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100 Tage schwarz-blaue Regierung: Umfragewerte unverändert gut - trotz Schnitzer

Eine erste Bilanz nach 100 Tagen schwarz-blauer Regierung.
Eine erste Bilanz nach 100 Tagen schwarz-blauer Regierung. ©APA/ROLAND SCHLAGER
100 Tage sind ÖVP und FPÖ bereits im Amt und beide Parteien können "realtiv enspannt" zurückblicken. Die Umfragewerte von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache sind unverändert gut, wie Politik-Experten und Meinungsforscher gegenüber der APA erklärten.
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 “Am Wählermarkt ist grosso modo seit der Wahl nichts passiert”, sagte etwa Politik-Berater Thomas Hofer mit Blick auf die seit der Nationalratswahl veröffentlichten Umfragen im Gespräch mit der APA. “Die Regierung kann nach 100 Tagen relativ entspannt sein.”

Causa BVT, Burschenschafter: Erste Schnitzer der schwarz-blauen Regierung

Die Experten attestieren der Bundesregierung, die Themen gut zu managen. “Sie setzen auf die eigenen Themen”, erklärte Hofer. Bei defensiven Materien habe es aber durchaus den einen oder anderen Schnitzer gegeben. So sei etwa die Kommunikation rund um die Affäre beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) “in dieser Art nicht notwendig gewesen”, meinte Hofer. Auch das Burschenschafter-Thema war für den Polit-Berater durch die FPÖ “eher ungeschickt gehandhabt”.

Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies) sieht dies ähnlich. Die Vorgänge rund um das BVT seien – “egal wie Causa ausgeht” – alleine von der Kommunikationsleistung her “natürlich ein Desaster”, so Hajek. “Weil weder das Innen- noch das Justizministerium mit einem klipp-klaren Kommunique rausgegangen ist.” Vielmehr sei “zizerlweise” Information rausgegeben worden, und diese sei später teilweise auch noch widerlegt worden. Hajek: “Egal, ob das Innenministerium oder das Justizministerium korrekt gehandelt haben oder nicht, es ist der Eindruck entstanden, irgendwo hakt es.”

Diesen Pannen ungeachtet attestierte Hajek der Regierung, das “Message Controlling” derzeit sehr gut und “sehr, sehr strukturiert” im Griff zu haben. Die Minister seien “echte Fachminister” und würden sich ausschließlich zu ihren eigenen Agenden zu Wort melden. “Das war früher nicht der Fall.” Damit sei die Kontrolle über die Botschaften, die die Regierung aussendet, auch leichter, meinte Hajek.

In Sachen Kommunikation “an der kurzen Leine”

Hofer verwies auch darauf, dass Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Wahlkampf Richtlinienkompetenz für den Kanzler gefordert hatte. Er hat diese zwar nicht bekommen, dennoch würden die Regierungsmitglieder bisher in Sachen Kommunikation eher “an der kurzen Leine” gehalten. Einfacher werde das Message Controlling auf ÖVP-Seite auch dadurch, dass die Regierungsmitglieder – außer Justizminister Josef Moser – Quereinsteiger sind. Kurz habe durch die “Personalauswahl über die Bande auch die Richtlinienkompetenz mit eingekauft”, so Hofer. “Sie haben nicht die Freiheit, die sich andere rausgenommen hätten.”

Die Kontrolle der Botschaften gehe aber ohnehin nur gut, “solange man diszipliniert ist und die Themenlage es nicht erfordert, eine klarere Position zu beziehen, die nicht auf Linie des Koalitionspartners ist”, sagte Hajek.

Konfliktthemen und Harmonie in der schwarz-blauen Regierung

Konfliktthemen innerhalb der Koalition sehen die Experten durchaus. Hofer verwies etwa auf die Reform der Notstandshilfe und des Arbeitslosengeldes oder die Mindestsicherung. Dass das Koalitionsklima bisher ausgesprochen friktionsfrei gestaltet wurde, liegt laut Hajek auch an der demonstrativen Pakttreue der Koalitionspartner. Der Meinungsforscher verwies etwa auf die Aufhebung des Rauchverbots in der Gastronomie. ÖVP-Chef Kurz habe hier (trotz persönlich anderen Zugangs) bewiesen, dass er sich an das bei den Regierungsverhandlungen Ausgemachte hält. “Das ist das Essenzielle.”

Auch Hofer sieht diesen Punkt als einen der Gründe für die schwarz-blaue Harmonie an: “Eine der zentralen Prämissen des Herrn Bundeskanzlers ist es, den Koalitionspartner immer bei guter Laune zu halten. Und Bruchlinien und Konflikte – die definitiv da sind – nicht öffentlich aufschlagen zu lassen.” Der Preis, den das Kanzleramt dafür zahle sei, dass es medial thematisiert werde, dass Kurz selbst recht wenig zu eventuellen Problemthemen sage. Auch beim BVT-Thema halte sich die ÖVP sehr zurück, so Hajek. Der von der SPÖ beantragte BVT-Untersuchungsausschuss könnte für die Koalitionsparteien aber noch mühsam werden: “Wenn Dinge zu Tage gefördert werden, die problematisch sein könnten für das Innenressort.” Dies könnte eine Belastungsprobe werden. Denn: “Irgendwann wird sich auch der Kanzler zu Wort melden müssen.”

Stabile Umfragewerte für ÖVP und FPÖ

Profitieren konnte die Regierung bisher von der guten Konjunkturlage, sind sich die Experten einig. Auch die bisherigen Landtagswahlen seien für ÖVP und FPÖ ein “Glücksfall” gewesen, sagte Hofer. Problematisch könnte es zwischen den Koalitionspartnern werden, wenn die FPÖ Stimmen verlieren sollte, dies sei aber derzeit nicht abzusehen. Bei den Umfragewerten sehen die Experten Stabilität. Hajek verwies auf eine jüngst veröffentlichte Erhebung des “Unique research”-Instituts: Diese wies die ÖVP in der Sonntagsfrage mit 31 Prozent aus, die FPÖ mit 25 Prozent. Bei der Nationalratswahl erreichte die Volkspartei 31,47 Prozent, die FPÖ 25,97 Prozent.

“Viel wichtiger aber als die Umfragewerte ist, das die EU-Präsidentschaft gut über Bühne geht”, meinte Hajek. “Weil dann kann die FPÖ beweisen, dass sie eine staatstragende Partei ist. Dann ist der Ausblick auf eine weitere Legislaturperiode eine sehr, sehr gute.” Verglichen mit der ersten schwarz-blauen Regierung stehe die FPÖ überhaupt viel besser da: Damals seien die Freiheitlichen von rund 27 Prozent bei der Wahl danach rasch auf Umfragewerte von 20 Prozent gesunken. “Das ist diesmal nicht absehbar, die FPÖ steht im Vergleich recht gut da.”

(APA/Red)

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