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AMS-Vorstand Buchinger bietet Regierung seinen Rücktritt an

AMS-Vorstand Buchinger will der Regierung seinen Rücktritt anbieten.
AMS-Vorstand Buchinger will der Regierung seinen Rücktritt anbieten. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Nach der Kritik von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am AMS, ist der SP-nahe AMS-Vorstand Herbert Buchinger bereit, der Regierung seinen Rücktritt anzubieten.
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Nach Kritik von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am AMS meinte Buchinger am Dienstag in der “ZiB 2”, es brauche eine konstruktive Zusammenarbeit von Regierung, Arbeitnehmern und Arbeitgebern im AMS: “Wenn ich persönlich ein Hindernis bin, gehe ich gerne.” Buchinger sagte zwar, er glaube nicht, dass die Kritik der Regierung nur ein Vorwand zum Austausch der AMS-Führung sei.
Allerdings habe die neue Regierung offenbar noch kein Vertrauen zum AMS gefasst. “Da arbeiten wir noch dran.” Beim Gespräch mit Kanzler und Vizekanzler im April will Buchinger daher auch seinen Job zur Disposition stellen, wie er ankündigte: “Selbstverständlich thematisiere ich, ob ich als Person ein Problem bin für die Regierung. Dann kann man auch darüber reden, meinen Vertrag vorzeitig aufzulösen.”

Kurz kündigte AMS-Reform an

Wegen angeblicher Mängel bei der Integration von Flüchtlingen hatte Kurz am Wochenende eine Reform des AMS angekündigt. Buchinger wies die Kritik inhaltlich zurück. Natürlich gebe es Probleme bei der Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen, die gebe es aber auch in anderen EU-Ländern, sagte der AMS-Chef: “Es ist immer Raum für Verbesserung, aber den Stein der Weisen hat noch niemand gefunden.” Und: “Es ist ein bisschen zynisch, das dem AMS umzuhängen.”

ÖGB-Chef Foglar kritisiert Kurz und Strache

Gewerkschaftsbund-Präsident Erich Foglar spielt in Sachen Kritik am Arbeitsmarktservice (AMS) den Ball an Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz zurück. Die Herausforderung durch die Zuwanderung sei in erster Linie ein Integrationsthema, “da hätte der Herr Kanzler als Außenminister und vor allem als Integrationsminister jede Menge Möglichkeiten gehabt, die Situation zu verbessern”, meinte Foglar.

Die OECD bescheinige dem AMS Österreich eigentlich eine höchst erfolgreiche, höchst effiziente Arbeit im internationalen Vergleich. “Also worin diese Unzufriedenheit besteht, ist in keinster Weise sachlich nachvollziehbar”, meinte der ÖGB-Präsident am Dienstag im Ö1-“Morgenjournal” des ORF-Radio.

Zu den Kurz-Aussagen, beim AMS müsse sich dringend etwas ändern, die dieser nach Bekanntwerden des internen AMS-Revisionsberichts getätigt hatte, meinte Foglar: Die Studie sei im Sommer 2017 fertig gewesen, fast vor einem dreiviertel Jahr. Es sei “durchsichtig und fadenscheinig”, dass man die Studie jetzt hernehme. Der “wahre Grund der Absicht der Regierung” sei “völlig woanders” zu vermuten, so der ÖGB-Chef: “Möglicherweise will man umfärben.”

Sozialministerin will Buchinger nicht ablösen

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) will die AMS-Vorstände Johannes Kopf und Herbert Buchinger nicht ablösen. Es mache “keinen Sinn, Köpfe jetzt infrage zu stellen”, sondern es gehe um eine Reform des AMS, sagte Hartinger-Klein am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Nach einem kritischen internen Revisionsbericht zur Betreuung von Arbeitslosen mit nicht-deutscher Muttersprache muss der AMS-Doppelvorstand, der den Bericht nach Eigenangaben selbst in Auftrag gegeben hat, am 18. April zur Klarstellung bei der Regierungsspitze antreten. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Strache und Hartinger-Klein fordern eine Reform des AMS. Im Herbst 2017 hatte die rot-schwarze Regierung noch die Verträge der AMS-Langzeitvorstände Herbert Buchinger und Johannes Kopf ab Juli 2018 für weitere sechs Jahre verlängert.

Auch Strache will die AMS-Doppelspitze derzeit nicht ablösen und auch nicht bewerten. “Das ist nicht das Thema.” Es gebe einen Reformbedarf im Arbeitsmarktservice und das Management werde sich damit auseinandersetzen. “Davon gehen wir aus.” Der Revisionsbericht habe “gravierende Probleme” offengelegt und die “Befürchtungen übertroffen”. Für Strache gibt es “mehrere Baustellen” im AMS. Die Entspannung am Arbeitsmarkt müsse man auch nützen, um “die Sinnhaftigkeit und Treffsicherheit der Förderungen” zu überprüfen.

Hartiner-Klein will Strukturen im AMS “bereinigen”

Im Rahmen einer AMS-Reform will Hartinger-Klein Strukturen im Arbeitsmarktservice “bereinigen” und eine stärkere Flexibilisierung der Budgetverwendung durch einzelne AMS-Geschäftsstellen ermöglichen. Auch seien die Entscheidungsprozesse im AMS-Verwaltungsrat “sehr langsam”, kritisierte die Sozialministerin. Der neunköpfige AMS-Verwaltungsrat besteht aus Vertretern des Finanz- und Sozialministeriums, der Arbeiterkammer, Gewerkschaft, Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung und trifft sich einmal pro Monat. Die Entscheidungen fallen per Mehrheitsbeschluss. Für die Sozialministerin muss das AMS auch mehr im Bereich der Qualifizierung von Arbeitslosen tun. Es gebe “eine Diskrepanz, was die Wirtschaft braucht und der Arbeitsmarkt bietet”. Die OECD und der Rechnungshof hätten etwa empfohlen, dass mehr AMS-Berater in die Unternehmen gehen. Hartinger verwies darauf, dass im AMS-Förderbugdet 2018 mit 3.633 Euro pro Arbeitslosem mehr Mittel zur Verfügung stehen als 2017 mit 3.219 Euro.

Für Strache und Hartinger-Klein ist die Lösung von Integrationsproblemen bei Migranten und Flüchtlingen nicht Hauptaufgabe des AMS. Es gehe nicht nur um Deutsch, sondern auch um das Sozialverhalten, Pünktlichkeit und Verhalten gegenüber Frauen. “Das ist nicht Aufgabe des AMS”, so Hartinger-Klein. Die Sozialministerin kann sich ein Kompetenzentrum für diese Thematiken vorstellen. “Die AMS-Mitarbeiter tun mir leid.”

Genauere Details zum von der Regierung geplanten degressiven Arbeitslosengeld “neu” wollten Strache und Hartinger-Klein nicht bekanntgeben. Es sei “alles gesagt”, das Arbeitslosengeld “neu” sei in Vorbereitung, so Strache. Man sei “mittendrin”, es würden derzeit Kennzahlen berechnet, sagte die Sozialministerin.

Sozialministerin ortet “strukturelles Problem” am Arbeitsmarkt

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sieht ein “strukturelles Problem” am österreichischen Arbeitsmarkt. Die boomende heimische Wirtschaft würde mehr hochqualifizierte Leute benötigen und auf der anderen Seite gebe es zu wenig gut ausgebildete Personen, sagte Hartinger-Klein am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Dieses “Mismatching” sei eine Herausforderung für das Arbeitsmarktservice. Bei der anvisierten AMS-Reform müssten “entsprechende Strukturen und Maßnahmen” gesetzt werden. “Wir müssen viel mehr in die Qualifizierung stecken”, so Hartinger-Klein. “Da kann irgendwas nicht stimmen, wenn wir das nicht schaffen.” Das AMS müsse eine personalisierte Qualifizierung anbieten, forderte die Sozialministerin. Sie verwies auf Daten zu Stellenangeboten und Arbeitslosen. Für 35,3 Prozent der offenen Stellen wurde zuletzt ein Pflichtschulabsolvent gesucht, bei den Arbeitslosen habe aber 44,5 Prozent einen Pflichtschulabschluss.

Auch verwies die Sozialministerin auf den Zusammenhang zwischen Ausbildung und Arbeitslosigkeit. Ende Februar 2018 betrug die Arbeitslosenquote laut AMS bei Pflichtschulabsolventen 25,7 Prozent, Lehre (8,3 Prozent), AHS (6,1 Prozent), BHS (4,0 Prozent), BMS (3,8 Prozent) und Uni, FH, Pädagogische Hochschule, Akademie (3,5 Prozent). Im AMS-Förderbudget 2018 seien 13 Prozent mehr für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und 3 Prozent mehr für die Fachkräfteausbildung vorgesehen, sagte Hartinger-Klein.

Interner AMS-Revisionsbericht sorgte für Kritik

Das Thema Arbeitsmarktintegration von Migranten und Flüchtlingen steht für Hartinger-Klein hoch oben auf der Agenda. Zuletzt wurde ein kritischer interner AMS-Revisionsbericht zur Betreuung von Arbeitslosen mit nicht-deutscher Muttersprache öffentlich, der für Aufregung sorgte. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Hans Christian Strache (FPÖ) und die Sozialministerin wollen mit der AMS-Doppelspitze Johannes Kopf und Herbert Buchunger am 18. April über Reformmaßnahmen beim Arbeitsmarktservice sprechen. Das AMS habe Aufgaben bei der Integration von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigen, “die eigentlich nicht deren Aufgabe” ist , sagte Hartinger-Klein. Sie kann sich deswegen die Einrichtung von “Kompetenzcenter” für Flüchtlinge und Migranten vorstellen, um unter anderem Werte-und Sozialverhalten zu vermitteln.

APA/Red.

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