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Wiener Rechtsanwalt soll Testamente gefälscht haben: Prozess fortgesetzt

Der Prozess gegen den Wiener Rechtsanwalt wurde fortgesetzt.
Der Prozess gegen den Wiener Rechtsanwalt wurde fortgesetzt. ©APA/ROBERT PARINGER
Der Prozess gegen jenen Rechtsanwalt, der versucht haben soll, sich mit zwei gefälschten Testamenten mehrere Millionen Euro zu erschleichen, wurde am Montag in Wien fortgesetzt. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig.
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“Ich hab’ subjektiv nicht an Betrug gedacht. Ich wollt’ nicht erbschleichen”, hatte der Jurist beim Verhandlungsauftakt Anfang Oktober erklärt. Heute gab es für den Anwalt ein Wechselbad der Gefühle. Zunächst stellte ein Schriftsachverständiger fest, dass es sich bei den Unterschriften der beiden Erblasser auf den umstrittenen letztwilligen Verfügungen um keine Fälschungen handeln dürfte. Dann sagte allerdings unter Wahrheitspflicht ein Testamentszeuge aus, der auf Wunsch des Anwalts das rechtmäßige Zustandekommen eines der beiden Testamente beglaubigt hatte. Der Zeuge – ein mittlerweile pensionierter Bediensteter der Wiener MA 48 – gestand, er hätte fälschlicherweise Tatsachenwidriges bestätigt.

Testament war laut Anklage eine Fälschung

Der 57-Jährige schilderte dem Schöffensenat (Vorsitz: Michael Tolstiuk), wie er eines Tages von dem Anwalt angerufen und in dessen Kanzlei gebeten wurde. Dort hätte ihn dieser gefragt, “ob ich ihm als Zeuge für ein Testament gehen kann”. Weil der Anwalt ihn seinerzeit in Rechtsangelegenheiten gut vertreten hatte, erklärte sich der Mitarbeiter der Müllabfuhr dazu bereit: “Ich wollt’ ihm einen Gefallen machen.”

Der Anwalt legte dem Mann den angeblichen Letzten Willen eines vermögenden früheren Diplomaten vor, der im August 2011 im 88. Lebensjahr verstorben war. Allein das Wertpapierkonto des ehemaligen Botschafters in Athen belief sich auf 1,24 Millionen Euro. In dem Entwurf wurden neben der Witwe die Ehefrau sowie die ehemalige Sekretärin und Ex-Geliebte des Anwalts mit je einem Drittel bedacht. Laut Anklage soll es sich bei dem Testament um eine Fälschung handeln. Der Erblasser soll zum Zeitpunkt, als er es angeblich verfasste, hochgradig dement und nach Einschätzung eines von der Staatsanwaltschaft beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen zur Unterschriftleistung höchstwahrscheinlich gar nicht mehr in der Lage gewesen sein.

Zeuge kam Testament “faul” vor

Der Testamentszeuge räumte nun ein, das Papier im Büro des Anwalts und nicht – wie er in einem zivilrechtlichen, von der Witwe angestrengten Verfahren angegeben hatte – im Beisein des Erblassers unterschrieben zu haben. Er habe “bei Gericht die Unwahrheit gesagt”, offenbarte der 57-Jährige. Er sei gar nicht in der Wohnung des Diplomaten gewesen. Vor der zivilrechtlichen Verhandlung – die Witwe hatte das Testament bekämpft, weil sie einen Entwurf kannte, der ihr 80 Prozent der insgesamt 1,7 Millionen gesichert hätte, während der Anwalt nur Möbelstücke und die Orden des verstorbenen Diplomaten bekommen hätte sollen – habe er sich noch mit dem Anwalt getroffen, der “nervös” gewesen sei. Der Anwalt hätte ihm 10.000 Euro versprochen, wenn er dabei bleibe, dass er das Testament in Anwesenheit des Erblassers unterfertigt hätte, gab der 57-Jährige zu Protokoll.

Auf die Frage des Richters, ob ihm da nicht etwas “faul” vorgekommen sei, meinte der Zeuge: “Gedacht habe ich es mir schon. Aber ich habe darauf vertraut, dass er mein Anwalt war.” Dann fügte er noch hinzu: “Wenn ich gewusst hätte, dass das ein Betrug ist, hätt’ ich nicht unterschrieben.” Er hätte den Anwalt später noch ein Mal auf die 10.000 Euro angesprochen: “Er hat gesagt, wenn das durch ist, krieg ich’s.”

Prozess gegen Anwalt frühestens im Februar abgeschlossen

Der Angeklagte bestreitet das Geldversprechen entschieden. Er behauptet, der Müllabführer habe von ihm 10.000 Euro verlangt. Ansonsten werde er gegen ihn aussagen.

In dem Prozess, der frühestens Mitte Februar 2018 abgeschlossen wird, wird daneben auch ein Letzter Wille beleuchtet, mit dem der Jurist versucht haben soll, sich ein Zinshaus in Hernals im Wert von rund zwei Millionen Euro unter den Nagel zu reißen. Als der Eigentümer – ein 58-jähriger Mann – im August 2013 tot in seiner Wohnung gefunden wurde, tauchte plötzlich ein Testament auf, in dem der Anwalt als Alleinerbe aufschien. Auch diesbezüglich hat Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig erhebliche Zweifel, dass dabei alles mit rechten Dingen zuging.

Unterschrift am Testament wohl nicht gefälscht

Der beigezogene Schrift-Gutachter fand allerdings keine Hinweise, dass die Unterschriften beider Erblasser nachgemacht bzw. verfälscht wurden. Die vermeintliche Unterschrift des verstorbenen Diplomaten stamme “mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit” von diesem, und auch bei der Signatur des Haubesitzers “waren objektive Fälschungsmerkmale nicht festzustellen”, sagte Christian Jandrisovits, gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Handschriftenuntersuchungen im Bundeskriminalamt. Er sei daher “davon überzeugt, dass auch diese Unterschrift mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine echte ist”.

APA/Red.

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