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Dritter Tag im Immofinanz-Prozess endet: In Bilanz ist fast alles "irgendwie"

Ex-Vizeaufsichtsratschef der CPB Helmut Schwager beim Immofinanz-Prozess
Ex-Vizeaufsichtsratschef der CPB Helmut Schwager beim Immofinanz-Prozess ©APA
Am Donnerstag beim Immofinanz-Prozess sorgte der angeklagte Ex-Aufsichtsratsvize der Constantia Privatbank (CPB), Helmut Schwager für mehrmaliges Entsetzen bei Richterin Claudia Moravec-Loidolt. Das einzig sichere in einer Bilanz eines großen Konzerns sei "Cash und vielleicht die Schulden, alles andere ist 'irgendwie'", berichtete Schwager über seine Lebenserfahrung als vertraulicher Spitzenfunktionär im Firmenimperium der Familie Turnauer.
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Im Gericht

“Das erschreckt mich schon sehr, das muss ich Ihnen schon sagen”, konterte die Richterin dem Angeklagten im Immofinanz Prozess. Schwager gab an, dass ihm 2003 die damaligen CPB-Vorstände – Karl Petrikovics und Norbert Gertner – geraten hätten, in Immoeast-Aktien zu investieren. Für ihn hätten seine Frau und ein Mitarbeiter gezeichnet, die Aktien habe er aber nicht gekauft, betonte Schwager. Das sei ja nicht problematisch gewesen, da er als CPB-Aufsichtsrat Aktien einer “fremden Firma” zeichnete, meinte er.

Schwager zeichnete über Treuhänder

Damals hatte die CPB einen Managementvertrag mit der Immofinanz/Immoeast, geführt wurde die drei Unternehmen in Personalunion von Petrikovics. Der gelernte Jurist und Ökonom wurde von der CA Immo abgeworben, um bei der Privatbank der Industriellen-Familie Turnauer eine Immo-Sparte aufzubauen.

Er habe die Aktien über Treuhänder gezeichnet, weil er nicht als Zeichner der Immoeast aufscheinen wollte. “Es geht niemanden etwas an, ob man Aktien kauft”, so Schwager. “Ich war es gewohnt, dass man in der Turnauer-Gruppe Dinge geheim hält”, schilderte Schwager der entsetzten Richterin.

“Habe mich um Details nicht gekümmert”

Er habe sich auf den Vorstand der Bank verlassen und sich um Details nicht gekümmert, gab Schwager zu Fragen der Richterin wiederholt an. Richterin Moravec-Loidolt warf Schwager vor, sich 250.000 Euro über Scheinrechnungen ohne eine Leistung ausbezahlt haben zu lassen. In allen Unternehmen werden Verrechnungen so gemacht, dass man sie optimiere, “meist steuerlich”, so der Ex-Aufsichtsrat der CPB. Es gab ja einen Rechtsgrund für die Auszahlung, betonte Schwager, der seinen Anspruch aus der Zeichnung der Immoeast-Aktien ableitete.

Gehe man “nur nach dem Aktiengesetz und dem BWG” (Bankwesengesetz, Anm.), dann würde man keine Gewinne machen, betonte Schwager. “Die Praxis und das Leben sind anders als sich die Rechtsprofessoren vorstellen.”

Das geschah mit den Immoeast-Aktien

“Sie zeichnen Aktien, zahlen keinen Groschen und streifen einen Gewinn ein? Wenn das die anderen Aktionäre auch so gemacht hätten, dann würden nicht so viele Opfer hier sitzen”, konterte die erzürnte Richterin. Er habe nie etwas für die Immoeast-Aktien bezahlt, betonte Schwager, denn er habe ja die Aktien auch nie erhalten.

Auf Nachfragen seines Anwalts Georg Zanger erläuterte Schwager, dass er die Zeichnung der Immoeast-Aktien als einen “Schuldschein” gesehen habe. Er hätte bei fallenden Aktienkursen der Bank die Differenz ersetzen müssen, also ein Risiko getragen, meinte Schwager heute.

Aus allen Wolken gefallen sei er, als ihn der Ex-CPB-Vorstand Gertner angerufen hatte und ihm mitteilte, dass die Bank aus den Optionsgeschäften einen Schaden erlitten hatte, weil sie sich zu spät mit Immoeast-Aktien eingedeckt hatte.

Er wollte nicht, dass seinem Arbeitgeber ein Schaden entstehe, weshalb er rund 2,5 Mio. Euro im Jahr 2008 nach dem Bekanntwerden des Notenbank-Berichts an den CPB-Konzern bezahlt hatte. Über Details wisse er nichts, das habe alles Gertner erledigt. Auch Petrikovics und Gertner zahlten 2008 rund 3,7 bzw. rund 2,5 Mio. Euro an diese Gesellschaften ein.

Angeklagte versteckten Aktiendeals vor allen

Generell wurden am dritten Tag im Immofinanz-Strafprozess die Angeklagten Karl Petrikovics und Helmut Schwager bei der Befragung durch Richterin Claudia Moravec-Loidolt zu den lukrativen Aktiendeals in die Zange genommen und kamen dabei ordentlich ins Schwimmen. So versuchte Ex-Bankchef Petrikovics die absolute Geheimhaltung der lukrativen Aktienoptionsgeschäfte mit “Neid” im Unternehmen zu begründen, Ex-Aufsichtratsvize Schwager verteidigte die Scheinrechnungen als übliche Praxis in großen Unternehmen. Staatsanwalt Volkert Sackmann pochte darauf, dass die beiden durch die geheimen Deals Millionengewinne ohne irgendeinen eigenen Kapitaleinsatz lukrierten. Die Richterin zeigte sich über viele Antworten der Angeklagten sichtlich erschüttert.Bei einer stundenlangen Befragung versuchte Petrikovics seine für ihn äußerst einträglichen geheimen Aktienoptionsgeschäfte als völlig normal darzustellen. Die Richterin reagierte fassungslos: “Haben Sie gar kein Unrechtsbewusstsein?” Petrikovics bezeichnete die Scheinrechnungen, über die insgesamt 756.000 Euro an ihn, Schwager und den mitangeklagten Ex-Vorstand Norbert Gertner, als völlig legitim, denn “der Anspruch war ja gegeben”, behauptete er. Er hätte das Recht auf den Kauf von Immoeast-Aktien eingeräumt bekommen, die Aktien aber nicht tatsächlich gekauft sondern nur gezeichnet. Dadurch habe er eine Option erworben, dann wäre er bei Kapitalerhöhungen immer wieder “mitgezogen” und habe so Anspruch auf Gewinne gehabt, meinte Petrikovics.

Hohe Gewinne ohne eigenes Kapital

Durch diese vor Aufsichtsrat und Mitarbeitern geheimgehaltenen Geschäfte haben Petrikovics, Schwager und Gertner bei Immoeast- und Immofinanz-Aktien mehrmals hohe Gewinne lukriert – ohne irgendwie eigenes Kapital einzusetzen. Die Anklage wirft ihnen Untreue gegenüber diverser Unternehmen mit einem Gesamtschaden von 32 Mio. Euro sowie die “Bildung einer kriminellen Vereinigung” vor. Während Petrikovics sein Vorgehen als “Entgegenkommen” gegenüber der CPB rechtfertigt und die Optionen und Finanzierungen der Deals als legitime Geschäfte darstellte, brachte der Staatsanwalt seine Vorwürfe auf den Punkt: “Sie haben damit in elf Monaten 21 Mio. Euro verdient – ohne Kapitaleinsatz, ohne Risiko”.

Nachdem Petrikovics am vortag noch souverän gewirkt hatte, kam er am Donnerstag bei vielen Fragen ins Schwimmen. So wurde er von der Richterin mit Aussagen von Zeugen im Ermittlungsverfahren konfrontiert. Ein CPB-Aufsichtsrat, der auf Geschäfte des Treuhänders Ernst Hable aufmerksam wurde, habe Petrikovics direkt danach gefragt. Statt zuzugeben, dass Hable diese Geschäfte als Treuhänder in Wahrheit für ihn selber machte, habe er gesagt, Hable sei ein guter Kunde. Petrikovics meinte, er sei davon ausgegangen dass die Eigentümerfamilie ohnehin von Schwager informiert worden sei. Außerdem sei ja eigentlich kein Schaden für das Unternehmen entstanden.

“Da nimmt man niemandem etwas weg”

“Wenn man an einem steigenden Aktienkurs teilnimmt, nimmt man niemandem etwas weg”, versuchte sich Schwager zu rechtfertigen. Er habe es für völlig gerechtfertigt gehalten, dass er Millionen erhielt, ohne einen einzigen Euro eigenes Kapital einzusetzen. Schließlich habe er “das Risiko” getragen. Laut Anklage profitierte Schwager von den Geschäften mit insgesamt 7,6 Mio. Euro.

“In allen Unternehmen in Österreich werden Verrechnungen so gemacht, das hat meist steuerliche Gründe, dass man Rechnungen anders formuliert und schreibt”, meinte Schwager. “Wenn man nur mit dem Aktiengesetz und Bankwesengesetz herumgeht, dann werden Sie keine Gewinne machen, die Praxis und das Leben sind anders als sich das Rechtsprofessoren vorstellen”. Die Geheimhaltung seiner Geschäfte – über seine Frau und zwei Mitarbeiter, schließlich übernahm der mitangeklagte Treuhänder Ernst Hable – verteidigte Schwager mit “Neid” im Unternehmen und in der Öffentlichkeit.

Schwager war verschwiegen

Als Grund für seinen Erfolg in der Turnauer-Gruppe nannte Schwager, dass er immer so “verschwiegen” gewesen sei. “Ich war gewohnt, dass man bei Turnauer in der Constantia-Gruppe vieles nicht nach außen trägt”, meinte er. “Es geht ja niemanden etwas an, wenn man Aktien kauft”. Schließlich habe er ja Aktien der Immofinanz/Immoeast gekauft, und nicht von der Constantia Privatbank, wo er selber im Aufsichtsrat saß. Die CPB hatte allerdings einen Managementvertrag für die Immofinanz und die Immoeast, Vorstandschef war in allen drei Unternehmen Petrikovics. Dass Schwager letztlich nach Aufkommen des “geheimen Geschäftsmodells” einen Teil seiner Gewinne, rund 2,5 Mio. Euro an die CPB zurückzahlte, sieht er nicht als Schuldeingeständnis.

Der Immofinanz-Prozess geht am Freitag am Wiener Straflandesgericht um 9 Uhr mit der Befragung der Beschuldigten Schwager und Christian Thornton weiter.

(apa/red)

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