsitzes Österreichs im zweiten Halbjahr 2018. Bundeskanzler Kurz, Außenministerin Kneissl und der für EU-Fragen zuständige Kanzleramtsminister Blümel betonten den Brexit und den Finanzrahmen des EU-Budgets nach 2020 als Herausforderungen.
Präsentation der Themen
"Asset" für EU-Ratsvorsitz

Die Verhandlungen über die künftige Finanzierung der EU würden wohl auch noch 2019 weitergehen, meinte Kurz, er rechne nicht mit einem Abschluss während Österreichs Ratsvorsitz. Bei den Verhandlungen mit London über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, liege viel Verantwortung bei EU-Chefverhandler Michel Barnier, betonte der Bundeskanzler. Noch sei aber nicht abzusehen, wie die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich aussehen würden.
Da durch Großbritannien ein großer Nettozahler wegfalle, müsse es zu einer Effizienzsteigerung im EU-Budget kommen. Auch gelte es, die bestehenden Regeln der Ko-Finanzierung zu evaluieren. Man müsse auch hinterfragen, ob “vieles, das stattfindet, noch Sinn macht”, meinte Kurz. Österreich fühle sich jedenfalls “in der Gruppe der Nettozahler sehr wohl, weil es ein positiver EU-Zugang ist und mit Geld sorgfältig umgegangen wird.” Kurz betonte aber auch, dass die Grundwerte Europas, wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, nicht verhandelbar seien. “Einer von mehreren Zugängen” sei es, dies auch mit finanziellen Mitteln zu verknüpfen.

Kampf gegen illegale Migration als Schwerpunkt

Österreich setze “auf ein Europa, das schützt”. Dafür sei es notwendig, in einigen Bereichen auf eine tiefere Zusammenarbeit zu setzen, sich im Kleineren aber zurückzunehmen, betonte der Bundeskanzler. An die erste Stelle seiner Agenda stellte er den Kampf gegen illegale Migration und für mehr Sicherheit in Europa. So soll auch der am 20. September in Salzburg stattfindende Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs diesem Thema gewidmet sein.

Dazu gelte “statt Streit über Verteilung (von Flüchtlingen, Anm.) den Fokus auf den Außengrenzschutz zu legen”, denn dieser dürfe nicht allein Italien und Griechenland überlassen werden. Er sei “zu 100 Prozent überzeugt, dass es zu stärkerer Hilfe vor Ort kommen wird”, aber auch eine Ausweitung des Mandats der EU-Grenzschutzagentur Frontex werde diskutiert, sagte Kurz. “Wenn es uns gelingt, die illegale Migration zu stoppen, wird das für mehr Sicherheit in der EU sorgen”, zeigte er sich überzeugt.

Kurz möchte Wohlstand sichern

Außerdem gebe es die Notwendigkeit, den Wohlstand zu sichern, so der Kanzler. Gelingen solle das etwa durch die Vollendung des digitalen Binnenmarkts. So hätten sich die EU-Staaten auf das Ende des Geoblockings beim Internethandel geeinigt. Ein Thema werde auch der Kampf gegen Internetgiganten wie Google oder Facebook. “Es gibt hier das Konzept der digitalen Betriebsstätte”, meinte Kurz. Das Ziel sei es, hier “Waffengleichheit” zu schaffen und dort zu besteuern “wo die Gewinne anfallen”.

Die Sicherheit in der Nachbarschaft sei der dritte Schwerpunkt Österreichs, sagte Kurz. Bei der Integration der Westbalkanländer arbeite Wien eng mit Bulgarien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, zusammen. So finde am 17. Mai auch eine Westbalkankonferenz in Sofia statt. Sehr wichtig sei es aber auch, Spannungen innerhalb der EU zu verhindern, meinte Kurz. “Wir werden alles dafür tun, um eine Spaltung der EU zu vermeiden”, betonte er. Österreich wolle “Brücken bauen” und ein “neutraler Makler” sein.

Stabilisierung Südosteuropas als Thema des EU-Ratsvorsitzes

Kneissl betonte, dies sei der erste Ratsvorsitz Österreichs nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der die Schaffung des Postens des EU-Außenbeauftragten vorsah. Daher werde im Bereich der Außenpolitik Federica Mogherini in vielen Bereichen den Vorsitz führen. Sie sei aber in gutem Kontakt mit der EU-Außenbeauftragten und werde sie, “wo es erforderlich und erwünscht ist”, vertreten.

Außenpolitische Themen würden neben der Stabilisierung Südosteuropas und den externen Aspekten der Migration auch die Weiterführung der EU-Globalstrategie sein. So sei etwa ein EU-Asien-Gipfel am 23. und 24. November geplant. “Es ist uns klar, dass in Asien die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen liegen”, meinte Kneissl. Aber auch Sicherheits- und Verteidigungspolitik bliebe auf der Agenda. Die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) sei zwar “territorial besiegt”, werde aber laut vielen Experten “als digitales Kalifat weiterleben”, warnte die Außenministerin.

Sicherheit soll während EU-Ratsvorsitz Österreichs erhöht werden

Das Budget der österreichischen Ratspräsidentschaft werde mit etwa 43 Millionen Euro gleich hoch sein wie 2006, erklärte Blümel. Die Ratspräsidentschaft solle jedenfalls dazu genützt werden, “die Sichtbarkeit Österreichs in Europa und der Welt zu erhöhen”. Er werde den Vorsitz im Rat für Allgemeine Angelegenheiten, dem Rat nach Artikel 50 (regelt den Austritt eines Mitgliedsstaates aus der EU, Anm.) und im Rat für kulturelle Angelegenheiten führen, betonte der Kanzleramtsminister. Es werde sicher eine intensive Zeit, da im Frühjahr 2019 ja auch ein neues Europaparlament gewählt werde, sagte Blümel. 190 Dossiers seien am Tisch, einige kämen sicher noch dazu, und diese gelte es dann abzuarbeiten.

Opposition kritisiert Schwerpunkte der Regierung

Kritik an den Schwerpunkten der Regierung für die EU-Ratspräsidentschaft äußerte die Opposition. “Die soziale Agenda wird in den präsentierten Schwerpunkten komplett außen vor gelassen”, sagte die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, Evelyn Regner, am Freitag. SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried forderte, dass der vagen Andeutung von Kurz, dass EU-Mittel künftig an das Einhalten von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen seien, “schleunigst Taten folgen” müssten. Der Kanzler solle jetzt beweisen,” wie ernst er es wirklich meint”, so Leichtfried mit Verweis auf die rechtsstaatlich äußerst problematische Situation in Ungarn und Polen.

NEOS-Europasprecherin Claudia Gamon kritisierte, es sei absolut unverantwortlich von Sebastian Kurz, bei den Themen Brexit und mehrjähriger Finanzrahmen “jede Verantwortung abschieben zu wollen”. Mutig wäre es, sich stattdessen “für eine Komplettreform der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Strukturförderung” einzusetzen, so Gamon. Monika Vana, die Vizepräsidentin der Grünen Fraktion im Europaparlament, kritisierte den von Kurz vorgesehenen Sparkurs in der EU. “Wir Grüne sind gegen ein kleineres EU-Budget und für eigene EU-Einnahmen, um die ewige Nettozahlerdebatte endlich zu beenden”, sagte Vana. Als eigene EU-Mittel nannte sie eine Kerosinabgabe oder eine Finanztransaktionssteuer.

EU-Gipfel wird in Salzburg stattfinden

Schauplatz des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs am 20. September wird die Stadt Salzburg sein. Die Mozartstadt war bereits wiederholt Gastgeber internationaler Treffen, vor allem boten auch die Festspiele im Sommer immer wieder Anlass. So gründete etwa der damalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) im Jahr 2000 das Innenminister-Treffen “Forum Salzburg”.

2005 kehrte das Forum, das sich im Lauf der Jahre zu einer mitteleuropäischen Sicherheitspartnerschaft entwickelte, der Festspielstadt allerdings den Rücken, es findet seither jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Auch bei der ersten EU-Ratspräsidentschaft Österreichs 1998 war Salzburg Schauplatz eines informellen Außenministertreffens. Während der zweiten Präsidentschaft 2006 versammelten sich im Jänner Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur aus ganz Europa zur EU-Konferenz “The Sound of Europe” sowie im März die EU-Außenminister. Zuletzt fand im August 2017 ein Sozialgipfel in Salzburg statt, zu dem der französische Präsident Emmanuel Macron anreiste.

“Mit dem Kongresshaus, den Festspielhäusern und unserer Stadt wird dieses Treffen im Herzen der EU ein Meilenstein der österreichischen Präsidentschaft sein”, freute sich am Freitag Landeshauptmann Wilfried Haslauer in einer Aussendung. Die Mozartstadt habe in der Vergangenheit schon öfter gezeigt, ein guter Boden für hochrangige politische Gespräche zu sein. “Teilnehmer schätzen in Salzburg vor allem die kurzen Wege und das einzigartige Ambiente”, so Haslauer. Er selber habe Bundeskanzler Sebastian Kurz bei den Planungen für die EU-Ratspräsidentschaft angeboten, dass Salzburg als zentraler Veranstaltungsort zur Verfügung steht.

APA/Red.

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