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Was dürfen Lehrer? Zehn Fakten zu Rechten und Pflichten

Schauplatz Schule: Was Lehrer und Schüler dürfen, ist ganz genau geregelt
Schauplatz Schule: Was Lehrer und Schüler dürfen, ist ganz genau geregelt ©BilderBox.com (Sujet)
Als Schüler fühlt man sich nicht selten von einem Lehrer ungerecht behandelt. Doch was dürfen Lehrer an Österreichs Schulen wirklich? VIENNA.at hat bei der Rechtsabteilung des Wiener Stadtschulrats nachgefragt und Informationen zu zehn der größten Unklarheiten erhalten.
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Mag. iur. Elisabeth Weiser ist in der Abteilung Recht im Stadtschulrat für Wien tätig und als Rechtsexpertin Ansprechperson für schulrechtliche Angelegenheiten in AHS und berufsbildenden Schulen. Die Juristin stand uns hinsichtlich der Rechte und Pflichten österreichischer Lehrer Rede und Antwort. Auf Basis des Schulunterrichtsgesetzes und der Schulordnung erläuterte Weiser im Gespräch mit VIENNA.at Fragen über Handys im Unterricht, den Umgang mit Drogen in der Schule, zulässige Strafen, Schummelei bei Schularbeiten, Bedingungen für Schulverweise und vieles mehr.

Was dürfen Lehrer?

VIENNA.at: Dürfen einzelne Schüler oder ganze Klassen zum Nachsitzen “verdonnert” werden?

Weiser: Nachsitzen in dem Sinne gibt es nicht mehr – nur eine nachträgliche Erfüllung versäumter Pflichten. Das darf man nicht als Strafe sehen. Bringt ein Schüler nie die Hausübungen oder kommt ständig zu spät und versäumt dadurch Unterrichtszeit, kann der Lehrer verlangen, dass das selbstständig nachgeholt wird, indem die Person länger bleiben muss. Diese Maßnahme wird Schülern und Eltern bekanntgegeben. Vorgabe dafür ist, dass diese Zeit für sinnvolle Beschäftigung genutzt werden muss – also kein Abschreiben der Schulordnung oder Ähnliches. Stattfinden tut dies sinnvollerweise nach dem Unterricht. Nachsitzen darf niemals eine Strafe sein. Kollektivstrafen sind nicht erlaubt.

Dürfen Lehrer den Schülern die Handys verbieten oder wegnehmen?

Nicht ohne Grund – nur dann, wenn sie im Unterricht stören. In der Schultasche darf das Handy sein, aber nicht im Unterricht verwendet werden. Auch wenn es als unerlaubtes Hilfsmittel genutzt wird, um Leistungen vorzutäuschen – Stichwort Schummeln -, darf es vom Lehrer abgenommen werden. Die Schüler können es sich dann am Ende des Tages im Sekretariat abholen.

Stichwort Kleidung: Dürfen Lehrer den Schülern bestimmte Kleidungsstücke verbieten? Was für Konsequenzen darf es geben, wenn man in diesen trotzdem zum Unterricht kommt?

In der Schulordnung steht, dass Schüler in einer “den jeweiligen Erfordernissen entsprechenden Kleidung” kommen müssen. Jogginghosen sind oft nicht gern gesehen, aber nicht verboten – da hat man dann ohnehin oft Diskussionen à la: “Aber auf dem Etikett ist Freizeithose gestanden.” Ein Sonderfall sind Kleidungsstücke, die ohnehin nach anderen Gesetzen verboten sind. Wenn jemand etwa mit einem T-Shirt mit einem Hakenkreuz auftaucht, verstößt er gegen das Verfassungsgesetz und die Schule wird Anzeige erstatten. Nach Hause schicken gibt es in solchen Fällen nicht – so etwas kann sich aber auf die Verhaltensnote auswirken. Suspendierungen sind seitens der Schule für so etwas nicht möglich. Man muss sich das aber immer einzelfallbezogen ansehen.

Dürfen Lehrer von ihren Schülern einen Drogentest verlangen?

Nein. Es gibt da einen speziellen Erlass, wie es zu handhaben ist, wenn ein Schüler im Unterricht den Eindruck erweckt, unter Drogen zu stehen. Da wird die Schulpsychologie eingeschaltet, eine Ambulanzkarte ausgehändigt und der Schüler in eine zuständige Einrichtung geschickt. Der Lehrer direkt darf das aber nicht verlangen.

Wenn man schummelt und dabei erwischt wird, welche Konsequenzen drohen – gibt es automatisch ein Nicht genügend? Darf beim Abschreiben auch der gestraft werden, von dem abgeschrieben wird?

Negativ beurteilt wird nicht. Wenn der Lehrer bemerkt, dass unerlaubte Hilfsmittel benutzt wurden, wird die Arbeit abgenommen und nicht beurteilt. Test oder Schularbeit muss dann so wiederholt werden, als ob der Schüler gefehlt hätte. Wer abschreiben lässt, kann ermahnt werden, ein Bestrafen wird es nicht geben. Wenn es klar ist, dass es gegenseitige “Unterstützung” war, müssen beide wiederholen.

Schularbeiten und Tests: Wann muss der Stoff bekannt gegeben werden? Wie viel Stoff ist zulässig?

In Mathematik, ebenso in Latein und Altgriechisch muss der Lehrer den Stoff mindestens eine Woche vorher bekanntgeben, in lebenden Fremdsprachen, auch in Deutsch, muss er gar nichts angeben, nur wenn besondere Stoffgebiete kommen. Die Stoffmenge ist nicht geregelt – ist das behandelt worden, ist die Frage.

Was für Regelungen gelten für Hausübungen? Dürfen sie übers Wochenende gegeben werden?

Hausübungen von Samstag auf Montag zu geben, ist unzulässig. Von Freitag auf Montag darf sie der Lehrer geben, wenn diese vom Umfang her am Freitag möglich und erarbeitbar sind. Wenn am Freitag bis zum Abend Schule ist, kann man argumentieren, dass das für die Schüler nicht mehr möglich ist. Nicht verlangen darf der Lehrer z.B., dass übers Wochenende ein Buch gelesen werden muss, o.ä.

Extremfall “von der Schule fliegen” – wann droht ein Ausschuss und welches Prozedere wird dabei durchlaufen?

Die Gründe für einen Ausschluss sind so geregelt: Der Schüler muss schwerwiegende Schülerpflichten verletzt haben, und/oder eine Gefährdung für die körperliche Sicherheit der anderen, für deren Sittlichkeit oder hinsichtlich des Eigentums sein. Mit “die anderen” sind in dem Fall Schüler, Lehrer und sonstige Mitarbeiter gemeint. Und die Anwendung sämtlicher anderer Erziehungsmittel muss zuvor erfolglos geblieben sein.

Das Prozedere ist so, dass ein Ausschluss nur durch die Schulbehörde erfolgen darf. Zuerst gibt es eine Konferenz in der Schule, an der Lehrer, Direktion und Schülervertreter teilnehmen und entscheiden, ob ein Antrag auf Ausschluss gestellt werden soll. Dieser geht dann an die Schulbehörde, die darüber entscheidet. Kommt es zum Ausschluss, werden die Eltern des Schülers informiert. Diese können ihre Einwände dagegen beim Bundesverwaltungsgericht geltend machen.

Wie dürfen Lehrer generell strafen – und wie nicht? Gibt es auch verbale No-Gos – etwa dass der Lehrer zum Schüler sagt: “Du bist dumm?”

“Strafen” in der Form gibt es nicht, nur Erziehungsmittel. Der Lehrer darf ermahnen und eben zum Längerbleiben auffordern, um Versäumtes nachzuholen. Verboten sind Strafarbeiten, Kollektivstrafen, natürlich körperliche Züchtigung, aber auch Beschimpfungen. Ein Satz wie “Du bist dumm” sollte nicht passieren – einen wertschätzenden Umgangston von beiden Seiten muss es geben. Beleidigende Äußerungen sind zu unterlassen. Hat jemand ein gewisses Wissen nicht, hat das versäumt, als es vermittelt wurde oder ist womöglich für einen bestimmten Schultyp ungeeignet, muss man sich die Ursachen ansehen und das Problem bekämpfen.

Wo können sich Schüler hinwenden, wenn sie das Gefühl haben, dass gegen irgendwelche dieser Regeln verstoßen wurde?

Sie können sich an Schülervertreter, einen Vertrauenslehrer, den Klassenvorstand oder direkt an die Direktion wenden. Das Ziel ist, das in Ruhe innerhalb der Schule zu klären und zu lösen, und sich – wenn es kleinere Probleme sind – nicht gleich an die Schulbehörde zu wenden. Das nimmt sonst erfahrungsgemäß oft Dimensionen an, die weder Schüler noch Lehrer wollen.

(DHE)

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