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BP-Wahl-Anfechtung: Parteienvertreter legten dem VfGH Standpunkte dar

Bei der öffentlichen VfGH- Verhandlung zur BP- Wahl- Anfechtung der FPÖ in Wien
Bei der öffentlichen VfGH- Verhandlung zur BP- Wahl- Anfechtung der FPÖ in Wien ©APA/HERBERT NEUBAUER
In die nächste Runde ist am Mittwoch das Mega-Verfahren des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur FPÖ-Anfechtung der Bundespräsidenten-Stichwahl gegangen. Nachdem vier Tagen lang Zeugen befragt wurden, kamen die Parteienvertreter zu Wort. Die Anwälte der Parteienvertreter trugen ihre jeweiligen Argumente vor.
Öffentliche VfGH-Verhandlung
Tag 3 der Verhandlung
FPÖ-Anfechtung: 150 Seiten
Anfechtung & mögliche Folgen

VfGH-Präsident Gerhart Holzinger kündigte zu Sitzungsende einen weiteren Verhandlungstag an. Die Schlüsselszene des Verhandlungstages lieferte Verfassungsrichters Johannes Schnizer. Er verwies auf eine Entscheidung des VfGH aus dem Jahre 1927.

VfGH-Entscheidung von 1927 thematisiert

Damals sei eine Wahl aufgehoben worden, weil gesetzeswidrig der Wahlakt nochmals geöffnet wurde, so Schnizer. Referent, also für den Fall zuständiger Verfassungsrichter, war damals Hans Kelsen, der Architekt der österreichischen Bundesverfassung, der ebenfalls Zeugen befragt hatte.

Die damalige Aufhebung ist auch 89 Jahre später noch von Bedeutung, weil sie den Anfang für die als streng geltende Rechtsprechung des VfGH in Anfechtungsfragen markiert. “Es muss daher genügen, dass die erwiesene Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnte”, zitierte Schnizer aus dem Urteil von 1927.

Auch für den von der FPÖ beigezogenen Verfassungsexperten, Rechtsanwalt Michael Rohregger, ist die “entscheidende Frage”, ob für eine Aufhebung der Stichwahl die Möglichkeit von Manipulationen ausreiche oder solche tatsächlich nachgewiesen worden sein müssen, wie er in seinem Plädoyer sagte. Die Anwältin des grünen Wahlsiegers Alexander Van der Bellen, Maria Windhager, sieht die Vorwürfe der FPÖ hingegen entkräftet: “Der Wahrheitsbeweis ist im aktuellen Fall in überzeugendem Ausmaß geglückt.”

FPÖ-Anwalt Böhmdorfer für strenge Auslegung

FPÖ-Anwalt und Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer pochte darauf, die Wahlgesetze streng und wörtlich auszulegen. Vor allem die Briefwahl sei “manipulationsanfällig”, so Böhmdorfer. “Unser Anfechtungsgegner ist nicht Van der Bellen, er ist genauso ein Opfer wie Norbert Hofer, unser Anfechtungsgegner heißt Bundeswahlbehörde.”

Von dort hieß, das Gesetz sei korrekt vollziehbar. Robert Stein, der oberste Wahlleiter im Innenministerium, verteidigte das Vorgehen der Bundeswahlbehörde. Man sei allen Vorwürfen schnellstmöglich nachgegangen. Über den lockeren Umgang mit Vorschriften zeigte sich Stein überrascht. “Bei uns hat dieses Verfahren Erstaunen hervorgerufen über ein fehlendes Unrechtsbewusstsein.”

Vorwürfe der BP-Wahl-Anfechtung unter der Lupe

Der zweite Anwalt der Grünen, Georg Bürstmayr, sagte, die Anfechtung der Freiheitlichen basiere “auf einer Theorie, die man schwerlich anders als Verschwörungstheorie bezeichnen kann”. “Um eine solche systematische Wahlmanipulation zu planen, vorzubereiten und durchzuführen, bedürfte es einer kriminellen Energie unglaublichen Ausmaßes.”

Thematisiert haben die Verfassungsrichter in ihren Fragen an die Parteienvertreter auch andere seitens der FPÖ in der Anfechtung vorgebrachten Vorwürfe. Etwa, dass Wahlergebnisse auf Gemeindeebene als Rohdaten an Medien, insbesondere an die APA, vor Wahlschluss weitergegeben werden. Stein verteidigte die seit 30 Jahren übliche Vorgangsweise.

Sitzung des VfGH wird fortgesetzt

Wann der VfGH seine Entscheidung bekannt geben wird, ist weiter offen. Die öffentliche Sitzung wird für zumindest einen weiteren Tag nochmals fortgesetzt. Einen Termin gebe es noch nicht, sagte VfGH-Präsident Holzinger. Er betonte, dass man die 4-Wochen-Frist für das Verfahren einhalten wolle, somit wäre die Entscheidung spätestens am 6. Juli fällig – zwei Tage, bevor Van der Bellen als neuer Bundespräsident angelobt werden soll.

Unstimmigkeiten bei der Stichwahl der BP-Wahl

Der VfGH hatte vergangene Woche von Montag bis Donnerstag Zeugen aus 20 Stimmbezirken befragt und zahlreiche Formalfehler zutage gefördert. In etlichen Bezirken wurden die Wahlkarten zu früh geöffnet, mancherorts wurden die Briefwahlstimmen gesetzeswidrig bereits am Wahlsonntag ausgezählt. Konkrete Manipulationen wurden aber nicht gefunden. Die FPÖ hatte die Stichwahl angefochten, nachdem ihr Kandidat Norbert Hofer Van der Bellen mit 30.863 Stimmen unterlegen war.

(apa/red)

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