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Wiener Regisseur und Schauspieler Peter Kern mit 66 Jahren verstorben

Peter Kern wurde 66 Jahre alt.
Peter Kern wurde 66 Jahre alt. ©APA
Der Wiener Schauspieler, Regisseur und Produzent Peter Kern ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Kern drehte unter anderem mit Fassbinder, Zadek und Wenders.

Schauspieler und Regisseur Peter Kern ist tot. Das meldete die “Süddeutsche Zeitung” am Abend des 26. August in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf “nächste Freunde” des Verstorbenen. An die 30 Filme drehte der schwergewichtige und exzentrische Künstler als Schauspieler, fast ebenso viele verantwortete er als Regisseur.

Oft waren es Dokumentarfilme mit Spielfilm-Elementen oder auch umgekehrt, insgesamt bilden sie ein “Kino der Verletzten”, wie es vor einigen Jahren vom Filmarchiv gewürdigt wurde. “Der letzte Sommer der Reichen”, der im Februar bei der Berlinale in der Reihe Panorama seine Premiere gefeiert hatte, bleib sein letzter Film.

Peter Kern mit 66 Jahren verstorben

“Großer Egomane” trage er als Ehrentitel, beschied Laudator Helmut Schödel dem Regisseur, Schauspieler und Produzenten Peter Kern bei dessen Würdigung mit dem Goldenen Verdienstzeichen seiner Heimatstadt Wien 2010. Nun hat Schödel in der “Süddeutschen Zeitung” den Nachruf auf Kern geschrieben: “Er war einer der letzten Dinosaurier des Autorenfilms, ein zentnerschweres Gesamtkunstwerk”, so Schödel.

“Der letzte Sommer der Reichen”, der im Februar in der Panorama-Reihe der Berlinale seine Premiere gefeiert hatte, blieb der letzte Film in einem reichen Oeuvre, das mit Retrospektiven u.a. in New York, Chicago, Houston, Düsseldorf, Manila, Montreal und Kairo gewürdigt worden war. Bei der Pressekonferenz in Berlin hatte sich der exzentrische Künstler kämpferisch wie eh und je gegeben: Er forderte mehr Geld für die Kultur, da die Politiker nicht fähig seien, die Probleme von heute zu lösen: “Da muss erst die Kunst kommen”, deshalb solle sie vorneweg finanziert werden, um die Möglichkeit zu haben “vorzudenken”. Allerdings sei das Kino “in Mittelmäßigkeit und Mainstream angelangt, wo man meinen könnte, das Kino habe den Anspruch darauf, Teil der Kultur zu sein, aufgegeben”.

Kern wollte nie Mainstream sein

Mittelmaß und Mainstream – das wollte der schwergewichtige Künstler nie sein. Und mit politischen Aktionen eckte er gerne an – etwa 2002 mit der Science-Fiction-Filmsatire “Haider lebt – 1. April 2021”. Von der Kärntner FPÖ gab es damals heftige Proteste wegen der im Film enthaltenen Ermordung Jörg Haiders. Beim angesehenen Heine-Preis verhinderte der Düsseldorfer Stadtrat 2012 mit CDU/FDP-Mehrheit die Nominierung Kerns als Jury-Mitglied.

Begonnen hatte Kern, am 13. Februar 1949 geboren, ganz züchtig als Wiener Sängerknabe. Bereits im Alter von 15 Jahren inszenierte er “Colombe” von Anouilh. Nach dem Besuch der Schauspielschule Polly Kügler und Engagements an diversen Mittel-und Kleinbühnen wirkte er beim Musical “Hair” mit und ging daraufhin von 1968 bis 1971 auf Tournee.

Kern war großartiger und exzentrischer Schauspieler

Als Schauspieler arbeitete er später mit Rainer Werner Fassbinder in “Despair”, “Faustrecht der Freiheit” und “Mutter Küsters Fahrt zum Himmel” zusammen, mit Hans-Jürgen Syberberg in “Ludwig” und “Hitler”, mit Peter Zadek in “Die wilden Fünfziger”, mit Wim Wenders in “Falsche Begegnung” oder mit Werner Schroeter in “Malina”.

An die 30 Filme drehte er als Schauspieler, fast ebenso viele verantwortete er als Regisseur. Bei “Eine Handvoll Vergnügen – Crazy Boys” führte Kern 1986 erstmals selbst Regie. Es folgten das dokumentarisch anmutende Porträt eines 15-jährigen Strichers, “Gossenkind” (1992), sein Publikumserfolg “Domenica” (1993) und der Streifen “Knutschen, Kuscheln, Jubilieren” (1998) über das Leben alternder Schwuler. In den vergangenen Jahren war er etwa mit “Donauleichen” (2005), “Die toten Körper der Lebenden” (2006), “Blutsfreundschaft” (2009), “Mörderschwestern” (2010), “Glaube Liebe Tod” (2012) und “Der letzte Sommer der Reichen” (2015) in der europäischen Festivallandschaft unterwegs.

Porträtdoku zeigt weiche Seiten Kerns

Die Porträtdoku “Kern” von Severin Fiala und Veronika Franz fing 2012 die rauen und weichen Seiten des exzentrischen Schauspielers und Filmemachers ein. Darin war er ungeduldig, selbstverliebt und cholerisch ebenso zu erleben wie verletzlich, voller Verzweiflung und Sehnsucht. Ein Missbrauch in der Kindheit kam dabei ebenso zu Sprache wie der Verlust vieler Freunde, ein Leben in der Anonymität der Großfeldsiedlung und Anekdoten aus der glamourösen Kunst- und Filmwelt.

Für seine Rollen in “Falsche Bewegung”, “Flammende Herzen” und “Ludwig” erhielt er jeweils den Bundesfilmpreis in Gold. 2011 bekam er den “Hofer Filmpreis”. “Im Grunde wollte Peter Kern, allein im Kampf mit seinen Pfunden, ein Mensch sein, der Fassbinders Filmtitel zitiert: ‘Ich will doch nur, dass ihr mich liebt'”, heißt es in dem heute Abend veröffentlichten Nachruf. Kern sei “nach Auskunft nächster Freunde” im Alter von 66 Jahren gestorben.

“Kern bleibt eindrucksvoll in Erinnerung”

“Peter Kern war einer der prägendsten Künstler Wiens”, würdigte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) den toten Filmemacher am Abend in einer ersten Reaktion. “Sein künstlerisches Schaffen bleibt uns als überaus eindrucksvoll in Erinnerung – sowohl in seiner Qualität als auch in seiner Bandbreite. Er war ein begnadeter Schauspieler, ein im besten Sinne des Wortes eigenwilliger Regisseur und Produzent, ein unnachahmlicher Künstler.”

(APA/Red)

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