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Die Probleme der SPÖ-Wahlkampagne im chronologischen Überblick

Die Probleme und Pannen der SPÖ-Kampagne im Rückblick
Die Probleme und Pannen der SPÖ-Kampagne im Rückblick ©APA
Zwei Wochen vor der Nationalratswahl sieht die SPÖ-Kampagne auf einen vor allem von Pannen gekennzeichneten Sommer zurück.
Niedermühlbichler tritt zurück

Die am Samstag bekannt gewordene Organisation von Pro- und Anti-Kurz-Facebookseiten durch die SPÖ bzw. von ihr beauftragte Teams stellen das vorläufige Ende einer langen Kette von Negativ-Schlagzeilen rund um den ehemaligen SPÖ-Wahlkampfberater Tal Silberstein und den SPÖ-Wahlkampf dar. Nachfolgend eine Chronologie:

Jänner 2017: Erste Dirty-Campaigning-Vorwürfe

Erstmals tauchen Dirty-Campaigning-Vorwürfe gegen die SPÖ auf. Der international tätige Wahlkampfberater und Experte für Negativ-Kampagnen, Tal Silberstein, würde für die SPÖ Vergangenheit und Privatleben von ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz durchleuchten, heißt es in Medienberichten. Aus der ÖVP gibt es deshalb Kritik an der SPÖ. Bundeskanzler und SP-Vorsitzender Christian Kern bezeichnet die Vorwürfe als “an den Haaren herbeigezogener Unfug”.

März 2017: Parlamentarischen Anfrage der ÖVP zu Silberstein

SPÖ-Berater Silberstein sorgt weiter für dicke Luft in der SPÖ-ÖVP-Koalition. In einer parlamentarischen Anfrage will die ÖVP vom Regierungschef wissen, ob dem Kanzleramt Kosten für Silberstein entstanden sind. Kern erklärt, dass Silberstein nicht für das Bundeskanzleramt, sondern für die SPÖ tätig ist.

Juli 2017: SPÖ-Kampagnenmanager geht

Auch die FPÖ schießt sich zusehends gegen die SPÖ und ihren externen Berater Silberstein ein. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl vermutet Silberstein hinter verschiedenen SPÖ-Aktivitäten gegen die Freiheitlichen. Die ÖVP hält ihre Kritik an den Dirty-Campaigning-Aktivitäten der SPÖ aufrecht und weist als Beleg auf verschiedene Facebook-Seiten hin, darunter “Wir für Sebastian Kurz”. Die SPÖ weist die Vorwürfe zurück und betont die Notwendigkeit inhaltlicher Auseinandersetzung. Ende Juli wirft SPÖ-Kampagnenmanager Stefan Sengl nach kolportierten Auseinandersetzungen mit Silberstein das Handtuch. Das Wahlkampfteam der SPÖ muss neu aufgesetzt werden.

August 2017: Silberstein-Festnahme, Niedermühlbichlers neuer Job

Mitte August wird Tal Silberstein im Zusammenhang mit Korruptions- und Geldwäschevorwürfen gegen einen seiner Geschäftspartner vorübergehend festgenommen. Die SPÖ muss sich von ihrem Berater trennen. Silbersteins Rolle wird zunächst herunter gespielt. Er habe nur Fokus-Gruppen und Umfragen für die SPÖ betreut und erstellt, erklären Wahlkampfleiter und Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler sowie Parteichef Kern. Der Kanzler nennt das Silberstein-Engagement inzwischen einen politischen Fehler. “Manchmal hat man ein gutes Händchen, manchmal hat man ein weniger gutes Händchen”, wird Niedermühlbichler später einräumen. ÖVP und Freiheitliche kritisieren weiterhin die dubiosen Praktiken des SPÖ-Wahlkampfberaters. ÖVP-Chef Kurz selbst will auf “Anpatzversuche” nicht reagieren.

Die gegenseitigen Dirty-Campaigning-Vorwürfe zwischen SPÖ und ÖVP gehen weiter. Niedermühlbichler kritisiert die Volkspartei im Zusammenhang mit der Facebookseite “Wir für Sebastian Kurz”: “Dass die Kurz-ÖVP hier versucht hat, diese Seite der SPÖ zuzuschieben, zeigt nur die Chuzpe, die die ÖVP bei dem Thema an den Tag legt. Ich stelle hier ein für alle Mal klar: Wir lehnen solche Methoden generell ab und greifen auch nicht auf solche zurück.” Niedermühlbichler wirft der ÖVP vor, selbst eine Reihe von Lügen- und Negativ-Kampagnen-Seiten zu betreiben, darunter auch “Wir für Sebastian Kurz”.

September 2017: Leaks und brisante Details zur SPÖ-Kampagne

Anfang September tauchen erste Unterlagen Silbersteins aus dem SPÖ-Wahlkampf auf. Demnach hat die SPÖ mehrere Anti-Kurz-Videos produzieren lassen. Eines davon wird auf der rechtslastigen Seite “Die Wahrheit über Sebastian Kurz” gespielt. SPÖ-Wahlkampfleiter Niedermühlbichler beteuert, dass die Videos “nicht direkt” von der SPÖ beauftragt worden seien. Und Niedermühlbichler erklärt, dass die SPÖ-Kampagne gehackt worden sei und interne Daten missbräuchlich verwendet würden.

Im Laufe des Septembers werden weitere Papiere und Mails Silbersteins publiziert: Stärke-Schwächen-Analysen und pikante SPÖ-Interna bis hin zu jenem Mail, das Kanzler Kern als politisch unerfahren, sprunghaft und eitel beschreibt. Die SPÖ vermutet als Quelle des Informationslecks eine ehemalige Silberstein-Mitarbeiterin, die über gute Kontakte zu ÖVP und NEOS verfügen soll.

Ende September berichten “Presse” und “profil”, dass ein von Silberstein engagiertes Team für die SPÖ-Kampagne Pro- und Anti-Kurz-Facebookseiten organisiert hat. Die rassistische und teils antisemitische Seite “Die Wahrheit über Sebastian Kurz” sowie der Auftritt “Wir für Sebastian Kurz”, der sich als Fanseite für den ÖVP-Chef ausgibt, wurden demnach im Auftrag Silbersteins bzw. der SPÖ produziert. Pikantes Detail: Die Facebookseiten werden auch nach dem Rauswurf von Silberstein in Abstimmung mit der SPÖ-Wahlkampfzentrale weiter betrieben und erst mit den ersten Medienberichten über die Hintergründe vom Netz genommen. Laut “profil” beträgt das Budget für die mit der Negativ-Kampagne gegen Kurz betraute Spezialeinheit rund 500.000 Euro. Zumindest ein Mitglied des SPÖ-Wahlkampfteams soll in die Aufträge involviert und eingeweiht gewesen sein. SPÖ-Wahlkampfleiter Niedermühlbichler will von den Vorgängen in seinem Wahlkampfteam hingegen nichts gewusst haben. Zwei Wochen vor der Wahl tritt Niedermühlbichler zurück.

(APA/Red.)

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