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Wiener Bürgermeister Häupl zur Mindestsicherung: "Das Limit ist erreicht"

Der Wiener Bürgermeister zur Mindestsicherung und den Verhandlungen mit der ÖVP
Der Wiener Bürgermeister zur Mindestsicherung und den Verhandlungen mit der ÖVP ©APA
Im Rahmen einer Pressekonferenz merkte der Wiener Bürgermeister Michael Häupl an, dass ein weiteres Entgegenkommen der SPÖ zur ÖVP hinsichtlich der Mindestsicherung nicht mehr möglich sein kann. Die von ihm als "intensiv" dargestellte Hoffnung auf eine gemeinsame Lösung besteht jedoch noch, aber "gewisse Grenzen können nicht überschritten werden", so Häupl.

Das Limit sei laut dem Wiener Bürgermeister jedoch bereits erreicht.

Häupl: Mindestsicherungs-“Limit” für SPÖ erreicht

Die Grenzen bestehen darin, dass er nicht bereit sein werde, “einer Lösung wie in Oberösterreich zuzustimmen, weil ich die Ungleichbehandlung von Asylbescheid Besitzenden und österreichischen Staatsbürgern für verfassungswidrig halte”. Dies sei ein “No-Go-Bereich”, beteuerte das Wiener Stadtoberhaupt, das gleichzeitig versicherte: “Wir sind bereit, in diesen ganzen Verhandlungen sehr weit zu gehen.”

“Sockelbetrag” für Asylberechtigte weniger sinnvoll

Mit der angedachten 1.500-Euro-Deckelung könne man etwa “durchaus” leben: “Das ist ja nicht das wirkliche Hauptthema. Das Thema ist, dass Oberösterreich auf dem Standpunkt steht, es kommt nur ihre Lösung in Frage, sonst stimmt man einer Lösung nicht zu.” Einen “Sockelbetrag” für Asylberechtigte zu vereinbaren, der von den Ländern erhöht werden könne, davon hält Häupl laut eigenen Angaben ebenfalls wenig. Dies wäre mit den Regelungen der einstigen Sozialhilfe vergleichbar, gab er zu bedenken. Auch Häupl warnte davor, dass bei einem ersatzlosen Auslaufen der Vereinbarung am 1. Jänner 2017 die Sozialversicherung für Mindestsicherungsbezieher von den Ländern (und nicht wie derzeit vom Bund, Anm.) zu zahlen wäre. Über einen Plan B wolle er derzeit aber noch nicht nachdenken, er sei bereit, zu verhandeln: “Wenn es nötig ist bis am 31. Dezember zu Mittag. Ich bin ergebnisorientiert und nicht zeitorientiert.

Residenzpflicht für Häupl sinnvoll

Häupl bekräftigte einmal mehr, dass er eine Residenzpflicht – also eine Bindung der Mindestsicherung an den Wohnort – für sinnvoll erachtet. Dass man über etwaige Wartefristen nicht mehr diskutieren müsse – nachdem Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dieser eine Absage erteilt hatte – sei gut. Denn sie hätten die Gefahr erhöht, dass Betroffene obdachlos werden. “Ich will die Leut weghaben von der Straße”, sagte Häupl.

Grünen-Chefin Glawischnig: Zweifel an Einigung zur Mindestsicherung

Grünen-Chefin Eva Glawischnig rechnet nicht damit, dass sich die Regierung am Donnerstag in Sachen Mindestsicherung einigt. Denn bisher sei die ÖVP immer noch wieder abgesprungen, wenn eine Einigung in Sicht war, sagte sie am Dienstag in einer Pressekonferenz. Auch FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl vermutet, dass es “recht kracht im Gebälk”.

Kickl will “oberösterreichische Lösung”

Er schließt dies aus dem “recht eigentümlichen Stil” der Verhandlungen, “wenn ein Bundesminister (Alois Stögern, Anm.) nichts besseres zu tun hat, als Ländervertretern Ultimaten zu stellen – eines nach dem anderen”. In einer Pressekonferenz deponierte Kickl auch die Forderungen der FPÖ: Es müsse zumindest die “oberösterreichische Lösung” herauskommen, nämlich “die Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern”. Die Unterzeichnung einer Integrationsvereinbarung durch die Betroffenen dürfe keine Kann-Bestimmung sein, sondern sei “Mindesterfordernis”. Ohne Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern würde die Mindestsicherung zu einem “Fass ohne Boden”, warnte Kickl vor zu hohen Kosten. Auch wäre es ein falscher Anreiz: Man würde Menschen motivieren, aufgrund der Sozialleistung nach Österreich zu kommen.

Team Stronach für eine bundesweit einheitliche Mindestsicherung

Glawischnig hält eine bundesweit einheitliche Lösung für geboten. Dafür müssten sich erst einmal SPÖ und ÖVP auf Bundesebene auf einen “vernünftigen Vorschlag” einigen. Aber die Mindestsicherung sei “schon seit Monaten der Spielball der Koalition, vor allem der ÖVP”. Bedauerlicherweise auf dem Rücken vor allem der Mehrkind-Familien werde das Thema als “reines Politgeplänkel” missbraucht. Auch das Team Stronach ist für eine bundesweit einheitliche Mindestsicherung. Jene Bezieher, die noch nicht in Österreich gearbeitet haben, sollten aber eine “Vorleistung” in Form von gemeinnütziger Arbeit erbringen. So könnte man auch Gemeinden unterstützen. Keinesfalls sollte man “das Nichtstun alimentieren”, sagte Klubobmann Robert Lugar am Dienstag in einer Pressekonferenz.

Stögers letztes Angebot für ÖVP

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat der ÖVP bei der Mindestsicherung ein nach seiner Darstellung letztes Angebot gemacht. Wie Stöger vor dem Ministerrat bestätigte, kann er sich eine Deckelung für arbeitsfähige Vollbezieher und mehr Spielraum für die Länder bei Flüchtlingen vorstellen. Er habe nun die “absolute Untergrenze” definiert. “Jetzt liegt es an den Bundesländern, an der ÖVP”, so Stöger. Nach wie vor nicht vorstellen kann sich Stöger die von Teilen der ÖVP geforderte “Wartefrist” für Personen, die weniger als fünf der letzten sechs Jahre in Österreich verbracht haben. “Ich kann mir eine Wartefrist keinesfalls vorstellen”, deponierte Stöger. Denn egal, wie lange eine Wartefrist sei: “Armut tut jetzt weh.”

“Sehr großen Schritt” auf ÖVP zugegangen

In zwei anderen Punkten sei er der ÖVP aber einen “sehr großen Schritt entgegengenkommen”, betonte Stöger und bestätigte entsprechende Medienberichte. Demnach ist der Sozialminister nun bereit, den 1.500 Euro-Deckel von einer Kann- zu einer Muss-Bestimmung zu machen. Und bei anerkannten Flüchtlingen hält Stöger einen niedrigeren Bezug weiterhin nur nach dem “Vorarlberger Modell” für möglich. Allerdings möchte er Ländern, die auf eigene Verantwortung weiter gehen wollen, diese Möglichkeit geben, warnt aber vor europarechtlichen Risiken. Nun erwarte er sich Bewegung von der ÖVP, etwa bei der Residenzpflicht: “Ich habe mich bewegt, andere bewegen sich gar nicht.”

Zurückweisung von Sobotkas Vorwurf

Die Deckelung will Stöger allerdings nur für arbeitsfähige Vollbezieher akzeptieren, nicht aber etwa für Behinderte oder für “Aufstocker”, die die Mindestsicherung zu einem niedrigen Arbeitslosengeld oder Einkommen beziehen. “Ich möchte den Kindern von behinderten Menschen nicht die Lebenschancen reduzieren”, so der Minister. Den Vorwurf von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), mit seinem hartnäckigen Widerstand gegen die Kürzung der Mindestsicherung auf das “höhere Ziel” von Neuwahlen hinzuarbeiten, wies Stöger zurück. “Ich habe ganz klar höhere Motive: Armut zu verhindern”, betonte der Sozialminister. Er machte klar, dass der nunmehrige Kompromissvorschlag nicht sein Wunsch sei, aber er müsse eine Lösung “aufgrund der derzeitigen Machtverhältnisse” suchen. Sobotka pochte vor der Regierungssitzung einmal mehr auf die Wartefrist und einen reduzierten Mindestsicherungsbezug für Flüchtlinge. “Asylberechtigte gehen zu 90 Prozent in die Arbeitslosigkeit und kommen sofort in 100 Prozent Mindestsicherung.” Daher sei eine Reform “im Interesse der Bevölkerung” nötig. Stöger sei reformunwillig.

Die ÖVP ist zu weiteren Verhandlungen bereit

“Wir wollen weiter verhandeln, wir wissen nur nicht, wer in der SPÖ das Sagen hat”, erklärte ÖVP-Sozialsprecher und ÖAAB-Obmann August Wöginger Dienstagnachmittag im Gespräch mit der APA. Laut Wöginger hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) Dienstagnachmittag gegenüber Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die für Mittwoch angesetzte Verhandlungsrunde abgesagt. Zugleich habe Stöger ausgerichtet, “entweder wir nehmen sein Angebot oder es gibt keine Verhandlungen”, so der ÖVP-Sozialsprecher.

“Bundeseinheitliche Lösung mit Deckel für alle”

“Wir wollen eine bundeseinheitliche Lösung, aber mit einem Deckel, der auch einer ist und für alle gilt, und wir wollen eine niedrigere Mindestsicherung für jene Menschen, die in den letzten sechs Jahren weniger als fünf Jahre in Österreich gelebt haben”, meinte Wöginger. Am Montag sei zwischen SPÖ und ÖVP auch vereinbart worden, über diese beiden Punkte weiter zu reden. Dass eine solche Lösung verfassungswidrig wäre, wie dies etwa der Wiener Bürgermeister Michael Häupl am Dienstag kritisiert hatte, wies Wöginger zurück. “Wir unterscheiden ja nicht zwischen Inländern und Ausländern.” Für den ÖAAB-Obmann sieht es deshalb so aus, als sei Sozialminister Stöger von Häupl und Kern “zurückgepfiffen” worden.

(APA/Red.)

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