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Glücksspiel: Sportwetten profitierten von Automatenverbot, Live-Geräte boomen

Spielautomaten sind verboten worden - dafür boomen nun Sportwetten
Spielautomaten sind verboten worden - dafür boomen nun Sportwetten ©APA (Sujet)
Das Automatenverbot und damit das sinkende Angebot von Glücksspielautomaten tat dem Zockverhalten der Österreicher 2014 keinen Abbruch. Der Umsatz mit Glücksspiel und Sportwetten legte um 3,6 Prozent auf 1,507 Mrd. Euro zu. Wien erlebt einen wahren Boom der Live-Wett-Geräte.
Gegen Video-Lotterie-Terminals
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Verbot beschäftigt VfGH
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"Nachbesserungsbedarf"

Dies errechnete der Wiener Berater Kreutzer Fischer & Partner. Besonders stark in die Höhe schnellten Sportwetten. Sie profitierten ebenso vom Automatenverbot wie das Online-Gaming, nicht jedoch die Casinos.

Lottoscheine und Rubbellose hoch im Kurs

Am meisten verspielten die Österreicher im Vorjahr mit Lottoscheinen und Rubellosen. Mit 668,9 Mio. Euro an Nettoerlösen kam fast die Hälfte der Erträge im heimischen Glücksspielsektor (1,349 Mrd. Euro) von Lotterieprodukten. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr betrug 2,8 Prozent, so KFP. Im wesentlichen sei das auf eine Preiserhöhung zurückzuführen.

Sportwetten verzeichnen Zuwachs

Den stärksten Zuwachs mit +18 Prozent auf 157,6 Mio. Euro verzeichneten Sportwetten. Diese sind in Österreich nicht als Glücksspiel deklariert, sind aber bei Suchtexperten umstritten. Vor allem Live-Wetten gelten als Ersatzdroge für Spielsüchtige, da genauso wie am klassischen Automaten binnen kurzer Zeit auf viele Ereignisse gesetzt werden kann. Ins Gerede geraten sind Live-Wetten auch im Hinblick auf Geldwäsche und Manipulation von Fußballspielen. Vorarlberg hat Live-Wetten als erstes Bundesland verboten, Tirol will nachziehen und auch Oberösterreich und Kärnten denken darüber nach.

Live-Wett-Geräte-Boom in Wien

In Wien dagegen schießen seit dem Verbot der herkömmlichen Glücksspielautomaten Live-Wett-Geräte aus dem Boden. Die rund 130 Wettlokale von Admiral (Novomatic), Cashpoint, Tipico, Wettpunkt und anderen kleineren Anbietern verzeichnen regen Zulauf.

“Glücksspielautomaten werden hauptsächlich in Wettlokalen betrieben. Wenn nun durch eine verschärfte gesetzliche Regulierung das nicht mehr möglich ist, wandert das Gros der Gäste nicht einfach ab. Auch das Spielvolumen geht nicht verloren”, erklärt KFP. Vielmehr verlagerte es sich in andere Bereiche, überdurchschnittlich hin zu Sportwetten.

“Sonderkonjunktur” bei stationären Wetten

Laut Kreutzer Fischer & Partner gab es schon 2014 eine “Sonderkonjunktur” bei stationären Wetten, die zu einem erheblichen Teil auf das sinkende Automatenangebot außerhalb von Casinos, speziell in Wien, zurückzuführen sei. Sportwetten in Spielhallen legten um mehr als 20 Prozent zu, Online-Plattformen lediglich um knapp vier Prozent.

Mitte April 2015 waren laut KFP-Zählung österreichweit nur mehr 7.950 Geräte in Betrieb, um 18 Prozent weniger als ein Jahr davor. Rund 3.300 davon hatten keine Bewilligung, so KFP.

Immer noch 650 Automaten in Wien

Der Berater geht davon aus, dass es in Wien trotz Verbots nach wie vor 650 Automaten gibt. Im Bundesland Salzburg zählt KFP 800 illegale Glücksspielgeräte, in Tirol 700. In beiden Bundesländern ist das Zocken an einarmigen Banditen verboten. “Immer mehr dieser Geräte stehen in Kulturvereinen für Menschen mit Migrationshintergrund”, so KFP.

Dennoch wuchs im vergangenen Jahr der Bruttospielertrag an Automaten leicht um 0,9 Prozent auf 379,6 Mio. Euro. Das ist laut KFP einzig auf die den Boom der WinWin-Automatenhallen des Casinos-Austria-Konzerns (Lotterien) zurückzuführen. Dieser betrieb im Vorjahr 13 WinWin-Salons mit sogenannten Video Lottery Terminals (VLT), das sind zentralvernetzte Spielautomaten, die nach wie vor in ganz Österreich legal sind. VLT sind nämlich nicht Bundesländersache; die Berechtigung, sie zu betreiben, hängt an der Lotterielizenz, die der Casinos-Austria-Konzern innehat. 2014 erhöhte sich der Bruttospielertrag der WinWin-Hallen laut KFP um 16 Prozent.

Casinos profitieren nicht

Die 12 Spielbanken der Casinos Austria konnten sich unterdessen kein Stück vom frei gewordenen Spielvolumen sichern. Der Bruttospielertrag stagnierte bei 168,3 Mio. Euro (+0,2 Prozent). “Und das aus gutem Grund, sprechen doch die österreichischen Casinos eine völlig andere Zielgruppe an als Automaten- und Sportwettenlokale.”

Stark gewachsen sind Glücksspielportale im Internet, und zwar um 5,1 Prozent auf 132,4 Mio. Euro. Den Anbietern sei es gelungen, via Handy neue Zielgruppen, etwa Frauen, zu erreichen, so KFP.

Online-Casinospiele haben größtes Wachstumspotenzial

Der Online-Casinospielen wird weltweit das größte Wachstumspotenzial im Glücksspielsektor zugeschrieben. Für Österreich sagt Kreutzer Fischer & Partner jedoch voraus, dass Glücksspiel und Sportwetten auf mittlere Sicht kein Wachstumsmarkt seien. Von 2008 bis 2014 seien die Bruttospielerträge im Schnitt um 0,1 Prozent pro Jahr gesunken. “Änderungen gab es nur bei den Marktanteilen der einzelnen Spielarten. Sämtliche ordnungspolitische Maßnahmen führten zwar zu keiner Verringerung des Spielvolumens, griffen aber entscheidend in den Wettbewerb ein”, befindet KFP in seinem aktuellen “Branchenradar” zum Glücksspiel.

(apa/red)

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