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Kurz-Blau gegen Kern-Grün-Pink

Gastkommentar von Johannes Huber zu Sebastian Kurz' Zukunftsoptionen
Gastkommentar von Johannes Huber zu Sebastian Kurz' Zukunftsoptionen ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Der ÖVP-Hoffnungsträger kann Neuwahlen allemal für sich entscheiden. Wenn es ihm nicht schadet, in einer Ecke mit den Freiheitlichen zu stehen.

Aus Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) werden keine Freunde mehr. Doch darum werden sie sich nicht weiter bemühen müssen: Reinhold Mitterlehner ist das letzte Regierungsmitglied der Österreichischen Volkspartei, das um die Große Koalition gekämpft hat. Mit seinem Rücktritt sind ihre Tage gezählt. Und damit wird auch die Zusammenarbeit von Kern und Kurz ein Ende haben. Ein für alle Mal.

Der Außenminister und wohl auch kommende ÖVP-Spitzenkandidat kann nur einen Plan haben: Nationalratswahlen gewinnen und dann Bundeskanzler werden. Wobei er dieses Vorhaben kaum mit Unterstützung der Sozialdemokraten realisieren wird; denn das wäre nichts anderes als eine Fortsetzung des Altbekannten. Wenn, dann ist eine neue Koalition nötig. Und eine solche lässt sich aufgrund der Mehrheitsverhältnisse unter seiner Führung nur mit den Freiheitlichen realisieren. Dabei kommt ihm zupass, dass die inhaltlichen Übereinstimmungen mit diesen erheblich sind – von Grenzkontrollen über einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bis hin zu einer restriktiven Integrationspolitik.

Bundeskanzler Christian Kern kann auf der anderen Seite nicht die Absicht haben, als Stellvertreter von Kurz in eine künftige Regierung zu gehen. Im Gegenteil, sein Parteigeschäftsführer Georg Niedermühlbichler hat schon verkündet, was er will: Rot-Grün-Pink. Womit zumindest absehbar ist, worauf es in einem Wahlkampf hinauslaufen wird: Kurz mit den Freiheitlichen versus Kern mit den Grünen und den Neos. Jetzt wird natürlich einiges anders kommen als es sich Politikbeobachter und Parteistrategen vorstellen. Die Ausgangslage ist aber nun einmal so, dass die ÖVP mit Kurz an der Spitze allen Umfragen zufolge beste Chancen hat, auf Platz eins zu kommen. Daher befindet er sich zumindest in der Poleposition. Und Kern hat daneben nur dann eine Chance, ihn gleich einmal zu überholen, wenn er die offene Auseinandersetzung mit dem 30-Jährigen sucht.

Aus alledem kann eine Eigendynamik entstehen, die für alle Beteiligten völlig unberechenbar ist: Kurz könnte zum Verhängnis werden, dass es ihn als Kanzler eben nur zusammen mit den Freiheitlichen gibt: Gegen sie kann es eine Mehrheit geben, wie die Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr gezeigt haben. Und das könnte auch ihm zu schaffen machen. Die Freiheitlichen laufen zudem Gefahr, nur zu Mehrheitsbeschaffern degradiert zu werden. Dabei möchte Heinz-Christian Strache doch selbst Regierungschef werden. Dazu aber muss er wieder fleißiger werden: Wenn es ums Ausländerthema geht, in welchem Zusammenhang auch immer, hat ihm Kurz den Rang abgelaufen.

Kern kann sich nicht sicher sein, dass eine rot-grün-pinke Mehrheit zustande kommt. Es ist möglich, aber bei weitem nicht fix: Bei einem ernsthaften Kanzlerduell verlieren erfahrungsgemäß immer die ganz und gar unbeteiligten Dritten. Das sind in diesem Fall die Grünen und die Neos: Dass sie den nächsten Regierungschef stellen, ist nach menschlichem Ermessen jedenfalls ausgeschlossen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik. 

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