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Wiener Islamisten-Prozess: Zeugen kommen zu Wort

Beim Wiener Islamisten-Prozess kamen Zeugen zu Wort
Beim Wiener Islamisten-Prozess kamen Zeugen zu Wort ©APA/HERBERT NEUBAUER
Im Wiener Islamisten-Prozess wurden am Donnerstag im Straflandesgericht die ersten Zeugen vernommen. Den vier Angeklagten wird vorgeworfen, die Ziele der Al-Qaida und verwandter Terror-Netzwerke unterstützt zu haben.
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Zu Beginn kam beim Wiener Islamisten-Prozess am Donnerstag ein 28-Jähriger zu Wort, der mit einer Gruppe um den Hauptangeklagten Thomas Al J. Ende 2009/Anfang 2010 nach Somalia reisen hätte wollen, um – so zumindest die Sicht der Staatsanwaltschaft – sich den Al Shabaab-Milizen und damit dem bewaffneten Dschihad anzuschließen.

Angeklagte wollten in Somalia friedlich leben

“Unser Ziel war es sicher nicht, dort zu kämpfen”, erklärte der Zeuge im Islamisten-Prozess. Die Gruppe hätte “in Somalia unter Muslimen leben wollen”. Auf die Frage, was er dort konkret machen hätte wollen, meinte der gelernte Werkzeugmacher: “Ich hab’ mir nicht so viel Gedanken über meine Karriere gemacht. Bei uns Muslimen ist es so, dass man nicht so weit vorausdenkt. Man vertraut auf den Herrn.”

Laut Anklage hatte Thomas Al J. die Reise organisiert, wobei die Gruppe als vorgebliche Touristen über Äthiopien in den Süden Somalias gelangen wollte. Über den Flughafen Addis Abeba kamen die Islamisten allerdings nicht heraus. Mangels Visa wurden sie nach Äthiopien zurückgeschickt. Ein weiterer Versuch, über Dschibuti Somalia zu erreichen, schlug ebenfalls fehl.

Zeugen warfen Fragen auf

Einige Fragen haben am Donnerstagnachmittag Zeugenbefragungen im Wiener Terror-Prozess gegen vier Islamisten aufgeworfen, denen angelastet wird, die Ziele der Al-Qaida und verwandter Terror-Netzwerke unterstützt zu haben. Zunächst sagte ein junger Mann aus, der einen Angeklagten belastete und Richterin Daniela Zwangsleitner provozierte.

Im Anschluss an seine Einvernahme trat sein im Gerichtssaal anwesender Vater an den Richtertisch und erklärte, sein Sohn sei seit Monaten “krank” und müsse “dringend Medikamente einnehmen”. Ein Arzt soll jetzt klären, inwieweit die Angaben dieses Zeugen verwertbar sind.Wien. An der Verwertbarkeit der Aussagen eines weiteren Zeugen kamen ebenfalls Zweifel auf.

Einvernahme eines Epileptikers kaum verwertbar

Im Ermittlungsverfahren hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ein seitenlanges Protokoll mit dem Mann angefertigt. Vor Gericht stellte sich heraus, dass dieser an Epilepsie und einer schwerwiegenden Sprachstörung leidet. “Die meisten Sätze sind unverständlich”, gab die Richterin schließlich zu Protokoll und beschränkte sich nur mehr auf Fragen, die der stotternde Zeuge mit “Ja” und “Nein” beantworten konnte.

Verteidiger Lennart Binder will nun klären lassen, wie die Ermittler es geschafft hatten, mit dem Mann ohne medizinisch-professionelle Hilfe ein ausführliches Einvernahmeprotokoll anzulegen, aus dem dessen Sprach- und die damit einhergehenden Verständnisschwierigkeiten nicht ersichtlich sind. Der Zeuge selbst gab dem Gericht zu verstehen, die Polizei hätte seine Angaben “zusammengefasst”, wobei er diese zwar unterschrieben, aber nicht genau durchgelesen habe.

Zuvor hatte die Vorsitzende die Provokationen eines Zeugen souverän abgeblockt. “Wer sind Sie eigentlich, weil Sie so viel fragen?”, warf dieser Zwangsleiter hin. “Ich krieg dafür bezahlt”, erwiderte diese und setzte ungerührt mit ihrer Tätigkeit fort. Auf Einwürfe wie “Haben Sie schon gegessen?” oder “Geht’s Ihnen gut?”, mit denen sie der Zeuge zu irritieren trachtete, ging sie nicht näher ein.

So ging der Islamisten-Prozess weiter

Inhaltlich belastete der Mann den Zweitangeklagten, der im Vorjahr am Flughafen Wien-Schwechat festgenommen wurde, als er mit seiner hochschwangeren Ehefrau, seinem einjährigen Kind und einem weiteren Begleiter nach Pakistan reisen wollte. Der 26-jährige Familienvater habe sich den “Deutsche Taliban Mujahedin” anschließen wollen, behauptete er. Auf Zwangsleiters Frage, was er über die terroristische Vereinigung wisse, erwiderte der Zeuge: “Das fragen Sie am Besten selber, wenn Sie einen erwischen.”

Der zum Islam konvertierte Mann war auch mit von der Partie, als der Hauptangeklagte Thomas Al J. Ende 2009 mit einer Gruppe nach Somalia reisen wollte, um sich angeblich den Al Shabaab-Milizen anzuschließen. Er habe “die Religion selbst probieren” wollen, erklärte der Zeuge zu seinen Beweggründen: “Ich wollte lernen, wie man kämpft und unter der Scharia lebt.”

Der Wiener Islamisten-Prozess wird am 5. Juni fortgesetzt.

 

(apa/red)

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