Dass es bei Seepferdchen zu einer Rollenumkehr bei der Fortpflanzung kommt, ist landläufig bekannt. Die Weibchen spritzen dem Männchen ihre Eier in die dafür vorgesehene Bruttasche, wo es selbige dann mit seinem Sperma befruchtet. Das Männchen trägt den Nachwuchs dann auch aus. In Kooperation mit Kollegen aus Brasilien untersuchten Wiener Forscher nun genauer, ob sich diese unübliche Rollenverteilung auch in der Kommunikation ausdrückt. Über ihre Erkenntnisse berichten sie im “Journal of Zoology”.
Balz-Lautäußerungen für gewöhnlich männlich
Von mehreren Fischarten ist bekannt, dass sie mittels Lauten kommunizieren. Während der Balz bleiben die meisten Weibchen allerdings stumm, wie der federführend an der Untersuchung beteiligte Verhaltensbiologe Friedrich Ladich von der Universität Wien gegenüber der APA erklärte. “In der Regel sind Balz-Lautäußerungen eine männliche Angelegenheit”, so der Wissenschafter. Bei den Langschnäuzigen Seepferdchen (Hippocampus reidi) sind die weiblichen Vertreter bei der Fortpflanzungsanbahnung aber nicht nur stumme Zuseher, sondern genauso aktiv wie ihre männlichen Artgenossen.
Drei Tage Balz im Haus des Meeres beobachtet
Anhand von akustischen Analysen der Lautäußerungen der Seepferdchen im Wiener “Haus des Meeres” während ihrer drei Tage andauernden Balz wurde klar, dass es zwischen den Geschlechtern kaum Unterschiede gibt. Weder in der Anzahl noch hinsichtlich Dauer und Tonhöhe unterschieden sich die etwa 20 Millisekunden dauernden Klicks, die die Tiere mit einem Gelenk im Genick erzeugten. Lediglich in Hinblick auf die Lautstärke beobachteten die Forscher Unterschiede: Die Klicks der Männchen waren mehr als doppelt so laut.
Klickrate steigt am dritten Tag an
“Dieses gemeinsame ‘Klicken’ dürfte dem Synchronisieren des Balzverhaltens und in weiterer Folge der erfolgreichen Übergabe der Eizellen in den Brutbeutel der Männchen dienen. Dafür spricht auch, dass die Klickrate beider Geschlechter am dritten Tag vor der Übergabe der Eizellen deutlich ansteigt”, so Ladich heute, Montag, in einer Aussendung.
Futter-Klicks lauter als Balz-Klicks
Aber auch auf der Jagd bleiben die Tiere nicht stumm. Ganz im Gegenteil, waren doch die Futter-Klicks sogar ungefähr doppelt so laut wie die lautesten Balzrufe. Warum die Tiere so handeln, ist rätselhaft, schmälern die lauten Klicks doch nachweislich den Erfolg beim Beutemachen und erhöhen sogar das Risiko, Räuber auf sich aufmerksam zu machen. Mit dem Klicken könnten die Seepferchen das Ziel verfolgen, möglichen Paarungspartnern Futterquellen anzuzeigen, vermuten die Wissenschafter.
Brummen erstmals in Wien beobachtet
Dass die Tiere neben dem Klicken auch noch brummen können, wurde im Rahmen der Studie erstmals beobachtet. Dieses Verhalten legten die Seepferdchen an den Tag, wenn sie gehalten wurden – also gestresst waren. Brummen können sie in diesen unangenehmen Situationen jedenfalls über mehrere Minuten hinweg. Ladich und seine Kollegen vermuten, dass sie damit Beutegreifer irritieren und dazu bewegen wollen, von ihnen abzulassen.
Die Stresslaute sind mit rund 200 Hertz viel tiefer als die Klick-Laute, was auf einen völlig anderen Lautbildungsmechanismus hindeute, den es noch zu klären gilt. Es spreche aber einiges dafür, dass die Entstehung der Töne in der Nähe der Schwimmblase angesiedelt sei, erklärt Verhaltensbiologe Friedrich Ladich.
(APA, Red.)