AA

"Fleckerlteppich" bei der Mindestsicherung: Diese Förderreformen kommen 2017

Die einheitliche Regelung zur Mindestsicherung wird 2017 wohl wegfallen.
Die einheitliche Regelung zur Mindestsicherung wird 2017 wohl wegfallen. ©pixabay.com/andibreit
Bei der Mindestsicherung kommen 2017 signifikante Änderungen, das Kindergeld wird flexibler und eine kleine Pensionsreform wird es auch geben.

All jene, die auf die Mindestsicherung angewiesen sind, müssen sich im kommenden Jahr mit einem “Fleckerlteppich” – mit je nach Bundesland unterschiedlichen Regelungen – abfinden. Grund dafür ist, dass der Bund-Länder-Vertrag ausläuft und sich Bund und Länder auf keine einheitliche Regelung einigen konnten. Bestimmten Personengruppen wie etwa Flüchtlingen droht eine Kürzung der Sozialleistung.

Die Mindestsicherung ersetzt seit 2010 die bis dahin in den Ländern unterschiedlich geregelte Sozialhilfe. Anders als Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Pension ist sie keine Versicherungsleistung. Die Bezieher müssen zuvor also keine Beiträge bezahlt haben. Um ein bedingungsloses Grundeinkommen handelt es sich aber nicht: Wer arbeitsfähig ist, muss Jobangebote annehmen. Eigenes Vermögen muss verbraucht werden, bevor Geld vom Staat kommt. Ausgenommen sind nur 4.188,80 Euro, Eigenheime und beruflich benötigte Autos.

Einzelpersonen erhalten laut der bisherigen Regel den Grundbetrag von 837,76 Euro und Lebensgemeinschaften bis zu 1.256,6 Euro monatlich. Dazu kommen 150,80 Euro pro Kind. Ausgezahlt wird (im Gegensatz zur Mindestpension) nur zwölf Mal jährlich. Je nach Bundesland können höhere Beiträge sowie Ergänzungsleistungen ausgezahlt werden; Einkommen, Arbeitslosengeld, Unterhaltszahlungen und Ähnliches werden jeweils angerechnet und reduzieren den Anspruch.

Mindestsicherung: Neue Regeln, je nach Bundesland

Mit dem Wegfall der grundlegenden Bund-Länder-Vereinbarung fallen diese Grundregeln weg – die Länder können eigene Regeln erstellen, was zu Kürzungen führen kann. Was bleibt, ist aber die Krankenversicherung für Mindestsicherungsbezieher. Der Bund zahlt hier für zumindest zwei Jahre weiter mit.

Für große Familien und Flüchtlinge haben bereits die Länder Niederösterreich und Oberösterreich Einschnitte beschlossen. In Oberösterreich sind die Neuregelungen schon seit Sommer in Kraft: Statt 914 Euro gibt es für zeitlich befristete Asyl-und subsidiär Schutzberechtigte nur mehr 365 Euro monatlich plus ein an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 Euro – in Summe 520 Euro.

Wien überlegt Wartefrist für Bezug der Mindestsicherung

In Niederösterreich gelten ab Jahreswechsel neue Regeln. Wer seinen Hauptwohnsitz bzw. rechtmäßigen Aufenthalt nicht zumindest in fünf der letzten sechs Jahre in Österreich hatte, erhält dann maximal 572,50 Euro. Außerdem wird die Mindestsicherung mit 1.500 Euro pro Haushalts- beziehungsweise Wohngemeinschaft gedeckelt.

In Wien wird – auch angesichts der Verschärfungen in Niederösterreich – über die Einführung einer “Wartefrist” für Mindestsicherungsbezieher diskutiert. Damit soll verhindert werden, dass Personen aus Bundesländern mit niedrigeren Leistungen in die Hauptstadt abwandern. Diskutiert wird etwa eine Wartefrist für den Bezug der Mindestsicherung.

Kleine Pensionsreform kommt 2017

Auch das Jahr 2017 bringt wieder eine kleine Pensionsreform. So wird die Mindestpension für Personen mit mindestens 30 Arbeitsjahren auf 1.000 Euro erhöht. Langes Arbeiten über das gesetzliche Pensionsalter hinaus wird künftig stärker belohnt. Erhöht werden die Pensionen um 0,8 Prozent plus 100 Euro Einmalzahlung.

Die 100 Euro, die zusätzlich zur Inflationsabgeltung von 0,8 Prozent gewährt werden, bekommen alle Pensionisten, auch die Beamten. Sie werden noch heuer vor Jahresende mit der Dezember-Pension ausbezahlt – und zwar “brutto für netto”, weder sind davon Krankenversicherungsbeiträge noch Einkommenssteuer zu zahlen. Der Betrag kann auch nicht gepfändet werden. Voraussetzung für den Erhalt ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland.

Die Geringfügigkeitsgrenze wird um rund 10 Euro auf 425,70 Euro monatlich angehoben. Für Frühpensionisten bedeutet dies, dass sie bis zu diesem Betrag dazuverdienen dürfen, ohne den Ruhensbezug zu verlieren.

Kindergeld wird flexibler

Das Kindergeld wird flexibler: Während die einkommensabhängige Variante bestehen bleibt, werden die vier Pauschalmodelle zu einem Kindergeld-Konto zusammengefasst. Die Bezugsdauer kann flexibel zwischen rund zwölf und 28 Monaten für einen Elternteil beziehungsweise zwischen rund 15,5 und 35 Monaten für beide Elternteile gewählt werden. Neu ist auch die “Familienzeit”, von der SPÖ “Papa-Monat” genannt.

Die Kindergeldreform tritt mit 1. März 2017 in Kraft. Die Bezugsdauer kann dabei flexibel gewählt werden, und unabhängig davon erhalten die Eltern eine Gesamtsumme von maximal 15.449 Euro. Dazu kommen noch 1.000 Euro Partnerschaftsbonus, wenn man sich die Betreuung zumindest 60:40 aufteilt, und zwar auch beim einkommensabhängigen Kindergeld.

Ausbezahlt wird monatlich, ermöglicht wird auch ein einmaliger Wechsel der Bezugsdauer. Um den Übergang von der Betreuung von einem zum anderen Elternteil zu erleichtern, kann das Kindergeld ein Mal bis zu 31 Tage parallel bezogen werden. Für Alleinerzieher wird das Kindergeld in besonderen Härtefällen um drei Monate (bis jetzt zwei Monate) verlängert und die Einkommensgrenze um 17 Prozent auf 1.400 Euro erhöht.

Das hat es mit dem “Papa-Monat” auf sich

Neu ist auch die Möglichkeit, “Familienzeit” in Anspruch zu nehmen. Bei diesem “Papa-Monat” können Väter direkt nach der Geburt ihres Kindes zwischen 28 und 31 Tage lang durchgehend zu Hause bleiben. Aus dem Kindergeld bekommen sie eine Pauschalsumme von 700 Euro, dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partner. Es besteht außerdem voller Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung.

Rechtsanspruch auf die “Familienzeit” gibt es keinen, der Arbeitnehmer muss dem Vorhaben zustimmen. Auch einen besonderen Kündigungsschutz gibt es nicht.

Eingetragene Partnerschaft am Standesamt

Eingetragene Partnerschaften zwischen Homosexuellen können ab dem kommenden Jahr wie Ehen am Standesamt geschlossen werden. Bisher mussten diese Verbindungen bei den Bezirksverwaltungsbehörden begründet werden.

Die zweite Neuerung betrifft das Namensrecht. Bisher gab es nur einen gemeinsamen “Nachnamen”, was auf Dokumenten die Unterscheidung zur Ehe markierte. Künftig gilt auch bei der Eingetragenen Partnerschaft ein gemeinsamer Familienname.

Automatischer Lohnsteuerausgleich mit Negativsteuer

Für den Lohnsteuerausgleich ist ab 2017 kein Antrag mehr nötig – zumindest wenn ohnehin nur die Pauschalbeträge in Anspruch genommen werden. Geringverdiener und Pensionisten sparen sich damit auch den Antrag auf Auszahlung der Negativsteuer: Auch sie wird ab der zweiten Jahreshälfte automatisch ausgezahlt. Wer zusätzliche Ausgaben absetzen möchte, muss aber weiterhin einen Antrag stellen.

Die Finanz startet die “Antragslose Arbeitnehmerveranlagung” (AANV) für das Jahr 2016 automatisch, wenn bis Ende Juni kein Antrag auf Lohnsteuerausgleich vorliegt und wenn mit einer Steuergutschrift zu rechnen ist. Weitere Einschränkung: Wer in den letzten beiden Jahren zusätzliche Ausgaben abgesetzt (etwa außergewöhnliche Belastungen durch Krankheits- oder Kurkosten) oder Kinderfreibeträge genutzt hat, muss den Lohnsteuerausgleich auch diesmal selbst durchführen. Dasselbe gilt, wenn zusätzlich zu Gehalt oder Pension noch andere Einkünfte vorliegen.

Pensionisten und Niedrigverdiener erhalten mit dem neuen System auch die Negativsteuer automatisch ausgezahlt. Wer so wenig verdient, dass er zwar Sozialversicherung aber keine Lohnsteuer zahlt, erhält bis zu 400 Euro Sozialversicherung zurückerstattet. Für Pensionisten sind es 110 Euro. Diese Negativsteuer für Pensionisten wurde 2016 mit 55 Euro erstmals ausgezahlt und wird nun verdoppelt. Mindestpensionisten erhalten die Negativsteuer allerdings nicht.

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • "Fleckerlteppich" bei der Mindestsicherung: Diese Förderreformen kommen 2017
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen