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"Ganslwirt"-Dependance sorgt für Ärger in Wieden

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Am Wiedener Gürtel 16 sperrt im April ein provisorisches Ausweichquartier für das Drogenzentrum "Ganslwirt" auf. Bezirk und Anrainer wurden im Vorfeld nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt.

Am Wiedener Gürtel 16 entsteht ein provisorisches Ausweichquartier für das Drogenzentrum “Ganslwirt” mit dem Titel “TaBeNo” (Tageszentrum, Betreuung, Notschlafstellen). Noch im April werden 26 betreute Notschlafbetten errichtet, ab Juli soll der Vollbetrieb mit 40 bis 50 Tagesplätzen starten. Seitens der Gemeinde wurde zugesichert, dass es sich um eine “temporäre Einrichtung” handelt, in 18 Monaten soll das “TaBeNo” am Wiedener Gürtel wieder Geschichte sein. Ende 2011 soll der “Ganslwirt Neu” am Gumpendorfer Gürtel eröffnen.

Die Gemeinde Wien stellte den Bezirk vor vollendete Tatsachen, informierte offiziell erst nach Abschluss des Deals die Bezirksvertreter via Drogenbeirat - am 22. Februar. Eine Bürgerinitiative, initiiert von Egon Rainer, und die FPÖ machen gegen das Projekt jetzt mobil. FP-Gemeinderat Johann Gudenus sammelt Unterschriften – ihn stört vor allem, dass ausgerechnet im vierten Bezirk neben dem Karlsplatz ein zweiter “Drogen-Hotspot” entstehen soll: “Es ist ein Skandal.”

Auch die Bezirks-Grünen, die dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüberstehen, sparen nicht mit Kritik. So hätten sie zwar von den Plänen der Gemeinde erfahren – aber ebenfalls erst, nachdem die Beschlüsse im Drogenbeirat bekannt gemacht wurden. “Dieses Projekt ist von Seiten der Stadt Wien initiiert worden. Der 4. Bezirk war in die Planungen nicht eingebunden”, heißt es seitens der ÖVP-Bezirksvorstehung Wieden.

Die Sucht – und Drogenkoordination Wien verweist auf die Schwierigkeiten, einen geeigneten (temporären) Standort für die “Ganslwirt”-Dependance zu finden. Am 16. Februar sei schließlich der Beschluss für den Standort im Vorstand gefallen, am 22. Februar wurden via Drogenbeirat die Bezirkvorstehung und alle Parteien informiert. “Seit 4. März ist der Geschäftsführer auf Informationstour im Umfeld”, sagt Pressesprecherin Heike Hromatka.

Unmittelbar betroffen ist die Familie des ermordeten Box-Champions Edip Sekowitsch. Der ehemalige Europameister hatte sich nach seiner Boxkarriere seinen Lebenstraum erfüllt und ein Lokal am Wiedener Gürtel 16 eröffnet, das “Ring Frei”. Das kleine Lokal war beliebt, also machte Sekowitsch gleich nebenan ein zweites größeres Lokal auf: Das “Champ’s Pub”. Das “Ring Frei” wurde zur Küche umfunktioniert. Im August 2008 wurde der Champ wenige Meter vor seinem Lokal ermordet. Sein Sohn Emir übernahm das “Champ’s Pub”.

Mittlerweile hat das Pub keine Küche mehr. Witwe Mira Sekowitsch erzählt, warum: “Anfang des Jahres wollte der Vermieter statt 560 plötzlich 900 Euro monatlich. Das konnten wir uns nicht mehr leisten.” Hauseigentümer und Vermieter ist der milliardenschwere Baukonzern Porr. Das “Ring Frei” soll nun der Eingang zum Drogenzentrum werden. Doch Emir gibt nicht auf. Sein Herz hängt an dem Lokal, vor dem sein Vater gestorben ist.

Gerade bei einem derart sensiblen Thema, kritisierten die Grünen bei einer Bürgerversammlung im “Champ’s Pub”, wäre Information “eine Bringschuld der Gemeinde Wien” gewesen. “Bei einem derartigen Projekt ist es wichtig, das Umfeld abzufangen”, sagt Barbara Neuroth, Bezirkssprecherin der Grünen Wieden. Davon könne hier keine Rede sein. Die Grünen fordern für das Lokal “Champ’s Pub” nun eine Unterstützung von der Gemeinde Wien.

Vienna Online / Martin Ucik

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